+++ Nachrichten zum Ukraine-Krieg +++: Gas soll ab Donnerstag kommen
Nach den Reparaturen soll wieder Gas durch Nord Stream 1 geliefert werden. Russland greift erneut Donezk und Charkiw an.
Gaslieferungen über Nord Stream 1 angekündigt
Nach dem Ende einer Routinewartung sind für Donnerstag Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 angekündigt. Das geht aus vorläufigen Daten des Netzbetreibers Gascade vom Mittwochnachmittag hervor. Gascade betreibt die beiden Empfangspunkte von Nord Stream 1 im vorpommerschen Lubmin. Für beide Punkte sind laut Gascade-Website Gaslieferungen vorgemerkt.
Diese Vormerkungen – sogenannte Nominierungen – seien Voraussetzung, damit nennenswerte Mengen transportiert werden können, hatte eine Gascade-Sprecherin zuvor erklärt. Die Anmeldungen können sich demnach allerdings noch bis kurz vor der tatsächlichen Lieferung ändern. Schon in der Nacht zum Mittwoch hatte Kremlchef Wladimir Putin Lieferungen auch nach der Wartung angedeutet. „Gazprom erfüllt seine Verpflichtungen, hat sie stets erfüllt und ist gewillt, weiterhin alle seine Verpflichtungen zu erfüllen“, zitiert die russische Agentur Interfax Putin.
Während der vergangenen anderthalb Wochen war wegen einer jährlichen Routinewartung kein Gas durch die zuletzt wichtigste Verbindung für russische Erdgas-Importe nach Deutschland geliefert worden. Die Bundesregierung hatte befürchtet, Putin könnte den Gashahn auch danach geschlossen lassen. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatte der Westen Sanktionen gegen Russland verhängt. Russland wiederum hat Gaslieferungen an europäische Länder gedrosselt oder ganz gestoppt.
Die nun vorgemerkten Gaslieferungen deuten zumindest darauf hin, dass überhaupt wieder Gas fließt. Ob und wie viel Gas tatsächlich ab Donnerstag kommt, verraten die nun vorliegenden Daten allerdings nicht mit Sicherheit. Es kann bis kurz vor tatsächlichem Lieferbeginn renominiert werden – das bedeutet, die Angaben können geändert werden.
Schon vor Beginn der Wartung von Nord Stream 1 hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Lieferungen durch die mehr als 1.200 Kilometer lange Pipeline auf 40 Prozent gedrosselt und dies mit dem Fehlen einer Turbine begründet. Putin warnte zuletzt vor einem weiteren Absenken der Liefermenge, sollte Russland die in Kanada reparierte Turbine nicht zurückerhalten. Sie wurde wegen der westlichen Sanktionen lange zurückgehalten. Zuletzt hatte Kanada entschieden, die Turbine an Deutschland zu übergeben. Die Bundesregierung sieht in dem Verweis auf die Turbine einen Vorwand.
