+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Kiew bereit für Verhandlungen
Die Ukraine will mit Russland über das Stahlwerk in Mariupol verhandeln. Die OSZE zeigt sich besorgt über Festnahmen von Beobachter:innen.
Selenski berät mit Erdoğan über Evakuierungen aus Mariupol
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan über Bemühungen um eine Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol beraten. Er habe betont, wie wichtig eine sofortige Rettung der Menschen aus der südukrainischen Hafenstadt sei, schrieb Selenski im Anschluss an das Telefonat vom Sonntag auf Twitter. Dies gelte auch für das Stahlwerk Asowstal, der letzten Bastion des ukrainischen Widerstands in Mariupol. Selenski wies auch darauf hin, dass der Anruf von Erdoğan kam, ehe dieser mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sprechen sollte.
In Asowstal harren Tausende Soldaten und Zivilisten aus. Am Samstag meldete die ukrainische Regierung, dass russische Truppen das riesige Gelände zu stürmen versucht hätten. Die Führung in Kiew hat Moskau gedrängt, die Evakuierung von Zivilisten aus dem Werk zuzulassen. Die Ukraine hat Russland zudem zu Gesprächen über freies Geleit für die ukrainischen Verteidiger der Anlage aufgefordert, doch mauert Moskau.
Mit Erdoğan habe er auch über den Kurs des Verhandlungsprozesses im Ukrainekrieg und mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine von der Türkei und anderen Ländern gesprochen. Erdoğans Büro erklärte, der türkische Präsident habe in dem Telefonat betont, dass Ankara bereit sei, zu vermitteln und bei Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland zu helfen. (ap)
Kiew bietet Moskau Verhandlungen zu Stahlwerk in Mariupol an
Kiew hat Moskau angesichts der schwierigen Lage der im ukrainischen Stahlwerk in Mariupol eingeschlossenen Kämpfer und Zivilisten Verhandlungen angeboten. Bei einer „Sonderrunde“ könne über den Austausch von Militär gesprochen werden, teilte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter mit. In dem Werk Asowstal sollen sich nach russischen Angaben 2.500 ukrainische Kämpfer und ausländische Söldner verschanzt haben. Nach ukrainischen Angaben leben in den noch für einen Atomkrieg gebauten Bunkeranlagen auch 1.000 Zivilisten, darunter viele Kinder und Frauen.
Russland solle an den Rest seines Rufes denken und eine echte Waffenruhe zu Ostern verkünden, meinte Podoljak in dem Tweet. Die orthodoxen Christen in der Ukraine und in Russland feierten am Sonntag Ostern – eine Woche später als die Katholiken und Protestanten, die sich nach einem anderen Kalender richten. Trotz des Osterfestes werde das Stahlwerk weiter mit Bomben und Artillerie beschossen, kritisierte Podoljak.
Russland ziehe Einheiten und Militärtechnik zusammen für eine Erstürmung der Industriezone. Podoljak erinnerte daran, dass der russische Präsident Wladimir Putin Befehl gegeben habe, das Werk nicht zu stürmen. Die russischen Einheiten sollten es aber abriegeln, damit keine „Fliege“ herauskomme, hatte Putin gefordert.
Es sei umgehend ein humanitärer Korridor nötig, forderte Podoljak. Die ukrainische und die russische Seite geben sich immer wieder gegenseitig die Schuld daran, dass die Korridore für eine Flucht von Zivilisten nicht zustandekommen. Der Vizekommandeur des ukrainischen Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, sagte in einer neuen Videobotschaft, dass „in Mariupol der Feind Bomben abwirft über den Köpfen völlig unschuldiger Kinder“, während Ostern gefeiert wird. (dpa)
Russisches Militär: Sprengstofffabrik zerstört – weitere Angriffe
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben eine ukrainische Sprengstofffabrik, mehrere Artilleriedepots und Hunderte andere Ziele in der Ukraine angegriffen. Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konaschenkow, erklärte am Sonntag, das russische Militär habe präzisionsgelenkte Raketen eingesetzt, um die Fabrik nahe Pawlohrad in der Region Dnipro zu zerstören, die Schießpulver und Sprengstoff hergestellt habe.
