+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Mehr Militärhilfe aus Deutschland

Die Ampel-Koalition hat sich laut Berichten darauf geeinigt, die Ertüchtigungshilfe für die Ukraine kommendes Jahr auf acht Milliarden Euro zu verdoppeln.

Selesnki steht im Oktober 2023 neben einem Panzer

Präsident Selenski inspiziert einen Leopard-2-Panzer bei einem Besuch an der Frontlinie Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Bericht: Deutschland verdoppelt Militärhilfe

Die Bundesregierung will die bisher für 2024 geplante Militärhilfe für die Ukraine auf acht Milliarden Euro verdoppeln. Darauf habe sich die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen im Grundsatz verständigt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag von einem Insider der Koalition. Die Erhöhung der sogenannten Ertüchtigungshilfe für die Ukraine solle in der am Donnerstag beginnenden Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages zum Entwurf des Bundesetats 2024 beschlossen werden. „Die Bereinigungssitzung wird aber noch verhandelt“, sagte der Insider einschränkend. Durch die Erhöhung erreiche Deutschland 2024 eine Nato-Quote von 2,1 Prozent.

Erklärtes Ziel der Nato-Staaten ist es, jährlich mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben aufzuwenden. Deutschland lag in den vergangenen Jahren unter dieser Quote. Ab 2024 soll diese Quote auch mit Hilfe des aus Krediten finanzierten sogenannten Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr erreicht werden.

„Die Verdoppelung der Militärhilfe ist richtig und wichtig“, sagte der für den Verteidigung zuständige SPD-Haushälter Andreas Schwarz der „Bild am Sonntag“. „Damit wird unser Versprechen an die Ukraine mit dem nötigen Geld hinterlegt. Dass wir so auch noch die Nato-Quote mit 2,1 Prozent erfüllen, ist ein großer Erfolg der Ampel.“

Die Militärhilfe wird nicht aus dem Verteidigungsetat finanziert. Die Ertüchtigungshilfe läuft über den sogenannten Einzelplan 60 im Bundesetat, in dem sich Vorhaben finden, deren Ausgaben nicht einem einzelnen Ministerium angerechnet werden. Im Etatentwurf der Bundesregierung für 2024 und in der Finanzplanung bis 2027 war bislang eine Aufstockung auf jährlich vier Milliarden Euro für die Jahre 2024 bis 2027 vorgesehen. (rtr)

Ukraine: Drei russische Offiziere getötet

Durch eine von der „Widerstandsbewegung“ in der von Russland besetzten Südukraine ausgelösten Explosion sind nach Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes mindestens drei russische Offiziere getötet worden. Die Explosion habe sich im „Hauptquartier der Besatzung“ in Melitopol ereignet und sei das Ergebnis einer Aktion der „örtlichen Widerstandsbewegung“, teilte der Militärgeheimdienst am Sonntag im Onlinedienst Telegram mit. Die besetzte ukrainische Stadt Melitopol hat für die russische Armee eine wichtige logistische Bedeutung.

Der Angriff auf das Hauptquartier sei während eines Treffens des russischen Geheimdienstes FSB und der russischen Nationalgarde am Samstag verübt worden, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. Mindestens drei Offiziere der Russischen Garde seien „eliminiert“ worden. (afp)

Russland verstärkt Angriffe auf Städte in Frontgegend

Russland hat nach ukrainischen Angaben Angriffe nahe zwei Städten im Frontgebiet in der Ostukraine verstärkt. Der Chef der ukrainischen Bodentruppen, Olexander Syrskji, teilte am Sonntag über die Nachrichten-App Telegram mit, dass russische Soldaten in der Gegend von Bachmut aktiver geworden seien. Dort versuchten sie, Stellungen zurückzuerobern, hieß es.

Russland hatte die Stadt Bachmut im Mai eingenommen, ukrainische Truppen eroberten später die Gegend oberhalb von Bachmut zurück und stießen in den Westen, Norden und Süden der Stadt vor.

Der ukrainische Generalstab teilte mit, dass russische Soldaten auch weiter versuchten, die Stadt Awdijiwka südlich von Bachmut einzukesseln. Die Hochburg der ukrainischen Truppen gilt als Tor zu Gegenden in der Region Donezk, die ebenfalls von den ukrainischen Soldaten gehalten werden. Der General Olexander Tarnawskji teilte bei Telegram am Sonntag mit, Russland habe im Laufe des vergangenen Tags 30 Luftangriffe und 712 Artillerieangriffe auf Awdijiwka und Umgebung ausgeführt.