Putin brachte zudem die weitgehend parallel verlaufende, fertiggestellte, aber nicht betriebene Pipeline Nord Stream 2 erneut ins Spiel. Nach der russischen Invasion in die Ukraine setzte Deutschland das Genehmigungsverfahren für den Betrieb der Leitung aus. Putin hatte schon in der Vergangenheit erklärt, der Betrieb von Nord Stream 2 könnte die Gaspreise senken. Denkbar wäre, dass Moskau die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 durch die Drosselung von Nord Stream 1 erzwingen will. Das Genehmigungsverfahren bleibe ausgesetzt, erklärte allerdings die Bundesnetzagentur am Mittwoch. (dpa)
Russische Armee beschießt Waffenlager in der Ukraine
Russische Truppen haben nach eigenen Angaben in der Ukraine wichtige Waffensysteme und Depots des Gegners getroffen. So sei ein Lager mit Munition für ukrainische Raketen bei dem Ort Soledar im Donbass vernichtet worden. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch in seinem Lagebericht mit. Ebenso sei im Gebiet Odessa eine Abschussrampe für die Anti-Schiffs-Raketen Harpoon aus US-Produktion zerstört worden. Die Angaben des russischen Militärs waren nicht unabhängig überprüfbar.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu befahl derweil seinen Truppen, entschiedener gegen ukrainische Drohnen über dem Grenzgebiet zu Russland vorzugehen. Auch müsse unterbunden werden, dass ukrainische Truppen Wohngebiete in Orten beschießen, die von russischen Kräften erobert wurden. Das sagte Schoigu dem Ministerium zufolge nach Inspektionen von in der Ukraine eingesetzten russischen Einheiten. Moskau bezeichnet den am 24. Februar begonnenen Krieg gegen das Nachbarland offiziell als militärische Spezialoperation. (dpa)
Russische Angriffe auf Donezk und Charkiw
Bei russischen Angriffen in der Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Präsidentenbüros mindestens 13 Zivilisten getötet worden. 40 weitere seien verletzt worden. In der Region Donezk im Osten der Ukraine soll es mindestens fünf der Todesfälle gegeben haben. „Es gibt in der Region keinen sicheren Ort mehr“, teilte der Gouverneur Pawlo Kyrylenko im Fernsehen mit. „Bewohner sollten sich in Sicherheit begeben, solange sie es noch können.“
Von Russland angegriffen wurde nach ukrainischen Angaben auch die Region Charkiw im Nordosten. Dort seien in den vergangenen 24 Stunden fünf Menschen getötet worden. „Diese Angriffe, die auf friedliche Zivilisten zielen, haben keinen Sinn, aber die russische Armee setzt dieses sinnlose Bombardement fort“, sagte Gouverneur Oleh Synjehubow. (ap)
Syrien bricht Beziehungen zur Ukraine ab
Das mit Russland verbündete Syrien hat am Mittwoch die Aufkündigung seiner diplomatischen Beziehungen zur Ukraine bekanntgegeben. Damaskus habe dies „entsprechend dem Prinzip der Gegenseitigkeit und als Reaktion auf die Entscheidung der ukrainischen Regierung“ beschlossen, meldete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana am Mittwoch unter Berufung auf das Außenministerium. Kiew hatte seine Beziehungen zu Syrien Ende Juni aufgekündigt.
Zuvor hatte die Regierung von Machthaber Baschar al-Assad als erster Staat der Welt nach Russland die von pro-russischen Separatisten kontrollierten selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine offiziell anerkannt. „Es wird keine offiziellen Beziehungen zwischen der Ukraine und Syrien mehr geben“, hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj daraufhin erklärt.
Syrien und Russland sind seit Jahrzehnten miteinander verbündet. Die Verbindung zwischen beiden Staaten ist aber besonders eng, seit Moskau im Jahr 2015 an der Seite Assads militärisch in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen hatte. Syrien hatte schon in den vergangenen Jahren Territorien offiziell anerkannt, die nur Russland als unabhängig betrachtete. 2018 erkannte Damaskus etwa die von pro-russischen Separatisten besetzten georgischen Regionen Abchasien und Südossetien an. (afp)
Melnyk greift Sachsens Ministerpräsidenten Kretschmer an
„Wir müssen dafür eintreten, dass dieser Krieg eingefroren wird“, forderte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Es gehe darum, Zeit zu gewinnen, um in Sicherheitsmaßnahmen investieren zu können, sagte der CDU-Politiker. Denn Deutschland sei massiv abhängig von russischen Rohstoffen. Kretschmer wolle die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland trotz des Angriffskrieges auf die Ukraine nicht abreißen lassen.
Damit stellt sich Kretschmer auf die Seite derer, die nach einer friedlichen Lösung im Ukraine-Krieg rufen und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands an die erste Stelle setzen. Aber die ist aus Sicht jener, die für mehr Waffenlieferungen in die Ukraine plädieren, aktuell nicht möglich.