Konaschenkow sagte, russische Streitkräfte hätten zudem mehrere Lager mit Artilleriemunition in der Region Charkiw zerstört. Er fügte hinzu, die russische Artillerie habe über Nacht 423 ukrainische Ziele getroffen, darunter befestigte Positionen und Truppenansammlungen. Russische Kampfflugzeuge hätten 26 ukrainische Militärziele zerstört. (ap)
OSZE besorgt über Festnahme von Beobachtern in Ostukraine
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat mit extremer Besorgnis auf die Festnahme mehrerer ukrainischer Mitglieder ihrer Beobachtermission im Osten des Landes reagiert. Die Organisation mit Sitz in Wien erklärte in einer kurzen Mitteilung am Sonntag, sie nutze alle verfügbaren Kanäle, um die Freilassung der Betroffenen zu erreichen.
Ein Sprecher lehnte es ab, auszuführen, wie viele Angehörige der Beobachtermission festgenommen wurden, wann oder durch wen dies geschah. Mehrere OSZE-Beobachter sind getötet oder verletzt worden, seit die 57 OSZE-Staaten die Mission zur Beobachtung des Konflikts im Osten der Ukraine vor acht Jahren einrichteten. Russland hatte kürzlich Veto gegen eine Ausweitung der Mission eingelegt. (ap)
Berichte: Italien prüft weitere Militärhilfen für Ukraine
Italien prüft laut Medienberichten die Möglichkeit, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern. Rom denke über ein weiteres Paket für Militärhilfen nach, das in den kommenden Tagen feststehen könnte, berichteten mehrere italienische Zeitungen übereinstimmend in ihren Sonntagsausgaben. Die Regierung wollte die Berichte auf Nachfrage nicht kommentieren und verwies darauf, dass Italien bereits militärische Hilfen geliefert habe. Die Liste, was geliefert wurde, ist allerdings geheim.
Der Corriere della Sera berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, dass gerade untersucht werde, welche schwere Artillerie zur Verfügung stünde. Die Zeitungen nannten verschiedene Typen von Panzerfahrzeugen, die in Frage kommen könnten. Einige davon befinden sich demnach in der Reserve.
Am Dienstag treffen sich auf dem US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz Vertreter mehrerer Länder, um laut US-Angaben auch über den Verteidigungsbedarf der Ukraine zu sprechen. Für Italien soll dem Corriere della Sera zufolge Verteidigungsminister Lorenzo Guerini anreisen. (dpa)
Russland greift Ukraine auch zum Osterfest mit Raketen an
Die russischen Streitkräfte haben ihre Raketenangriffe gegen die Ukraine auch zum orthodoxen Osterfest mit aller Härte fortgesetzt. Es wurden erneut Dutzende Militärobjekte und zahlreiche Stellungen des ukrainischen Militärs beschossen, wie der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Sonntag mitteilte.
Mit Hochpräzisionswaffen sei in Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk eine unterirdische Anlage zur Produktion von Munition für die ukrainischen Streitkräfte zerstört worden. Im Gebiet Charkiw seien zudem vier Munitionslager und Truppenansammlungen mit Raketen beschossen worden.
Nach Angaben von Konaschenkow wurden bei den Angriffen auch 150 ukrainische Kämpfer getötet. Insgesamt wurde demnach in der Osternacht 423 Mal mit Raketen und Artillerie geschossen. Auch in anderen Regionen im Osten der Ukraine seien Munitionslager getroffen worden, hieß es. Überprüfbar waren diese Angaben von unabhängiger Seite nicht.
Russland hatte eine Feuerpause an Ostern abgelehnt. Die orthodoxen Christen richten sich nach einem anderen Kalender und feiern deshalb in diesem Jahr eine Woche später als die Katholiken und Protestanten Ostern. Die russisch-orthodoxe Kirche steht in dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fest an der Seite des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der die Invasion am 24. Februar befohlen hatte. (dpa)
Schröder bietet sich als Vermittler an
Altkanzler Gerhard Schröder kann sich einen Rücktritt von seinen Posten für russische Energiekonzerne offensichtlich nur für einen Fall vorstellen: Wenn der russische Präsident Wladimir Putin Deutschland und der Europäischen Union das Gas abdreht. In einem am Samstag veröffentlichten Interview der New York Times sagt er, dass er nicht mit einem solchen Szenario rechne. Sollte es aber doch dazu kommen, „dann würde ich zurücktreten“, fügt er hinzu – ohne explizit zu sagen, von welchen Posten.
Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft und Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Pipeline-Gesellschaft Nord Stream. Außerdem ist er im zuständigen Handelsregister nach wie vor als Verwaltungsratspräsident der Nord Stream 2 AG eingetragen. Er steht in Deutschland massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht von seinen Posten trennt. Vier SPD-Verbände haben deswegen ein Parteiausschlussverfahren gegen Schröder beantragt.
