+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Deutschland bekommt weniger Gas
Gazprom reduziert seine Lieferungen durch die Ostseepipeline um 40 Prozent. Selenski verspricht die Befreiung der besetzten Gebiete – inklusive der Krim.
Gazprom reduziert Lieferungen durch Nord Stream 1
Der russische Energieriese Gazprom reduziert die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland um 40 Prozent. Grund seien Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens, teilte der Staatskonzern am Dienstag mit. Ein Gasverdichteraggregat sei nicht rechtzeitig aus der Reparatur zurückgekommen. Deshalb könnten nun nur noch täglich bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas durch die Pipeline gepumpt werden – oder rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen Kubikmeter Gas, hieß es.
Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas. Zuvor war schon die Leitung Jamal-Europa nicht mehr befüllt worden. Reduziert ist auch die Durchleitung von russischem Gas durch die Ukraine, die deutlich unter Plan liegt. Bereits durch die bisherigen Einschränkungen hatten sich die Energiepreise erhöht, weil insgesamt weniger Gas von Russland nach Europa fließt. Die fertige Gaspipeline Nord Stream 2 ist bisher nicht in Betrieb genommen worden. (dpa)
Selenski verspricht Rückeroberung der Krim
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat seinen Landsleuten eine Rückeroberung der von Russland annektierten Halbinsel Krim versprochen. „Die ukrainische Flagge wird wieder über Jalta und Sudak, über Dschankoj und Jewpatorija wehen“, sagte Selenski in seiner abendlichen Videobotschaft am Montag in Kiew. „Natürlich werden wir auch unsere Krim befreien.“
Russland hatte die Halbinsel im Schwarzen Meer 2014 militärisch besetzt, als die Ukraine nach einem Machtwechsel geschwächt war und keinen Widerstand leisten konnte. Dann wurde ein international nicht anerkanntes Referendum abgehalten und die Krim Russland angegliedert. Selenski hat immer eine Rückkehr der Halbinsel verfochten, dies aber selten so nachdrücklich als Kriegsziel formuliert.
Der Präsident rief die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine auf, den Kontakt in die russisch besetzten Landesteile, nach Donezk oder ins Gebiet Charkiw zu halten. Auch diese Gebiete würden wieder befreit, kündigte er an. „Sagen Sie ihnen, dass die ukrainische Armee auf jeden Fall kommen wird!“ Im Donbass im Osten sei die Armee unter Druck. Sie brauche von ihren ausländischen Partnern dringend moderne Artillerie, um sich durchsetzen zu können, sagte Selenski. (dpa)
Macron reist nach Moldau und Rumänien
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reist angesichts des Kriegs in der Ukraine in deren Nachbarländer Rumänien und Moldau. Am frühen Dienstagmorgen wollte Macron nach Angaben des Élyséepalasts nach Rumänien aufbrechen, um dann am Mittwoch nach Moldau weiterzureisen. In beiden Ländern geht es um die Bedrohung durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Weiteres Thema ist der Wunsch der Ukraine, Moldaus und Georgiens nach einem Beitritt zur Europäischen Union. Auf dem EU-Gipfel am 23. und 24. Juni wollen sich die EU-Staaten zum Kandidatenstatus der drei Länder positionieren. (dpa)
Letzte Brücke in Sjewjerodonezk zerstört
Die seit Wochen umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine ist nach der Zerstörung der dritten und letzten Brücke über den Fluss Siwerskyj Donezk nahezu vollständig von russischen Truppen eingekreist. „Es ist jetzt leider völlig unmöglich, in die Stadt zu fahren oder etwas in die Stadt zu liefern“, sagte am Montag Gouverneur Serhiy Gaidai. „Eine Evakuierung ist unmöglich.“ Nur das ukrainische Militär habe noch einen begrenzten Zugang zur Stadt.