Kretschmers Äußerungen haben den abberufenen ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk derart erzürnt, dass er auf Twitter Kretschmer heftig kritisierte: „Barrdong Herr @MPKretschmer, aber die Ukrainer treten dafür ein, dass Sie Ihren Kopf in ein Tiefkühlregal stecken, um Ihre heißen Russland-Fantasien einzufrieren. Ihre ewige Anbiederung an Kriegsverbrecher Putin ist ekelerregend.“ (taz)
🐾 Putin und Erdogan zu Besuch im Iran
Für den türkischen Präsidenten gab es wenig Erfolge beim Autokratengipfel in Teheran. Russland und der Iran binden sich enger aneinander. taz-Auslandskorrespondent Jürgen Gottschlich berichtet.
Langsame russische Offensive im Donbass
Die russische Offensive im Donbass im Osten der Ukraine kommt nach britischen Angaben weiterhin nur langsam voran. Es gebe minimale Geländegewinne, da die ukrainischen Streitkräfte Widerstand leisteten, teilt das Verteidigungsministerium in London auf Twitter mit und beruft sich auf den neusten Bericht des militärischen Geheimdienstes.
Im Süden hätten die ukrainischen Truppen im russisch besetzten Cherson die strategisch wichtige Antonowskij-Brücke über den Dnepr beschädigt. Das hätten die dortigen Behörden am 19. Juli mitgeteilt. Die Brücke sei wahrscheinlich noch nutzbar. Allerdings sei sie eine Schwachstelle für die russischen Truppen. Die Kontrolle der Übergänge über den Dnepr werde wohl zum Schlüsselfaktor für die Kämpfe in Cherson. Die Region liegt gegenüber der von Russland annektierten Halbinsel Krim. (rtr)
🐾 Ukrainischer Journalist in Russland
Maxim Butkewitsch engagierte sich in der Ukraine für Geflüchtete und gegen Nazis. Seit dem Angriffskrieg wird er in Russland festgehalten und verleumdet. taz-Journalist Bernhard Clasen berichtet.
Gaslieferung über Nord Strean 1 bleibt fraglich
Die Kapazität der Gaspipeline Nord Stream 1 könnte nach Angaben des russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgrund langsamer Fortschritte bei der Wartung weiter reduziert werden. Es gebe insgesamt fünf Turbinen von Siemens Energy, eine sei wegen „Bröckelns der Innenauskleidung“ außer Betrieb, teilt Putin Reportern bei einem Besuch in Teheran mit. „Es gibt dort zwei funktionierende Maschinen, sie pumpen 60 Millionen Kubikmeter pro Tag … Wenn eine nicht zurückkommt, gibt es eine, die 30 Millionen Kubikmeter pumpt. Was hat Gazprom damit zu tun?“
Der vom Kreml kontrollierte Energieriese hat die Gasexporte durch die Pipeline im vergangenen Monat auf 40 Prozent der Kapazität reduziert und begründet dies mit Verzögerungen bei der Rückgabe einer Turbine, die von Siemens Energy in Kanada gewartet wurde. Vom 11. bis 21. Juli wird die Pipeline für die jährliche Wartung stillgelegt. Am 26. Juli soll laut Putin erst eine weitere Turbine in die Wartung gehen. (rtr)
🐾 Fluchtziel Georgien
In der georgischen Hafenstadt Batumi am Schwarzen Meer treffen sich geflüchtete Belarussen, Ukrainer und Russen – und verstehen sich bestens. Eine Kolumne von taz-Journalistin Olga Deksnis.
Söder im Aufregungsmodus
„Wir werden im Winter ab dem 1. Januar neben einem echten Gasproblem noch eine zusätzliche Stromlücke erhalten“, warnt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Der CSU-Mann warnt vor einem kalten Winter und fordert längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. In Bayern könnten, so befürchtet es Söder, sowohl Strom als auch Gas knapp werden.
Das hat mit einer Lücke in der Stromversorgung in Bayern zu tun, schreibt der Spiegel. Dort stammen laut aktuellen Zahlen 27,5 Prozent des Stromes aus Atomkraft. Schon in den vergangenen Jahren war Bayern auf Stromimporte aus anderen Bundesländern und dem europäischen Binnenmarkt angewiesen. Mit Schließung der AKW in Gundremmingen im Jahre 2020 und Isar 2 Ende dieses Jahres wird Bayern im Jahre 2023 laut Prognosen rund 22 Terawattstunden Strom importieren müssen. (taz)
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