Schröder ist seit seiner Zeit als Kanzler (1998 bis 2005) eng mit Putin befreundet. In seinem ersten Interview seit Beginn des Ukrainekriegs macht er deutlich, dass er weiter bereit ist, diesen guten Draht zur Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine zu nutzen. „Ich denke, dieser Krieg war ein Fehler und das habe ich auch immer gesagt.“ Man müsse nun so schnell wie möglich zu einer Friedenslösung kommen. „Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir“, sagt der frühere SPD-Chef. (dpa)
FDP erhöht Druck auf SPD bei Waffenlieferungen
Die FDP hat in der Debatte über Waffenlieferungen an die Ukraine den Druck auf den Koalitionspartner SPD erhöht. Ihr Bundesparteitag verabschiedete am Samstag in Berlin mit großer Mehrheit einen Antrag, in dem gefordert wird, das Land in seinem Abwehrkampf gegen Russland auch mit schweren Waffen zu unterstützen. Parteichef Christian Lindner stärkte dem in der Kritik stehenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) zwar den Rücken. Sein Vize Wolfgang Kubicki griff aber die SPD an und machte sie für die internationale Kritik an der zögerlichen Haltung Deutschlands verantwortlich.
Die Parteispitze verteidigte auch den Corona-Lockerungskurs der FDP, für den diese viel Kritik einstecken musste. Die Delegierten wählten zudem den Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai zum neuen Generalsekretär. Der 45-Jährige erhielt 89 Prozent der Stimmen. Er folgt Volker Wissing nach, der Digital- und Verkehrsminister im Kabinett Scholz wurde. Michael Link wurde zum neuen Bundesschatzmeister gewählt.
Mit Blick auf die Kritik an Scholz sagte Lindner: „Der Bundeskanzler hat das Vertrauen der FDP und auch ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag.“ Zugleich betonte der Bundesfinanzminister: „Die Ukraine benötigt militärische Hilfe und schwere Waffen.“ Wesentlich vehementer als er forderte dies später Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses. „Nicht zaudern, nicht zu zögern, das ist das Gebot der Stunde“, sagte sie zu den Delegierten, die ihr dafür stehend Beifall zollten.
Kubicki sagte zur SPD: „Das Bild, das viele Vertreter der größten Regierungspartei gerade vor den Augen der Weltöffentlichkeit abgeben, ist keines, das uns als Koalitionspartner zufriedenstellen kann.“ Der Bundestagsvizepräsident mahnte: „Wir haben einfach keine Zeit, uns mit ideologischem Ballast der Vergangenheit zu beschäftigen.“ (dpa)
Papst fordert Waffenstillstand
Papst Franziskus hat erneut eine Waffenruhe im Ukrainekrieg gefordert. „Die politischen Entscheidungsträger mögen bitte die Stimme der Leute erhören, die den Frieden und keine Eskalation des Konfliktes verlangt“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche nach dem Mariengebet Regina Caeli am Sonntag vor zahlreichen Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom. „Ich erneuere den Aufruf zu einem österlichen Waffenstillstand.“ An diesem Sonntag feierten die orthodoxen Christen, die in der Ukraine stark vertreten sind, Ostern. (dpa)
UN-Koordinator fordert „sofortige“ Waffenruhe für Mariupol
Die Vereinten Nationen haben am Sonntag eine „sofortige“ Waffenruhe für die belagerte ukrainische Hafenstadt Mariupol gefordert. „Wir brauchen sofort eine Pause von den Kämpfen, um Leben zu retten“, erklärte der UN-Ukraine-Koordinator Amin Awad. Zehntausende Menschen, darunter Frauen, Kinder und Ältere, seien in Gefahr und müssten umgehend aus der Stadt am Asowschen Meer gebracht werden. „Je länger wir warten, desto mehr Leben sind gefährdet“, erklärte Awad. „Morgen wird es zu spät sein.“
Nach ukrainischen Angaben bombardieren russische Streitkräfte die belagerte und weitgehend zerstörte Stadt am Asowschen Meer und insbesondere das Stahlwerk Asow-Stahl weiterhin. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Donnerstag angeordnet, das Werk, in dem sich Kämpfer und Zivilisten verschanzen, weiter zu belagern – so engmaschig, dass „keine Fliege mehr heraus kann“. (afp)
Ukraine wirft Russland Deportationen von Einwohnern vor
Die Ukraine wirft russischen Behörden vor, Menschen aus besetzten Gebieten tief nach Russland zu transportieren. So seien 308 Ukrainer aus der lange belagerten Hafenstadt Mariupol mit dem Zug in die 8.000 Kilometer entfernte Stadt Nachodka im russischen Osten gebracht worden, schrieb die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa, am Samstag im Online-Dienst Telegram. Von ihnen werde erwartet, sich russische Ausweispapiere zu besorgen und Arbeit zu suchen.