In der südukrainischen Stadt Cherson wurde nach Angaben des Gouverneurs Olexander Prokudin ein 64-jähriger Mann bei einem russischen Angriff getötet. Demnach schlugen russische Granaten im Garten des Mannes ein. Dessen Frau sei mit einer Schädelverletzung, Gehirnerschütterung und Verletzungen durch Granatsplitter ins Krankenhaus eingeliefert worden. Russland habe Cherson und Umgebung in den vergangenen 24 Stunden 62 Mal beschossen, teilte Prokudin mit. Dabei sei eine Bücherei der Stadt beschädigt worden. (ap)

„Post“: Ukrainer bei Nord-Stream-Sprengung

Ein Kommandeur der ukrainischen Spezialkräfte soll laut Recherchen des „Spiegel“ und der „Washington Post“ eine maßgebliche Rolle bei den Sprengstoff-Anschlägen auf die Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 gespielt haben. Ukrainische und auch internationale Sicherheitskreise vermuteten, dass Roman Tscherwynsky die Anschläge „koordiniert“ und das Sabotagekommando unterstützt habe, berichteten das Magazin und die US-Zeitung am Wochenende. Der 48-Jährige bestreitet demnach eine Beteiligung.

Insgesamt vier Explosionen hatten im September des vergangenen Jahres in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Pipelines Nord Stream 1 und 2 gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. (afp)

Kreml: Russland auf dem Schlachtfeld nicht zu besiegen

Der Kreml hat die Ukraine und die USA zu einem Einlenken im Ukraine-Krieg aufgerufen. „In Kiew und Washington müssen alle einsehen: Russland ist auf dem Schlachtfeld nicht zu besiegen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem russischen Fernsehen ungeachtet russischer Rückschläge. Wenn US-Präsident Joe Biden nach eigenen Worten noch an eine Rückeroberung ukrainischer Gebiete glaube, dann zeige dies, dass die US-Politik in einer Sackgasse stecke. Das sagte Peskow nach Angaben der Agentur Tass vom Sonntag für die Politiksendung „Moskau. Kreml. Putin“.

Peskow unterstellte, dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski aus Verzweiflung immer wieder neue Offensiven verspreche, weil er das Schwinden der westlichen Unterstützung spüre. Im Westen wachse „die Müdigkeit, die Abneigung, der Ukraine weiter Geld zu geben, Waffen und Munition zu liefern, vor allem wenn sie jetzt nach Israel geliefert werden müssen“, sagte der Kremlsprecher. (dpa)

Lettischer Präsident fordert weitere Unterstützung

Der lettische Präsident Edgars Rinkevics hat zur weiteren militärischen Unterstützung der Ukraine in deren Kampf gegen Russland gemahnt. Wenn die Ukraine keine Waffen mehr bekomme, werde sie verlieren und Russland werde grünes Licht für Drohungen gegen andere Länder bekommen, warnte Rinkevics in einem Interview der Nachrichtenagentur AP.

„Es ist wichtig, tatsächlich für den internationalen Frieden zu kämpfen, und den Frieden in Europa, denn wenn wir Russland in der Ukraine stoppen, wird Russland nicht dazu in der Lage sein, andere Länder herauszufordern“, sagte Rinkevics.

Er sprach den ukrainischen Soldaten große Tapferkeit zu. Der Westen müsse auf Aufrufe des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski zu mehr Waffenlieferungen reagieren – „weil wir nicht so viel zur Verfügung gestellt haben, wie wir es hätten tun sollen“, sagte Rinkevics. EU und Nato müssten sich auf einen langen Krieg in der Ukraine einstellen.

