+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Staatschefs für EU-Beitritt von Ukraine und Moldau

Selenskyj hat den EU-Staatschefs eine Liste mit neuen Sanktionen überreicht. Scholz plädiert dafür, dass die Ukraine und Moldau EU-Beitrittskandidaten werden.

Olaf Scholz, gesehen durch das Loch der zerstörten Windschutzscheibe eines Autos

Bundeskanzler Olaf Scholz im ukrainischen Irpin Foto: Jesco Denzel/Bundesregierung/dpa

Ukraine und Moldawien sollen EU-Beitrittskandidaten werden

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich dafür stark gemacht, der Ukraine und ihrer kleinen Nachbarrepublik Moldau den Status von EU-Beitrittskandidaten zuzusprechen. „Deutschland ist für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine. Das gilt auch für die Republik Moldau“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. „Meine Kollegen und ich sind heute hier nach Kiew gekommen mit einer klaren Botschaft: Die Ukraine gehört zur europäischen Familie“, sagte Scholz.

Die Sicherheit Europas wird nach Ansicht von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in der Ukraine entschieden. Man werde die Hilfe für die Ukraine erhöhen, kündigt er in Kiew an. Er unterstütze die Versuche, die russischen Blockade ukrainischer Häfen zu beseitigen. Man sehe die Ukraine als Teil der europäischen Familie.

Auch Italiens Ministerpräsident Mario Draghi befürwortet einen EU-Beitritt der Ukraine. Seine Hauptbotschaft sei, dass Italien das Land als Teil der EU sehen wolle. Draghi befürwortet in der gemeinsamen Pressekonferenz zudem die Untersuchung von Kriegsverbrechen in der Ukraine. (dpa/rtr)

Selenskyj fordert siebtes Sanktionspaket gegen Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland, Frankreich, Italien und Rumänien eine Liste mit neuen Sanktionen gegen Russland übergeben. Nach Angaben des ukrainischen Präsidialamts war das Thema Gegenstand des Treffens von Selenskyj mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschef Mario Draghi und Rumäniens Präsident Klaus Johannis. „Wir müssen den Druck auf den Aggressor erhöhen, an einem siebten Sanktionspaket arbeiten mit einem Gas-Embargo“, erklärt Selenskyjs Berater Andrij Jermak auf Telegram.

Ungarn verlängert Preisdeckel für Lebensmittel und Sprit

Ungarn verlängert Preisdeckel im Kampf gegen die im Zuge des Ukraine-Krieges immer weiter steigende Inflation. Die Deckelung der Lebensmittel- und Spritpreise werde bis zum 1. Oktober verlängert, die Obergrenze der Hypothekenzinsen für Privatkunden werde bis Ende des Jahres in Kraft bleiben, teilt Ministerpräsident Viktor Orban auf seiner Facebook-Seite mit. Die EU-Kommission hatte die Maßnahmen zuvor kritisiert, da die Deckelung der Spritpreise nur für in Ungarn angemeldete Fahrer gilt. (rtr)

Selenskyj dankt für Solidarität des EU-Quartetts

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den vier Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Deutschland, Italien und Rumänien zu ihrem Besuch für Solidarität mit seinem Land gedankt. „Wir wissen Ihre Solidarität mit unserem Land und unserem Volk sehr zu schätzen“, schreibt Selenskyj auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. (rtr)

Scholz: Russland treibt Krieg „mit größter Brutalität voran“

Bei seinem Besuch in Kiewer Vorort Irpin hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erschüttert über die angerichteten Kriegsschäden geäußert. „Es ist furchtbar, was dieser Krieg an Zerstörung anrichtet“, sagte Scholz am Donnerstag nach Angaben der Bundesregierung. „Es sind unschuldige Zivilisten betroffen, es sind Häuser zerstört worden. Es ist eine ganze Stadt zerstört worden, in der überhaupt gar keine militärischen Infrastrukturen waren.“

Macron, Draghi und Scholz sitzen in einem Zug an einem Holztisch in Richtung Kiew

Reisen zusammen nach Kiew: Draghi, Macron und Scholz Foto: imago

Das sage viel aus „über die Brutalität des russischen Angriffskriegs, der einfach auf Zerstörung und Eroberung aus ist“, sagte der Kanzler. Russland treibe den Krieg „mit größter Brutalität ohne Rücksicht auf Menschenleben voran“.

