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Abschaffung der Abgabe für ErneuerbareGroßes Stromtheater

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Die Bundesregierung bejubelt das Ende der EEG-Umlage – und verschweigt dabei, dass die Strompreise im kommenden Jahr massiv ansteigen werden.

Die EEG-Umlage soll ab Juli abgeschafft werden Foto: Federico Gambarini/dpa

D ie Bundesregierung brauchte dringend einen Erfolg angesichts der rapide steigenden Strompreise. Also schafft sie nun mit viel Pomp und stetigem Klopfen auf die eigene Schulter die EEG-Umlage zum 1. Juli ab. Was für ein Zinnober.

Die EEG-Umlage, die aktuell noch bei rund 3,7 Cent je Kilowattstunde liegt, wäre auch von allein bereits im nächsten Jahr massiv geschrumpft. Das liegt am Mechanismus ihrer Erhebung: Eingespeister und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergüteter Strom wird von den Netzbetreibern an der Strombörse zum aktuellen Marktwert verkauft. Die Differenz zwischen dem Markterlös und der bezahlten Einspeisevergütung wird über die Umlage finanziert.

Durch den rapide gestiegenen Strompreis im Großhandel bleibt inzwischen aber nicht mehr viel an Differenz, die es aufzufangen gilt. Im März zum Beispiel lag der Marktwert der Kilowattstunde Solarstrom bei 20,7 Cent. Photovoltaikanlagen, die in den letzten zehn Jahren ans Netz gingen, liegen mit ihrer Vergütung längst darunter, belasten das EEG-Konto also nicht mehr. Da zudem immer mehr (besonders teure) Altanlagen nach 20 Jahren aus dem EEG fallen, hätte sich die Umlage in den nächsten Jahren von selbst erledigt.

Dem wollte die Politik zuvorkommen. Wäre ja auch blöd gewesen, dem rapiden Abschmelzen der EEG-Umlage nur zuzusehen, wenn man stattdessen deren absehbares Ende ein wenig vorziehen und als eigenen Erfolg verkaufen kann. So funktioniert Politik, und das ist auch in Ordnung.

Preise runter, Preise rauf

Kritisch ist vielmehr ein anderer Aspekt. Die Bundesregierung verpflichtet die Stromversorger, diese Abschaffung der Umlage an die Kunden weiterzugeben. Dass auch die FDP einen solchen Eingriff in einen liberalisierten Markt zulässt, ist befremdlich. Sollte sich das nicht im Wettbewerb der Stromanbieter von alleine einpendeln?

Damit werden nun die Stromversorger zum 1. Juli zwangsweise ihre Preise senken, um sie dann bei nächster Gelegenheit umso heftiger zu erhöhen. Alles Show also. Speziell Anfang 2023 dürfte dann ein bisher beispielloser Preisaufschlag anstehen, wie die Terminmärkte der Börse nahelegen: Strom für 2023 wird dort aktuell für 20 Cent je Kilowattstunde gehandelt. Das sind 15 Cent mehr als lange Zeit normal war. Wenn diese Preise die Endkunden erreichen, wird die Abschaffung der EEG-Umlage schnell vergessen sein.

Es stünde der Politik also gut an, solche absehbaren Entwicklungen auch zu kommunizieren – statt den Eindruck erwecken zu wollen, das Ende der EEG-Umlage sei die Lösung auch nur irgend eines Energieproblems.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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17 Kommentare

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  • Wer sehen will , wie andere die Energiekosten stabil halten muss nur nach Frankreich schauen, dank staatlichem Atomstrom, nur marginale Erhöhung!

    So gehts! Und nicht mit grüner Ideologie ins Verderben!

    • @Thomas Zwarkat:

      Also in meiner Realität sieht das eher nicht danach aus. Ganz abgesehen davon, dass die alten Reaktoren deren Laufzeit inzwischen auf 50 Jahre verlängert wurden nicht nur für Frankreich, sondern auch für uns ein enormes Risiko darstellen und die Baukosten der neuen EPR-3 Reaktoren so hoch sind, dass sie allein schon aus ökonomischen Gründen keine reationale Option sind.



      www.handelsblatt.c...eise/28250864.html



      www.heise.de/tp/fe...reich-6662599.html

      • @Ingo Bernable:

        Stimme zu was das Risiko franz. Atommeiler angeht.

        Aber die Energieversorger sind zu 85 % in staatlicher Hand und produzieren Atomstrom und halten damit die Stromkosten konstant

  • ist es nicht so, dass der massive Ausbau von erneuerbarer Energie (Wind und Photovoltaik) einer Steigerung des Strompreises entgegegnwirken? Richtig teuer ist doch nur Strom gewonnen aus fossilen Energieträgern, oder?

    • @ThomLa:

      "...der einer Steigerung des Strompreises entgegegenwirken?"



      Das täte er, wenn nicht ab einem Erneuerbarenanteil von ca. 50 - 60% massive Speicherkosten anfallen würden. Die dann den Strompreis hochtreiben.

  • Mein Stromanbieter mit Preisgsrantie bis 31.12. teilte mir mit, dass ich ab Mai nur noch 25 Cent (gerundet, aus dem Kopf referiert) zahlen müsse! Hurra. Gleichzeitig bietet er mir eine sofortige Vertragsveelängerung an, der die Gesamtkosten ungefähr verdoppeln würde.



