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Absatzeinbruch bei E-AutosRecyclingfirma fehlt das Material

Der belgische Recycling-Konzern Umicore leidet unter dem Verkaufseinbruch von E-Autos. Unterdessen kämpft die CDU für Verbrenner-Motoren.

Ein E-Auto im Schwarzwald – eine fahrende Rohstoff-Deponie Foto: Manuel Kamuf/picture alliance

Berlin taz | Der Einbruch beim Absatz von Elektroautos in Deutschland schlägt auf die Lieferkette durch. Der belgische Recyclingkonzern Umicore meldet, das verlangsamte Wachstum in diesem Segment wirke sich „erheblich auf die Aussichten für die Aktivitäten mit Batteriematerial aus“.

Erst kürzlich hatte der Konzern seinen Chef ausgetauscht, weil er erfolglos auf den Markt für Batterierohstoffe gesetzt hatte. Bedeutsam ist das deshalb, weil Umicore das größte, für viele Materialien das so gut wie einzige Unternehmen in Europa ist, das seltene Metalle in industriellen Prozessen aus Produkten herauslösen und in Recyclingprozesse überführen kann. Die Probleme des Konzerns sind ein Rückschlag für den Aufbau einer nachhaltigen Lieferkette, in der Rohstoffe für Mobilität im Kreislauf geführt werden.

„Im gesamten Recyclingmarkt für Batteriematerialien, aber auch für Kunststoffe ist viel zu wenig Drive“, sagt Henning Wilts, Abteilungsleiter Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Der Markt habe bislang keine nachhaltige Rohstoffbeschaffung durchgesetzt. „Allerdings hat sich die EU-Regulierung positiv entwickelt“, so Wilts, „etwa das Gesetz zu kritischen Rohstoffen oder die Batterierichtlinie haben wichtige Impulse gesetzt.“

Das reiche aber nicht aus, um einzelnen Investoren Sicherheit zu geben. Etwa fehlten verbindliche Mindesteinsatzquoten für kritische Metalle wie Lithium oder Gallium. „Ein Unternehmen muss wissen, dass es aus dem Markt ausscheidet, wenn es nicht genügend Recyclingmaterial einsetzt.“ Aber von dem wird es künftig weniger geben.

Alle Prognosen der Recyclingbranche über die anfallenden Materialmengen aus alten Batterien müssen durch den Einbruch der Verkaufszahlen neu berechnet werden. „Es ist absehbar, dass die Abfallmengen in dem Bereich deutlich später anfallen als geplant“, sagt Wilts. Aufmerksam sei zudem zu beobachten, wie die neue Kommission mit einem neu formierten Parlament die EU-Strategie für Kreislaufwirtschaft behandle. Die alte Strategie ist mit der Kommission von Ursula von der Leyen ausgelaufen.

CDU mit „brandgefährlichen populistischen Kurs“

Welchen Stellenwert ein verlässlicher Rahmen für den Hochlauf der E-Mobilität für die neue konservative Mehrheit in Europa hat, zeigte am Mittwoch die CDU-Fraktion im Bundestag. Sie forderte die Ampelregierung dazu auf, das Aus des Verbrennungsmotors auf europäischer Ebene zu verhindern. Sie müsse dafür sorgen, die Zukunft des „klimafreundlichen“ Verbrennungsmotors in Deutschland langfristig zu sichern, sagte der verkehrspolitische Sprecher Fraktion, Thomas Bareiß, der Deutschen Presse-Agentur.

Laut dem Greenpeace-Verkehrsexperten Benjamin Stephan fährt die Union „mit falschen Behauptungen einen brandgefährlichen populistischen Kurs – für die schon heute katastrophale Klimabilanz des Verkehrs und für die Zukunft der deutschen Automobilbranche“. Die Konzerne hätten Milliarden in den beschlossenen Umstieg Richtung E-Mobilität investiert. Stelle die Union jetzt einen der zentralen Beschlüsse ihrer eigenen Kommissionspräsidentin infrage, gerieten die langfristigen Planungen der Unternehmen wieder ins Rutschen.