Die Hilfen des Westens für die Ukraine und die Sanktionen gegen Moskau hätten den Zweck, dies zu beenden, sagte Scholz. (afp)

Russische Zentralbankerin erwartet langfristige Folgen der Sanktionen

Die russische Zentralbankchefin Elvira Nabiullina hat Hoffnungen auf eine Rückkehr zu wirtschaftlichen Verhältnissen in ihrem Land wie vor Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine gedämpft. „Es ist für jeden offensichtlich, dass es nicht so sein wird wie zuvor“, sagte Nabiullina am Donnerstag auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. „Die äußeren Bedingungen haben sich in der Tat für lange Zeit verändert, wenn nicht für immer.“

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben zahlreiche Staaten Russland mit Wirtschaftssanktionen belegt und arbeiten daran, sich von russischen Energieexporten unabhängig zu machen. Die wichtigsten russischen Banken sind vom Swift-System zum Datenabgleich zwischen Banken bei internationalen Zahlungen ausgeschlossen worden. Hunderte Unternehmen aus dem Ausland haben ihre Geschäfte in Russland ausgesetzt oder sich ganz zurückgezogen. Die Folgen des Ganzen sind noch nicht vollständig absehbar.

Wirtschaftsentwicklungsminister Maxim Reschetnikow sagte, er rechne mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in Russland um 7,8 Prozent in diesem Jahr. Die Prognosen seien aber in letzter Zeit besser geworden.

Russische Regierungsvertreter haben die Sanktionen als wirkungslos abgetan und erklärt, einheimische Unternehmen könnten die Geschäfte ausländischer Firmen übernehmen. Die Regierung werde helfen, das zu finanzieren. Doch Finanzminister Anton Siluanow warnte, man könne es damit auch übertreiben. „Wir hören jetzt: „Gebt uns mehr Geld. Lasst uns dort mehr investieren.“ – Diese Haushaltsmedizin darf kein Rauschgift werden“, sagte er. (ap)

Nato-Verteidigungsminister diskutieren Verstärkung der Ostgrenzen

Die Nato-Verteidigungsminister haben am Donnerstag über eine Verstärkung der Streitkräfte entlang der Ostgrenzen des Bündnisses diskutiert. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte vor dem Treffen in Brüssel, die Verbündeten wollten Entscheidungen treffen, um sicherzustellen, dass jeder Zentimeter des Bündnisgebiets verteidigt werden könne. Auf dem Nato-Gipfel Ende Juni in Madrid soll dann der Kurs für die Allianz in den kommenden Jahren festgelegt werden.

Der russische Angriff auf die Ukraine Ende Februar hat die Verbündeten dazu veranlasst, ihre Strategien zu überdenken. Sie sind sich einig, dass die Nato-Truppen entlang der Ostgrenze in größerer Zahl präsent sein sollten. Die Partner verstärkten bereits die Entsendung von Truppen und Material und wollen eine langfristige Präsenz der Soldaten gewährleisten. Als Reaktion auf den Einmarsch hat die Nato nach eigenen Angaben über 40 000 Soldaten unter ihren direkten Befehl gestellt, vor allem im Osten.

Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks, sagte, die Nato solle mehr Soldaten und Material in den baltischen Ländern stationieren. „Wir wollen eine bessere Planung, wir wollen eine Hauptquartierstruktur, wir wollen eine Vorpositionierung verschiedener Arten von Ausrüstung, damit wir im Falle einer Krise nicht warten müssen“, sagte er. Die Gespräche in Brüssel sollten sich auch auf die Notwendigkeit höherer Verteidigungsausgaben konzentrieren, sagte Stoltenberg. (ap)

Scholz, Macron, Draghi, Iohannis besuchen Irpin

Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschef Mario Draghi und Rumäniens Präsident Klaus Iohannis machen sich in der Stadt Irpin vor den Toren der ukrainischen Hauptstadt Kiew ein Bild von den Zerstörungen durch russische Angriffe. Irpin war beim russischen Vormarsch stark zerstört worden. (rtr)