    Ein kurzer Test in den einschlägigen Stromportalen bringt ebenfalls ernüchternde Zahlen. Da wird das Verschieben der EEG-Umlage in den Bundeshaushalt zum homöopathischen Trostpflaster.



    Dass die Presse diese simple Recherche verweigert ist ein schwaches Bild. Die Politiker sind entschuldigt.



    Es mag jeder für sich mal im Stillen addieren: Strom + Wärme + Mobilität + Grundnahrungsmittel. Deren Preisanstieg in Relation gesetzt zu dem eigenen Einkommen. Nächstes Jahr wird für Millionen die Rechnung nicht mehr aufgehen.

    • @naichweissnicht:

      Der Sommer wird noch schön mit kostenloser Mobilität dank 9€-Pauschale, aber spätestens ab Herbst werden die Leute merken wohin der Hase läuft. Brotpreise waren der Auslöser für den arabischen Frühling, Spritpreise der Anlass für die Gelbwesten. Und bei uns?

      Eine verheerende CO2-Bilanz dieser Regierung bei gleichzeitig extrem steigenden Kosten & Ausgaben.

  • Es stünde der Politik also gut an, solche absehbaren Entwicklungen auch zu kommunizieren – statt den Eindruck erwecken zu wollen, das Ende der EEG-Umlage sei die Lösung auch nur irgend eines Energieproblems.



    Ja, aber was würde DAS ändern?



    Energie wird, unabhängig von der Form, slbst wenn DIR aus den "Klauen der Spekulanten" befreit wird, teurer!



    Die Zeit billiger, geschenkter sprich fossiler Energie, die wir nur aufsammeln, umwandeln mussten & dann gedankenlos nutzen, ist vorbei!



    Wenn wir DIE Terrawat/h die wir )aus der Vergangenheit) "geschenkt" bekamen. aus EE usw generieren müssen, werden wir Energie & deren Preis wohl anders sehen als HEUTE!



    Doch so lange wie wir es für Selbstverständlich halten, z.B. 2-3t Verpackung zum Transport von 80Kg Nutzlast bei Strecken

    • @Sikasuu:

      Da fehlt was!



      ..bei Strecken kleiner/gleich 15 Km zu benutzen wird sich nicht daran ändern.



      Die Energiewende ist auch ein technisches, wirtschaftliches Problem, findet aber mMn im "Kopf" des Einzelnen statt!



      Solange sich DA nicht grundlegensed ändert, wird das nichts!



      Grüsse (bis zum Kriegsende)



      Неразборчивая подпись

  • "Speziell Anfang 2023 dürfte dann ein bisher beispielloser Preisaufschlag anstehen..."



    Da werden sich die E-Autofahrer und Wärmepumpenheizer aber freuen...

  • Ja glaubt denn jemand ernsthaft die auf dem Scherbenhaufen der kapitalistisch-ausbeuterischen Politik sitzenden Politikerinnen werden uns reinen Wein einschenken ?



    Da friert ja wohl eher die Hölle ein.

    • @Bolzkopf:

      In den wirklich kapitalistischen Ländern sind die Energiekosten deutlich geringer als in unserer staatlich glenkten sozialen Marktwirtschaft.

      • @Pi-circle:

        Soziale Marktwirtschaft ?



        In Deutschland ?



        In welchem Jahrhundert leben denn Sie ?

        Und warum sind die Energiekosten hier wohl so hoch? - Wenn man den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen will, kann man doch am Besten unverzichtbare [vulgo: lebensnotwendige] Güter verteuern.

  • Wer sich von der Ampel soziale Poliik versprochen hat, der war von Anfang an illusorisch. Die Steuerlast für Energie muss massiv gesenkt werden. Anders kommt der Durchschnittsverdiener nicht mehr über die Runden.

    Sparen könnte man z.B. bei den ausufernden Staatsausgaben und beim Beamtenapparat.

    • @Sybille Bergi:

      Sparen?



      Hier bräuchte niemand zu sparen wenn unsere lieben Politker nicht mithelfen würden, unseren Staat auszuweiden bis auf die Knochen (siehe Wirecard, Cum-Ex ...)

    • @Sybille Bergi:

      "Sparen könnte man z.B. bei den ausufernden Staatsausgaben und beim Beamtenapparat."



      Staatsausgaben und Beamtenapparat sind aber doch eher recht unspezifisch. Wo also sollte konkrete gekürzt werden? In der Personalausstattung der Gesundheitsämter oder der Schulen? Bei der Digitalisierung und staatlicher IT die auch so schon darunter leidet, dass sie den benötigten Expert*innen keien konkurrenzfähige Bezahlung bietet? An der öffentlichen Infrastruktur in der jahrzehntelange Vernachlässigung dazu geführt hat, dass zB viele Brücken nicht mehr sanierbar sind und ersetzt werden müssen? Bei der Polizei, einer schon längst nicht mehr verteidigungsfähigen Bundeswehr oder den Sozialausgaben?

    • @Sybille Bergi:

      Sparen? Das ist vorbei. Lieber irgendwelche neuen Steuern und dann wird es schon für die Staatsausgaben reichen. Im Ergebnis wird der allgemeine Wohlstand sinken, zumindest in Deutschland. Aber der war ja sowieso viel zu hoch und zu dekadent. Reiche Menschen werden dann so leben, wie der heutige Mittelstand, alle anderen können sehen, wo & wie sie bleiben.