Der neue Umicore-Chef Bart Sap kommentiert die trüben Aussichten seines Unternehmens tapfer damit, die „kurzfristigen Aussichten im Bereich Batteriematerialien“ seien eindeutig enttäuschend. Die Entwicklung der Elektromobilität werde nicht linear verlaufen, wie bei jeder anderen bedeutenden Transformation der Branche. „Aus diesem Grund bewerten wir unseren Wachstumspfad neu, während wir weiterhin fest an die langfristigen Aussichten der Elektrifizierung glauben“.

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12 Kommentare

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  • Deutschland hatte einst eine florierende Unterhaltungsgeräte-Branche: Grundig, Telefunken, Blaupunkt, Imperial, Karcher, Metz, Loewe, Nordmende, Universum etc. sind Beispiele für einst weltweit geschätzte Marken.

    Diese haben jedoch bis zuletzt auf die Röhrentechnologie gesetzt. So konnte man zusehen, wie sie praktisch in Zeitlupe von der Mikroelektronik, damals vornehmlich aus Japan, überholt und zu Grabe getragen wurde.

    Unter den noch heute verfügbaren Marken, z.B. Grundig, werden Produkte aus Asien verkauft. Es ist nur noch das Label übrig.

    Dank CDU, FDP und anderen "technologieoffenen" Parteien, die die Zeichen der Zeit nicht zur Kenntnis nehmen wollen, könnte sich diese Geschichte wiederholen.

    Dabei wären E-Mobile, vor allem mit bidirektionalem Laden (Renault R5) und der Möglichkeit, Strom an der Strombörse zu handeln, für die Energiewende ein großer Gewinn.

  • @Miles Parker Oder vielleicht Heloten, fossile Sklaven, die ohne ihren Stoff, gleich einem Junkie, nicht leben können. Ich möchte die Verbrennerfraktion nicht angreifen, ich gehörte ihr bis vor einem Jahr selber an. Die Autoindustrie, also die Deutsche, schafft es einfach nicht , kleine bezahlbare E-Autos auf den Markt zu bringen (ich habe mir ein Gebrauchtes gekauft). Sie produzieren weiter ihre teuren Dickschiffe, die entsprechend viele Ressourcen verbrauchen, aber nicht in der Masse gekauft werden, um daraus dann später genügend Material für das Recycling zu erhalten, wobei es immer besser ist, erst gar kein Recycling betreiben zu müssen, auch wenn es den Geschäftsinteressen solcher Unternehmen zuwider läuft. Der Schmierstoff, der einst in der Autoindustrie für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstums gesorgt hat, ist keiner mehr. Wer das nicht begreift, ob Politik (billiger Populismus) oder Autoindustrie (Griff nach dem Strohhalm), verschläft die dringend notwendige Transformation und schaufelt sich sein eigenes Grab. Und ein dazugehöriger Sarg wird dann auch noch von den Chinesen geliefert.

  • Das Glühlampenverbot hat die Entwicklung von LED-Lampen ja geradezu beflügelt. Heute sind LEDs nicht mehr wegzudenken

    Ein Verbrennerverbot würde unter Garantie eine vergleichbare Wirkung auf Elektroantriebe haben.

    Aber leider muss man im Hinterkopf behalten, dass die Gründungsidee der BRD auf den Automobilsektor fusst.



    Und genau da will man keine, absolut keine, Bewegung.

    Anschauliches Beispiel dafür ist die Tempolimitblockade. Und die hätte ja nun wirklich nur minimalste Auswirkungen auf die Automobilindustrie.

    Zweites Beispiel ist der Umgang der Politik mit dem Abgasbetrug. Da fehlen einem ja wirklich die Worte.

    Dass mit unseren Politikern irgendwas nicht stimmt hat selbst der dümmste Birnenpflücker gemerkt.