Rumäniens Präsident Iohannis in Kiew angekommen

Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis ist am Donnerstag in Kiew eingetroffen. Dies teilte Iohannis per Twitter mit. Zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Mario Draghi wolle er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Angesichts des russischen Angriffs wolle er Selenskyj und dem ukrainischen Volk seine Solidarität bekunden. „Diese illegale russische Aggression muss enden“, twitterte Iohannis. (dpa)

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Melnyk nennt Scholz-Besuch in Kiew wichtiges Signal

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat den Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in seinem Land als „wichtiges Signal“ bezeichnet. Es sollte „ein neues Kapitel deutscher Unterstützung für die Ukraine aufschlagen“, sagte Melnyk am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Es brauche dringend eine neue Weichenstellung.

Scholz war am Donnerstagmorgen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi mit einem Sonderzug in Kiew eingetroffen. Dort wollen sie mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über weitere Unterstützung für das von Russland angegriffene Land sprechen und über den Wunsch der Ukraine, in die EU aufgenommen zu werden.

„Die Ukrainer hoffen, dass der Bundeskanzler nicht mit leeren Händen kommt, sondern ein solides Paket militärischer Hilfen in seinem Reisekoffer mitbringt“, sagte Melnyk der dpa. Es gehe darum, dass Deutschland zügig weitere schwere Waffen liefere, vor allem Artilleriegeschütze wie die Panzerhaubitze 2000 sowie den Mehrfachraketenwerfer Mars II. „Man erwartet auch, dass der Kanzler im Anschluss an seine Zusage für die erste Einheit von Iris-T weitere moderne Luftabwehrsysteme zusichert, um die Zivilbevölkerung vor russischem Raketenbeschuss zu schützen.“

Melnyk bezeichnete den Besuch auch als guten Anlass, „die Blockade für Leopard-1-Kampfpanzer und Marder-Schützenpanzer aufzuheben, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine gegen die groß angelegte Offensive Putins zum Ersticken zu bringen“. Der Botschafter sagte mit Blick auf eine EU-Mitgliedschaft: „Für die künftige EU-Mitgliedschaft wünschen sich die Ukrainer von Kanzler Scholz, dass er die Gewährung vom Kandidatenstatus ohne künstliche Konditionen verkünden wird. Das wäre ein gewaltiges Zeichen seitens der Ampel, um die ukrainische Zivilgesellschaft und die notwendigen Reformen voranzubringen.“ (dpa)

Nach Ankunft von Scholz: Luftalarm in Kiew

Kurz nach der Ankunft von Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag in Kiew ist in der ukrainischen Hauptstadt Luftalarm ausgelöst worden. Das bestätigte ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort. Gemeinsam mit Scholz waren auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der italienische Ministerpräsident Mario Draghi in Kiew eingetroffen. (dpa)

Scholz: Nicht nur Solidarität demonstrieren

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi haben ihren Besuch in Kiew begonnen. Die Staats- und Regierungschefs erreichten die ukrainische Hauptstadt mit dem Zug am Donnerstag gegen 09.30 Uhr (Ortszeit), wie AFP-Reporter berichteten. Auf die Frage eines Journalisten, warum er in die Ukraine gekommen sei, antwortete Macron: „Um eine Botschaft der europäischen Einheit zu überbringen.“

Bundeskanzler Scholz sagte, es gehe nicht nur darum, Solidarität zu demonstrieren. Die drei Staats- und Regierungschefs wollten „auch versichern, dass die Hilfe, die wir organisieren – finanziell, humanitär, aber auch, wenn es um Waffen geht – fortgesetzt werden wird“, sagte er der Bild. „Und dass wir sie so lange fortsetzen werden, wie es nötig ist für den Unabhängigkeitskampf der Ukraine.“

Es ist der erste Besuch der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Italien in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar. Voraussichtlich werden dabei der ukrainische Antrag auf EU-Mitgliedschaft sowie weitere Waffenlieferungen im Vordergrund stehen. Dem Solidaritätsbesuch sollte sich in der ukrainischen Hauptstadt auch der rumänische Präsident anschließen. (afp)

Waffenlieferungen aus Deutschland

Zum Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Kiew hat Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (beide SPD) den deutschen Kurs bei Waffenlieferungen an die Ukraine verteidigt. Die angekündigte Lieferung von Mehrfachraketenwerfern, Panzerhaubitzen und Flugabwehrpanzern mache deutlich, dass Deutschland und seine Nato-Verbündeten „das, was möglich ist, jetzt auch in die Ukraine liefern, um diesen Kampf zu unterstützen“, sagte Lambrecht am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“.