Russland habe versucht, die Ukraine schnell zu besiegen und gemerkt, dass es das nicht könne, sagte Rinkevics. Jetzt wolle Moskau die Ukraine „erwürgen“. Rinkevics rechnete mit neuen russischen Angriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur in den nächsten Monaten. (ap)

Fast fünf Millionen Binnenflüchtlinge in der Ukraine

Die Ukraine zählt im eigenen Land etwa fünf Millionen Vertriebene wegen der seit Jahren andauernden russischen Angriffe. Die für Flüchtlingsfragen zuständige Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk sprach im Fernsehen von 4,9 Millionen registrierten Binnenflüchtlingen. Allein 3,6 Millionen Menschen seien seit der großangelegten russischen Invasion vom Februar 2022 innerhalb der Ukraine geflüchtet. Zuvor hätten die Kämpfe im Donbass in der Ostukraine seit 2014 schon mehr als eine Million Menschen zu Binnenflüchtlingen gemacht. Damals hatten von Moskau kontrollierte Kräfte Teile der Gebiete Donezk und Luhansk abgespalten.

In letzter Zeit sei die Zahl der Binnenflüchtlinge kaum noch gestiegen, sagte Wereschtschuk nach Angaben Kiewer Medien vom Sonntag. Einige Evakuierte kehrten in ihre Häuser zurück. „Wir haben uns August, September, Oktober und November angeschaut – ein Anstieg von 10 000 plus oder minus. Landesweit ist das eine geringe Zahl“, sagte sie. Dies passt zur militärischen Lage, denn an den Fronten im Osten und Süden gab es zuletzt kaum Veränderungen.

Zudem sind nach aktuellen Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge rund 6,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer zeitweise oder dauerhaft ins Ausland geflohen. Allein in Europa wurden demnach gut 5,8 Millionen Flüchtlinge registriert. Vor Kriegsbeginn 2022 hatte die Ukraine, ein Land von der Größe Frankreichs, etwa 41,4 Millionen Einwohner. (dpa)

Vorschlag für Nato-Teilbeitritt der Ukraine

Der frühere Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen schlägt einen Beitritt der Ukraine zum transatlantischen Militärbündnis ohne die von Russland besetzten Gebiete vor. Indem man die besetzten Gebiete im Süden und Osten des Landes außen vor ließe, würde das Risiko eines offenen Konflikts zwischen Russland und der Nato gesenkt, sagte der Däne dem britischen „Guardian“.

Der „Guardian“ veröffentlichte am Samstag Auszüge des Interviews mit Rasmussen, der von 2009 bis 2014 Nato-Generalsekretär war. Demnach sagte der 70-Jährige, ein Teilbeitritt der Ukraine und die damit verbundene Beistandsverpflichtung der Bündnispartner „würde Russland von Angriffen auf ukrainisches Gebiet innerhalb der Nato abschrecken“ und den ukrainischen Streitkräften so ermöglichen, sich auf Frontkämpfe abseits des Kernlands zu konzentrieren. Moskau müsse verstehen, dass die Ukraine nicht von einem Bündnisbeitritt abzuhalten sei.

„Die Zeit ist gekommen, den nächsten Schritt zu gehen und die Ukraine zum Nato-Beitritt einzuladen“, sagte Rasmussen. „Wir brauchen eine neue europäische Sicherheitsarchitektur, in der die Ukraine im Herzen der Nato ist.“ (dpa)

Selenski zeichnet Soldaten und Zivilisten aus

Für ihren Kampf zur Befreiung Chersons zeichnete der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski mehr als 100 Soldaten aus – mindestens 15 von ihnen posthum. Außerdem verteilte er staatliche Orden an Ärzte, freiwillige Helfer sowie Mitarbeiter örtlicher Behörden und Unternehmen, die zur Befreiung der Großstadt beigetragen hatten. Die ukrainische Armee werde Angriffe der russischen Truppen auch künftig nicht unbeantwortet lassen, versprach Selenski in seiner Abendansprache am Samstag.

Die ukrainische Armee hatte die Hauptstadt der gleichnamigen Region Cherson rund acht Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs wieder unter eigene Kontrolle gebracht. Ein Teil der Region ist jedoch weiterhin von russischen Truppen besetzt und schwer umkämpft. (dpa)

Kiew gratuliert Warschau zum Unabhängigkeitstag

Selenski gratulierte am Samstag auch dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda zum polnischen Unabhängigkeitstag und dankte für Warschaus Unterstützung der Ukraine. „Die Ukraine und Polen müssen zusammenstehen, damit unsere Völker für immer frei bleiben“, sagte Selenski. Das EU- und Nato-Land Polen gehört zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine. Zuletzt wurde das Verhältnis beider Länder aber durch den Streit über den Import und Transit von ukrainischem Getreide lädiert. (dpa)

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