    Aber leider kennen viele nur eine Antwort: Rechts.

  • Wenn der Stammtisch regiert, wird jede seriöse Planung zum Risikoinvestment. Man kann nur hoffen, dass die Alternative Ostalgie nicht weiter um sich greift.

  • Nachdem zweieinhalb Jahre lang fleißig auf die Ampelparteien ein geprügelt wurde, stellt der Eine, oder die Andere fest, dass diese Parteien vielleicht doch ganz gute Politik machen.



    Mit der CDU/CSU wird es jedenfalls nicht Besser, auch wenn einige Grüne schon länger mit Ihr kokketieren.

  • Wenn E-Autos, wie ständig berichtet und gepredigt, wesentlich weniger aufwändig zu produzieren sind wie Verbrenner und auch noch eine deutlich bessere Umweltbilanz haben, warum lässt man das nicht den Markt entscheiden? Warum sind Verbote, Regularien, staatliche Eingriffe, Umweltprämien etc. notwendig?

    Weil die Leute zu blöd sind und Verbrenner haben wollen? Weil sie einfach Lust haben, was zu verbrennen? Und weil deshalb die klugen und weitsichtigen Regierungen den Leuten das mittels Regularien beibringen müssen, was gut für sie ist?

    Warum subventioniert China mit riesigen Milliardenzahlungen den Bau der E-Autos, wenn das doch so tolle Dinger sind?

    Das müsste doch ein Selbstläufer sein: billig und einfach und umweltfreundlich zu produzieren, keine Emissionen (na ok, kommt auf den Strommix an...), bequem zu fahren, kaum Reparaturen wie beim Verbrenner, weil ja weniger kaputt gehen kann etc.

    Tja, warum also ist es kein Selbstläufer? Warum nur will keiner die kaufen?

    • @EIN MANN:

      "Tja, warum also ist es kein Selbstläufer? Warum nur will keiner die kaufen?"

      Ist doch ganz einfach: Weil die wahren Kosten eines Verbrenners im Kauf- und Betriebskosten nicht eingepreist sind.

      Ja .. es fehlt Material für das Akku- Recycling weil der Hochlauf der BEV zu langsam ist, die Akkus zu lange halten und ins SEcond Life gehen (ja .. die sind eben besser als gedacht) ..

      Der Markt würde es nur regeln, wenn die langfristen Kosten alle auf den Verursacher fallen.



      Wer macht eigentlich das REcycling für die 25.000 Liter Kraftstoff, die ein Verbrenner so im Leben durchschiebt?

      • @der Meier:

        "Weil die wahren Kosten eines Verbrenners im Kauf- und Betriebskosten nicht eingepreist sind."



        Wie bei den E-Autos: Da sind die wahren Kosten auch nicht eingepreist. Das fängt beim Lithium an und hört bei der für den Betrieb erforderlichen Braunkohle noch lange nicht auf.

  • Während alle global in dem Zug der E-Autos springen, betreiben die CDU/CSU und die BMW wie Geisterfahrer immer noch ihren einsamen Kulturkampf gegen das Verbrenner-Aus. Sind das Ludditen?

  • Zum Glück gibt es HVO100 als Alternative zur Elektromobilität. Das ist ausbaubar und 40% der PKWs sollen damit bis 2040 weitgehend klimaneutral fahren können (nach Schätzung der Industrie). Totgesagte (Verbrenner) leben länger.

    PS: Nein: HVO100 ist kein Konkurrent zur Lebensmittelindustrie und Plamöl steckt auch nicht drin.

  • "Die Entwicklung der Elektromobilität werde nicht linear verlaufen, wie bei jeder anderen bedeutenden Transformation der Branche"

    Solche Sätze sollte man nicht durchgehen lassen.

  • Nicht nur die CDU kämpft für Verbrenner Motoren, Östereich auch. Und in China werden seit Jahresanfang wieder Verbrenner genauso subventioniert wie E - Autos