Der Kampf um Sjewjerodonezk ist mitentscheidend über die Herrschaft über den Donbass im Osten des Landes. Die Lage der ukrainischen Truppen sei „schwierig, aber unter Kontrolle“, obwohl 70 Prozent der Stadt von Russland kontrolliert würden, sagte er dem Sender Radio Free Europe/Radio Liberty. „Sie haben die Möglichkeit, Verwundete in Krankenhäuser zu bringen“, sagte Gaidai. „Es ist schwierig, Waffen oder Reserven zu liefern. Schwierig, aber nicht unmöglich.“ Nach ukrainischen Angaben halten sich Hunderte von Zivilisten in Bunkern der Chemiefabrik Asot in der Stadt auf. (rtr)
25 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche verloren
Die Ukraine hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges rund ein Viertel ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche eingebüßt. Trotz dieses Verlustes könne in diesem Jahr genug angepflanzt werden, um die Nahrungsmittelsicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, sagte der stellvertretende ukrainische Landwirtschaftsminister Taras Wysozkyj am Montag. Denn der Bedarf sei aufgrund von „Massenvertreibungen“ und Abwanderung ins Ausland stark gesunken.
Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) wurden durch den Krieg mehr als sieben Millionen Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben. Weitere 7,3 Millionen haben demnach das Land verlassen, die meisten von ihnen halten sich im Nachbarland Polen auf.
„Die ukrainischen Landwirte konnten sich vor Kriegsbeginn relativ gut auf die Aussaat vorbereiten“, sagte Wysozkyj. Auch hatte die Ukraine demnach im Februar bereits etwa 70 Prozent der benötigten Düngemittel, 60 Prozent an Pflanzenschutzmitteln und etwa ein Drittel des benötigten Kraftstoffs für die Aussaat importiert.
Allerdings verhindern der Einmarsch der russischen Truppen und die anhaltende Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen die Ausfuhr von Getreide. Dadurch ist nach Einschätzung der Vereinten Nationen die Nahrungsmittelversorgung in vielen anderen, insbesondere ärmeren Ländern bedroht.
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski lagern 20 bis 25 Millionen Tonnen Getreide in den ukrainischen Häfen und können derzeit nicht ausgeführt werden. Bis zum Herbst könnte die Menge auf 70 bis 75 Millionen Tonnen ansteigen. Vor dem Krieg war die Ukraine weltweit der viertgrößte Lieferant von Weizen und Mais. Zusammen produzieren Russland und die Ukraine 30 Prozent des weltweiten Weizenangebots. (afp)
Leser*innenkommentare
sollndas
„Natürlich werden wir auch unsere Krim befreien.“
Na, da kann man ja mal gespannt sein, wie die Krim nach der Rückeroberung wohl aussehen wird.
Kampflos werden die russischen Truppen nicht abziehen. Was die Ukraine bei der Rückeroberung nicht zerstört, wird Russland beim Abzug zerstören.
Barbara Falk
"Selenski verspricht Rückeroberung der Krim"
Was so eine Fehlübersetzung alles anrichten kann...
Selenski hat gestern NICHT die RÜCKEROBERUNG der Krim versprochen, oder angekündigt. Er hat, wie im Artikel ja richtig wiedergegeben, gesagt, das am Ende auch die Krim BEFREIT sein werde.
"Звичайно, ми звільнимо й наш Крим."
"Und natürlich werden wir auch unsere Krim befreien."
www.youtube.com/watch?v=-U7Vku_-x0Q
Transkript:
pressing.net.ua/Uk...iboru-nij-iti-dali
Ähnliche Formulierungen: Wir befreien die Krim, wir holen sie zurück - waren von ihm und anderen seit Kriegsbeginn schon zig Mal zu hören. Und auch vor dem Krieg 1000 Mal von ukrainischen Politikern jeglicher Couleur. Weil dass der international anerkannte Rechtsstandpunkt der Ukrainer seit 2014 ist, und weil es natürlich so kommen wird (und wenn es noch Jahre dauert). Dabei gibt es von Selensky selbst und anderen differenzierte Aussagen dazu, dass das Krimproblem gesondert betrachtet wird und bevorzugt diplomatisch gelöst werden soll. Ich kann da nicht raushören, dass Selenski mit seinem Halbsatz von gestern in seiner üblichen abendlichen "Alles-wird-gut-Ansprache" den bisherigen Rahmen seiner Äußerungen zur Krim in irgendeiner Weise verlassen hätte.
warum_denkt_keiner_nach?
@Barbara Falk Nette Wortklaubereien. Praktisch läuft es auf das Selbe hinaus.
Und ja. Ukrainische Politiker sagen das seit Jahren.
schoenerrhein
Die Ukraine muß die Waffen erhalten, die Silenski seit Monaten verlangen, warum liefert der Westen die nicht ?
Nur wenn die Ukraine wirksame schwere Waffen bekommt, kann sie Russland besiegen. Das ist genau das, was taz, WELT und FAZ fordert. Russland muß besiegt werden.
adagiobarber
ein großes versprechen ...
des ukrainischen präsidenten.
vielleicht mit dem mut der verzweifelung an die landsleute ausgesprochen.
llorenzo
Ja, da geht er zu weit. Nicht das die Einverleibung der Krim legal war. Aber es geht im Friedensprozess immer auch um Vergebung und das eingestehen von Verlusten. Verluste an Menschen, Kultur, Wirschaft, Diversität, Sicherheit und eben auch an Territorien. Frieden lernen heißt verlieren lernen. Das gilt für alle Seiten in einem Krieg.
Arne Babenhauserheide
@llorenzo Alle Seiten — und was verliert Putin?
Pfanni
@llorenzo Zunächst hätte erstmal Putin den Verlust der Ukraine einzugestehen, die wohl Zar Peter der Große einst seinem russischen Reich einverleibte, die aber seit den 199ern ein souveräner Staat ist. Weltweit anerkannt, bis vor kurzem sogar von Russland!
Würde der „Friedensprozess“ gefördert, wenn die Ukraine Russland den Landraub der Krim „vergibt“? Wohl kaum, denn Putin fordert außerdem, dass sich die Ukraine auch von den Separatistengebieten im Osten trennt!
Wenn das alles geschafft ist, wird es erst richtig losgehen, getreu dem Motto: „Ein jeder Wunsch, ist er erfüllt, kriegt augenblicklich Kinder! (W. Busch). Was ist, wenn Putin nach mehreren erfolgreichen „militärischen Spezialoperationen“ Forderungen auch an Deutschland stellt, betreffs Ostdeutschland, ehemals DDR, das bis 1990 als Satellitenstaat zum Machtbereich der Sowjetunion gehörte?
paul meder
Was will Selenski mit dieser Aussage erreichen?
Europa hat hoffentlich andere Ziele.
Rudolf Fissner
@paul meder Auch die Ziele der EU sind ebenso antifaschistisch. Ihre Hoffnung wird nicht in Erfüllung gehen.
paul meder
@Rudolf Fissner "Auch die Ziele der EU sind ebenso antifaschistisch"
www.youtube.com/watch?v=eZCy9YjraVI
„Halten Sie Ihre linke Klappe“ Melnyk
Antifaschismus hört sich immer gut an, ist aber wohl relativ.
Levithian
Selensky nimmt für seine unrealistischen Pläne die USA und die EU in Geiselhaft, denn ohne deren Unterstützung macht die Ukraine garnichts! Zudem wird die Art und Weise der Forderungen nach Geld und Waffen seitens der Ukraine immer unverschämter.
Nichts rechtfertigt den Angriffskrieg der Russen gegen die Ukraine, aber wir müssen uns frei machen von dem Gedanken, dass die Ukraine und weite Teile des Westens die gleichen Werte vertreten, angesichts der Korruption und des Oligarchentums in dem Land.
Rudolf Fissner
@Levithian Umgekehrt! In der Ukraine sterben für uns Ukrainer, um den Faschisten Putin zu stoppen.
warum_denkt_keiner_nach?
@Rudolf Fissner Für "uns" stirbt dort niemand.
Und ich kann auch definitiv sagen, dass ich nicht möchte, dass irgendwo irgendjemand für mich stirbt.
MikeyBln
Die Russen werden erst aufhören, wenn sie selbst diesen Krieg am eigenen Leibe spüren. Das ist traurig, aber so sind die Menschen nun mal. Deswegen ist in jeden Fall von einer Ausweitung der Kampfhandlung über die Ukraine hinaus zu erwarten. Alles andere sind Illusionen und im Grund ahnen das doch die meisten schon, auch wenn sie es nicht zugeben.
Anna Deiport
"Selenski verspricht Rückeroberung der Krim"
Selenski sollte lieber bei Realität bleiben bzw. nicht überziehen. Die Russen werden den Krim nicht rausrücken, sie sind nämlich nicht seit gestern auf dem Krim. Rückeroberungvom Krim geht natürlich. Die Frage ist, wie lange braucht die Ukraine dafürß bzw. wie viele Ukrainian sollen ihr Leben dafür lassen?, und wie lange wird der Westen mitmachen?. Es sind alles Fragen, die sich Selenski gut überlegen muss.