Lambrecht antwortete in dem Interview nicht auf die Frage, ob Scholz bei seinem Besuch weitere Zusagen bei Waffenlieferungen machen werde. „Die Ukraine hat sehr deutlich gemacht, dass sie gerade jetzt Mehrfachraketenwerfer braucht, dass sie weitreichende und präzise Artilleriewaffen braucht“, sagte die Ministerin, die aus Brüssel vom Treffen der Nato-Verteidigungsminister zugeschaltet war.

Die von Deutschland zugesagten drei Mehrfachraketenwerfer seien zusammen mit Beiträgen der USA und Großbritanniens, was benötigt werde. „Und das wird schnellstmöglich auch umgesetzt“, sagte Lambrecht weiter.

Sie verwies zudem darauf, dass bei der Panzerhaubitze 2000 nun die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland „fast abgeschlossen“ sei. „Und jetzt können die ukrainischen Soldaten, die daran ausgebildet wurden, mit den Panzerhaubitzen dann auch in die Ukraine verlegt werden.“ Auch die zugesagten Gepard-Flugabwehrpanzer würden „jetzt zeitnah“ geliefert. (afp)

Medien: Scholz, Draghi und Macron im Zug auf dem Weg nach Kiew

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Mario Draghi sind Medienberichten zufolge gemeinsam an mit einem Sonderzug nach Kiew gereist. Die Staats- und Regierungchefs hatten den Zug in Polen bestiegen und sind am Donnerstagmorgen in Kiew in der Ukraine angekommen. Das berichtete zunächst die italienische Tageszeitung „La Republica“. Sie veröffentlichte dazu ein Foto der drei Politiker an Bord des Zuges. Auch das ZDF meldete den Beginn der Reise. (afp)

Biden kündigt neue Milliardenhilfe für Ukraine an

Die USA haben weitere militärische und humanitäre Hilfe für die Ukraine angekündigt. Präsident Joe Biden erklärte am Mittwoch, er habe seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenski in einem Telefonat ein Sicherheitspaket mit einem Umfang von mehr als einer Milliarde Dollar in Aussicht gestellt. Es enthalte zusätzliche Artillerie sowie Waffensysteme zur Küstenverteidigung und Munition. Die Hilfe solle die Ukraine bei ihrem Kampf im Donbass unterstützen. Zudem würden weitere 225 Millionen Dollar an humanitären Hilfen für die Menschen im Land bereitgestellt.

Die Ukraine hat den Westen wiederholt aufgefordert, möglichst schnell Waffen zu liefern angesichts schwerer Kämpfe im Osten des Landes. Früheren Angaben von Insidern zufolge ist die neue Militärhilfe in zwei Pakete aufgeteilt. Eins stamme überwiegend aus US-Beständen und umfasse insbesondere Munition für Raketenwerfer und Artilleriegeschütze im Wert von mehr als 350 Millionen Dollar. In dem zweiten Paket von etwa 650 Millionen Dollar dürften dann etwa „Harpoon“ Anti–Schiffs-Raketen sowie Nachtsichtgeräte enthalten sein. Dies werde über ein spezielles, vom Kongress autorisiertes Programm für die Ukraine finanziert. Es wäre das erste Mal, dass die USA eine Lieferung der „Harpoon“ erwägen. Die von Boeing hergestellten Raketen kosten Experten zufolge etwa 1,5 Millionen Dollar pro Stück. (rtr)

Türkei zu Organisation von Vierergipfel über Getreide-Exporte aus Ukraine bereit

Die Türkei hat sich bereit erklärt, einen Vierer-Gipfel zur Getreide-Ausfuhr aus der Ukraine zu organisieren. „Wenn Russland eine positive Antwort gibt, wird es einen Vier-Parteien-Gipfel in Istanbul geben“, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Mittwoch. An den Verhandlungen beteiligt werden sollen demnach außerdem die Ukraine und die Vereinten Nationen.

Cavusoglu verwies auf einen Plan der UNO, der die Schaffung sicherer Korridore im Schwarzen Meer vorsehe, um Getreideexporte aus der Ukraine zu ermöglichen. Eine Entminung im Schwarzen Meer wäre für die Einrichtung solcher Korridore laut Cavusoglu nicht nötig.

UN-Sprecher Stephane Dujarric erklärte, die Vereinten Nationen arbeiteten bei dem Thema eng mit den türkischen Behörden zusammen. „Ich denke, die Rolle des türkischen Militärs wird in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle spielen“, fügte er hinzu.

In ukrainischen Häfen liegen derzeit Millionen Tonnen Getreide auf Halde. International wird befürchtet, dass die Blockade der Getreideexporte eine weltweite Hungerkrise auslösen könnte.

Die Ukraine ist – neben Russland – eine der wichtigsten Getreideexportnationen der Welt. Insbesondere Länder im Nahen Osten und in Afrika sind von ukrainischen Weizenlieferungen abhängig. Global sind die Lebensmittelpreise als Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bereits gestiegen.

In der vergangenen Woche hatte Cavusoglu den russischen Außenminister Sergej Lawrow zu Gesprächen über die mögliche Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine empfangen. Die Türkei pflegt traditionell gute Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland und bemüht sich seit Kriegsbeginn um eine Vermittlung zwischen den Konfliktparteien. (afp)

Gazprom drosselt, Habeck ruft zum Energiesparen auf

Der russische Gazprom-Konzern hat mit der Ankündigung weiterer Abstriche bei den Gas-Lieferungen über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 erneut für Unruhe gesorgt. Die Kapazität der Verdichterstation an Land sei auf 67 Millionen Kubikmeter pro Tag gesunken, teilte der russische Gasriese am Mittwoch mit. Am Nachmittag waren nach den Daten des Pipeline-Betreibers zunächst keine Reduzierungen festzustellen. Bereits am Vortag hatte der russische Konzern auf technische Probleme verwiesen. „Die aktuellen Meldungen zeigen deutlich: Die Begründung der russischen Seite ist schlicht vorgeschoben“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Es sei offenkundig die Strategie, zu verunsichern und die Preise hochzutreiben. „Aktuell können die Mengen am Markt beschafft werden, wenn auch zu hohen Preisen.“

Am Dienstag hatte Gazprom den Durchfluss von Gas durch die Pipeline auf maximal 100 von 167 Millionen Kubikmeter pro Tag reduziert und zur Begründung auf Verzögerungen bei der Reparatur von Gas-Kompressoren verwiesen. Der Energietechnik-Konzern Siemens Energy hatte daraufhin berichtet, dass eine in Kanada überholte Gasturbine wegen der Russland-Sanktionen derzeit nicht an Nord Stream 1 geliefert werden könne.

Habeck befürchtet weitere Gasreduzierungen durch Russland. „Es ist noch nicht vorbei“, sagte der Grünen-Politiker in Berlin. „Es fängt vielleicht gerade erst an.“ Ein Uniper-Sprecher teilte am Abend mit, bei dem Energiekonzern seien am Mittwoch 25 Prozent weniger Gas als vereinbart angekommen. „Aktuell ersetzen wir die fehlende Menge durch andere Quellen. Wir stehen in engem Austausch mit der deutschen Regierung.“

Auch Italien erhielt nach Angaben des dortigen Energiekonzerns Eni am Mittwoch weniger Gas aus Russland. „Gazprom hat für heute eine begrenzte Reduzierung der Gaslieferungen von insgesamt etwa 15 Prozent kommuniziert“, teilte ein Sprecher mit. Gazprom habe die Reduzierung nicht begründet. Im vergangenen Jahr bezog Italien 40 Prozent seiner Gasimporte aus Russland.

Die Bundesregierung ist fieberhaft darum bemüht, die Bedeutung der russischen Erdgaslieferungen zurückzufahren. Aktuell würden noch die Speicher gefüllt, sagte Habeck. „Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Aber wir beobachten die Dinge sehr genau und sind über die Krisenstrukturen in engstem Austausch mit den relevanten Akteuren.“ Die aktuelle Lage zeige aber auch: „Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Und natürlich werden wir auch staatliche Maßnahmen ergreifen, wenn dies nötig ist.“ (rtr)

Kämpfe um das Gebiet Luhansk

„Um unsere Truppen zu vertreiben, setzt der Feind Flugzeuge, Mehrfach-Raketenwerfer und Artillerie ein“, schrieb der Oberkommandierende Saluschnyj über die Kämpfe im Osten. Der Schlüssel der ukrainischen Verteidigungsoperation sei die seit Tagen umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk. Die Großstadt als Sitz der ukrainischen Verwaltung im Gebiet Luhansk ist bereits zu großen Teilen in russischen Händen. Für die Ukraine wäre die Aufgabe der Stadt eine bedeutende symbolische Niederlage. Für Russland wiederum ist die vollständige Eroberung des Gebietes Luhansk ein wichtiges Kriegsziel. (dpa)

Präsident der Bundesnetzagentur will Heiz-Vorgaben für Vermieter senken

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, will Heiz-Vorgaben für Vermieter senken, um Gas zu sparen. „Im Mietrecht gibt es Vorgaben, wonach der Vermieter die Heizungsanlage während der Heizperiode so einstellen muss, dass eine Mindesttemperatur zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht wird. Der Staat könnte die Heiz-Vorgaben für Vermieter zeitweise senken. Darüber diskutieren wir mit der Politik“, sagte Müller der Rheinischen Post (Donnerstagsausgabe).

Er erwartete weitere steigende Gaspreise und kräftige Nachzahlungen: „Schon jetzt haben sich die Gaspreise für private Haushalte gegenüber der Vorkriegs-Zeit vervielfacht“, sagte Müller mit Blick auf den Ukraine-Krieg. „Für Mieter kann es eine böse Überraschung geben, werden hohe Nachzahlungen fällig werden. Das können schnell mehr als tausend Euro sein, da werden Schockwellen durch das Land gehen. Banken werden ihre Geschäfte mit Ratenkrediten hochfahren, angeschlagenen Firmen droht die Insolvenz.“

Müller war auch besorgt wegen der sinkenden Gaslieferungen durch den russischen Energiekonzern Gazprom. „Wir sind sehr wachsam. Dass Gazprom seine Lieferungen durch Nord Stream 1 nun auf etwa 40 Prozent senkt, ist ein Warnsignal und technisch nicht zu begründen. Russland schürt damit leider Verunsicherung und treibt die Gaspreise hoch“, sagte er der Rheinischen Post weiter.

Wenn Gazprom nun über Wochen nur 40 Prozent des Gases durch Nord Stream 1 liefere, bekomme Deutschland ein Problem: „Das würde unsere Situation erheblich verschlechtern. Über den Sommer könnten wir das vielleicht aushalten, denn die Heizsaison ist ja vorbei. Allerdings müssen wir jetzt zwingend die Speicher füllen, um den Winter zu überstehen – auch mit russischem Gas.“

Auf die Frage, ob er fürchte, dass Russland nun beim Gas-Lieferstopp ernst mache, sagte Müller: „Es lag bislang in der russischen Logik, Deutschland weiter Gas verkaufen zu wollen. Aber wir können nichts ausschließen.“ (afp)

Zwei US-Bürger in Ostukraine vermisst

Zwei US-Bürger, die aufseiten der Ukraine kämpfen, werden seit einer Woche vermisst. Beide hatten zuletzt am 8. Juni Kontakt zu ihren Familien und kehrten von einem Einsatz in der Region Charkiw nicht zurück, teilen die Angehörigen mit. Berichte, wonach die beiden Männer von Russland in Kriegsgefangenschaft genommen wurden, sind bislang unbestätigt, erklärt das US-Außenministerium. Das russische Verteidigungsministerium reagierte nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme. Sollten sie sich in russischer Gefangenschaft befinden, wären sie die ersten bestätigten US-Bürger, die in dem Konflikt als Kriegsgefangene genommen wurden. Vergangene Woche waren zwei Briten und ein Marokkaner, die aufseiten der Ukraine gekämpft hatten, gefangen genommen und von einem Gericht in der pro-russischen Separatisten-Region Donezk zum Tode verurteilt worden. (rtr)

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