Die Ukraine hatte bereits vielfach kritisiert, dass russische Truppen bei einigen Fluchtkorridoren aus umkämpften Städten nur die Ausreise nach Russland erlaubten. Russland bestreitet, dass Menschen gegen ihren Willen ins Land gebracht würden.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski kritisierte speziell die vom russischen Militär eingerichteten Filtrationslager, in denen nach offizieller Darstellung eventuelle Kämpfer von Zivilisten getrennt werden sollen. „Der ehrliche Name dafür ist ein anderer – das sind Konzentrationslager. So wie sie die Nazis seinerzeit gebaut haben“, sagte Selenski in seiner täglichen Videoansprache. Er kritisierte, dass Ukrainer aus diesen Lagern auch nach Russland gebracht würden. „Unter anderem deportieren sie Kinder – in der Hoffnung, dass sie vergessen, wo sie herkommen, wo ihr Zuhause ist.“ (dpa)
🐾 Journalismus im Krieg
Ohne das Wissen ukrainischer Journalisten wären westliche Medien aufgeschmissen. Viele Jahre überging man aber deren Perspektiven, schreibt Katerina Sergatskova in der taz.
Schweiz verbietet Weitergabe von Munition an Ukraine
Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine werden einem Medienbericht zufolge auch durch ein Veto der Schweiz erschwert. Die Regierung in Bern habe die Weitergabe von in der Schweiz hergestellter Munition, die im Schützenpanzer Marder verwendet werde, durch Deutschland an die Ukraine verboten, berichtet die SonntagsZeitung. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall, der den Marder baut, stellt dem Blatt zufolge in der Schweiz Munition her.
Ein Sprecher des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) sagte der Zeitung, man habe zwei Anfragen aus Deutschland für die Weitergabe von in der Schweiz gefertigter Munition an die Ukraine „mit Verweis auf die Schweizer Neutralität und die zwingenden Ablehnungskriterien der Kriegsmaterialgesetzgebung“ abgelehnt. Aus den Anfragen gehe aber nicht hervor, inwiefern diese Munition mit einer diskutierten Lieferung von Marder-Panzern in Verbindung stehe, um die die Ukraine gebeten hat. Details zu Art und Menge der Munition nannte der Sprecher nicht.
Deutschland hat bislang keine schweren Waffen an die Ukraine geliefert. Die Bundesregierung wird deswegen auch aus den Reihen der eigenen Ampelkoalition kritisiert. Die Schweiz hat zwar die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland nach der Invasion in der Ukraine übernommen und ist damit von ihrer bisherigen Praxis abgewichen. Sie hat aber zugleich erklärt, ihre Neutralität erlaube keine Waffenlieferungen in Konfliktgebiete. Im vergangenen Monat lehnte die Schweiz ein Ersuchen Polens um Waffen zur Unterstützung der Ukraine ab. Die Schweiz schränkt die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern in Konfliktgebiete ein. (rtr)
Ukraine wehrt zahlreiche russische Angriffe ab
Die ukrainischen Streitkräfte haben nach britischen Angaben in dieser Woche zahlreiche russische Angriffe entlang der Kontaktlinie in der Donbass-Region im Osten des Landes zurückgeschlagen. Trotz einiger russischer Geländegewinne sei der ukrainische Widerstand an allen Fronten stark gewesen und habe den Streitkräften Russlands erhebliche Verluste zugefügt, twitterte das britische Verteidigungsministerium aus einem der regelmäßigen Lageberichte des Militärgeheimdienstes.
„Die schlechte Moral der russischen Truppen und die begrenzte Zeit für die Wiederherstellung, Neuausrüstung und Reorganisation der Kräfte nach früheren Offensiven behindern wahrscheinlich die russische Kampfeffizienz“, heißt es in dem Lagebericht weiter. (rtr)
Ukraine: Russische Generäle getötet
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben einen russischen Kommandoposten in der Stadt Cherson zerstört. Die südukrainische Stadt war früh im Krieg von russischen Streitkräften eingenommen worden. Der ukrainische Militärgeheimdienst erklärte, der Kommandposten sei am Freitag getroffen worden, zwei Generäle seien getötet und einer schwer verletzt worden.
Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, Olexij Arestowytsch, erklärte in einem Online-Interview, 50 führende russische Offiziere hätten sich in dem Kommandozentrum aufgehalten, als es angegriffen wurde. Ihr Schicksal sei unbekannt, sagte er. Das russische Militär kommentierte die ukrainischen Angaben nicht. (ap)
Selenski: Russland vertuscht Tötung von Zivilisten in Mariupol
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski sammeln sich neue Beweise für die Tötung Tausender Zivilisten in Mariupol durch russische Truppen und anschließende Vertuschungsversuche. Er sagte, die Ukraine habe Gespräche von Russen darüber abgefangen, „wie sie die Spuren ihrer Verbrechen vertuschen.“ Stallitenbilder haben offenbar Massengräber gezeigt, die in Städten westlich und östlich der Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer gegraben wurden.
Selenski sagte, er habe am Samstag mit dem britischen Premierminister Boris Johnson über die Situation in Mariupol und den generellen Verlauf des Krieges gesprochen. Der ukrainische Präsident versprach, die Verantwortlichen für eine Raketenattacke auf Odessa zu finden und zu bestrafen, bei der acht Menschen getötet und 18 verletzt worden waren. Selenski rief seine Landsleute auf, eine Ausgangssperre zu beachten und über Nacht nicht an orthodoxen Ostergottesdiensten teilzunehmen. (ap)
Selenski erwartet konkrete Ergebnisse
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski erwartet von seinem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken und Pentagonchef Lloyd Austin in Kiew konkrete Ergebnisse. Das sagte er bei einer Pressekonferenz am Samstag. Die ukrainische Seite erwarte „nicht einfach Geschenke oder irgendeine Art von Kuchen, wir erwarten bestimmte Dinge und bestimmte Waffen“, erklärte er. Die Gespräche seien für (den heutigen) Sonntag geplant, sagte Selenski. Das Weiße Haus wollte sich am Samstag nicht dazu äußern.
Es wäre der erste hochrangige Besuch aus den USA in Kiew seit vor dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar. Während eines Besuchs in Polen im März betrat Blinken kurzzeitig ukrainischen Boden, um den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba zu treffen. Selenskis letztes Treffen mit einem hochrangigen US-Regierungsvertreter war am 19. Februar. Damals traf er Vizepräsidentin Kamala Harris in München. (ap)
🐾 Fehlerkultur in der SPD
Sigmar Gabriel gibt zu, die russische Gefahr unterschätzt zu haben. Für die SPD wird es dennoch nicht einfach, Vertrauen und Ansehen zurückzugewinnen, kommentiert Tobias Schulze in der taz.
Klingbeil nimmt Schwesig gegen Kritik in Schutz
SPD-Chef Lars Klingbeil hat die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, gegen Kritik an ihrem jahrelangen Einsatz für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 in Schutz genommen. Unter anderem wird der SPD-Politikerin vorgeworfen, eine maßgeblich mit Geld aus russischen Gasgeschäften finanzierte Klimaschutz-Stiftung gegründet zu haben. „Manuela Schwesig hat selbst öffentlich erklärt, dass aus heutiger Sicht die Gründung der Stiftung ein Fehler war“, sagte Klingbeil der dpa. „Sie hat als Ministerpräsidentin auf der Grundlage eines Beschlusses agiert, der parteiübergreifend im Landtag in Mecklenburg-Vorpommern getroffen wurde.“
Die Anfang 2021 gegründete Landesstiftung stand in der Kritik, weil sie neben dem gemeinwohlorientierten Bereich für Klimaschutz auch einen wirtschaftlichen Teil umfasste. Dieser sollte dem russischen Staatskonzern Gazprom und dessen westeuropäischen Investitionspartnern helfen, den Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee unter Umgehung von US-Sanktionen zu vollenden. Die Leitung war im Herbst 2021 fertiggestellt worden, erhielt wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine aber keine Betriebserlaubnis.
Schwesig hatte zwar unmittelbar nach Ausbruch des Ukrainekrieges ihren lange Zeit russlandfreundlichen Kurs revidiert und die Unterstützung von Nord Stream 2 sowie die Stiftungsgründung als Fehler bezeichnet. Doch wegen der seither bekannt gewordenen Kontakte der Landesregierung zur Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG steht sie seit Wochen massiv in der Kritik. (dpa)
Guterres reist vor Besuch in Kiew zunächst nach Ankara
UN-Generalsekretär António Guterres reist vor seinen Besuchen in Moskau und Kiew in der kommenden Woche zunächst nach Ankara. Guterres werde in der türkischen Hauptstadt am Montag von Präsident Recep Tayyip Erdoğan empfangen, erklärte die UNO am Sonntagabend. Am Dienstag gehe es dann wie bereits bekannt weiter nach Moskau zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und am Donnerstag nach Kiew zu Wolodimir Selenski.
Selenski hatte diesen Reiseplan am Sonntag kritisiert. „Der Krieg ist in der Ukraine, es gibt keine Leichen in den Straßen Moskaus. Es wäre logisch, zuerst in die Ukraine zu gehen, um die Menschen dort und die Folgen der Besatzung zu sehen“, sagte er.
Guterres hatte Putin und Selenski um persönliche Treffen gebeten. Bislang spielte die UNO bei den Bemühungen um eine Beendigung des Konflikts eine untergeordnete Rolle. Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine Ende Februar telefonierte Guterres nur einmal mit Selenski. Putin lehnte bislang jeden Kontakt mit dem UN-Generalsekretär ab, da dieser Russland einen Verstoß gegen die UN-Charta vorgeworfen hatte.
Die Türkei hingegen hat bislang eine wichtige Vermittlerrolle gespielt. Ankara organisierte Treffen zwischen russischen und ukrainischen Unterhändlern in Istanbul sowie ein Treffen der Außenminister beider Länder in Antalya. Nun soll ein Gipfeltreffen zwischen Putin und Selenski folgen. Allerdings hieß es aus türkischen Regierungskreisen zuletzt, dass die Aussichten auf ein solches Gespräch derzeit gering seien. (afp)
🐾 Kampf um Mariupol
Russlands Präsident befiehlt seinen Soldaten, nicht in das von Ukrainern gehaltene Stahlwerk Asowstal in Mariupol einzudringen. Für die taz analysiert Bernhard Clasen.
Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol wieder gescheitert
Am Samstag ist nach ukrainischen Angaben ein weiterer Versuch gescheitert, Zivilisten aus der Stadt Mariupol zu evakuieren. Russische Soldaten hätten Frauen, Kindern und älteren Männern nicht erlaubt, in die Busse zu steigen, die sie in die mehr als 200 Kilometer entfernte, von der Ukraine kontrollierte Stadt Saporischschja bringen sollten, schrieb Petro Andryuschtschenko, ein Berater des Mariupoler Bürgermeisters, auf Telegram.
„Um elf Uhr versammelten sich mindestens 200 Bewohner von Mariupol nahe dem Shoppingzentrum Port City und warteten auf eine Evakuierung“, hieß es in dem Post. „Das russische Militär fuhr zu den Bewohnern von Mariupol und forderte sie auf, wegzugehen, weil es jetzt Artilleriebeschuss geben wird.“ Gleichzeitig hätten russische Busse in nur 200 Metern Entfernung aber sehr wohl Flüchtlinge an Bord genommen. Denjenigen, die einstiegen, sei gesagt worden, dass sie in Gebiete unter Kontrolle der pro-russischen Rebellen gebracht werden würden und es keine andere Möglichkeit gebe auszusteigen, schrieb Andryuschtschenko. Unabhängig konnten seine Angaben nicht überprüft werden. (ap)
Zwei weitere russische Raketen bei Odessa abgeschossen
Wenige Stunden nach dem russischen Raketenangriff auf Odessa hat das ukrainische Militär nach eigenen Angaben zwei weitere Marschflugkörper abgeschossen, die auf den Hafen der Stadt zielten. Die Raketen seien am Samstagabend von einem Schiff im Schwarzen Meer abgefeuert worden, schrieb die Südgruppe der ukrainischen Streitkräfte bei Facebook. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Zuvor hatte Russland Odessa am Samstag nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski mit sieben Raketen angegriffen, von denen zwei abgeschossen worden seien. Selenski zufolge wurde unter anderem ein mehrstöckiges Wohnhaus getroffen, acht Menschen starben, darunter ein drei Monate altes Kind. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, es sei ein Logistikterminal auf einem Militärflugplatz getroffen worden, in dem eine „große Lieferung“ Waffen aus den USA und Europa gelagert habe. (dpa)
🐾 Hier finden Sie den Ukraine-Liveticker vom Samstag, dem 23. April 2022.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott