+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israel kündigt „beispiellose Gewalt“ in Gaza an
Israels Armee hat die Bewohner von Gaza-Stadt zur Flucht aufgefordert. Bei einem Anschlag am Grenzübergang zu Jordanien wurden zwei Israelis getötet.

Israel kündigt „beispiellose Gewalt“ in der Stadt Gaza an
Die israelische Armee hat angedroht, bei ihrem Einsatz in der Stadt Gaza „beispiellose Gewalt“ anzuwenden. Die Armee rief die Bewohner am Freitag auf, die Stadt Richtung Süden zu verlassen und sich dort in Sicherheit zu bringen. Zugleich gab sie die Sperrung des 48 Stunden zuvor vorübergehend geöffneten Fluchtkorridors Salah al-Din bekannt. (afp)
Israel schließt Grenzübergang zu Jordanien
Israel hat nach dem tödlichen Angriff auf zwei Soldaten den einzigen Grenzübergang für Palästinenser im besetzten Westjordanland nach Jordanien geschlossen. Wie lange der Übergang gesperrt bleibt, an dem das Attentat am Donnerstag verübt wurde, teilte die zuständige Behörde nicht mit. Die israelische Armee macht einen jordanischen Fahrer eines Gaza-Hilfstransporters dafür verantwortlich, die beiden Soldaten getötet zu haben.
Auch die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete über die Schließung und meldete, dass Busse mit Reisenden aus dem nahegelegenen palästinensischen Ort Jericho hätten umkehren müssen. Viele Palästinenser aus dem Westjordanland nutzen den Übergang auch, um von Jordanien aus weiter in andere Länder zu reisen.
Der israelische Sender Kan berichtete, Israel lasse vorerst keine Hilfstransporte aus Jordanien für den Gazastreifen mehr zu. Demnach sollen unter anderem die Sicherheitsvorkehrungen auf der jordanischen Seite des Grenzübergangs überprüft werden. Israels Armee hatte der politischen Führung zuvor zu dem Schritt geraten. Hilfsgüter gelangen weiter über andere Routen in den Gazastreifen.
Laut Kan forderte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Donnerstag bei einer Kabinettssitzung unter anderem, dass die Fahrer aus Jordanien künftig Metalldetektoren passieren. Dem Bericht zufolge sagte er weiter, Jordanien hätte den Angriff verhindern müssen, habe dies aber nicht getan. (dpa)
Macron: Israel zerstört vollständig seinen Ruf
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnt vor einem Reputationsverlust Israels wegen des militärischen Vorgehens des Landes und der vielen zivilen Opfer im Gazastreifen. „Sie zerstören vollständig das Ansehen und die Glaubwürdigkeit Israels, nicht nur in der Region, sondern in der öffentlichen Meinung überall“, sagte Macron im Interview des israelischen Senders Channel 12. So eine Art von Operationen im Gazastreifen durchzuführen, sei kontraproduktiv und ein Fehlschlag, betonte der französische Staatschef.
Wenn man diesen „Teufelskreis“ durchbrechen wolle, müsse die Hamas zerstört werden, sagte Macron. Der Krieg reiche dafür aber nicht aus.
Macron hat wiederholt Druck auf Israel gemacht, den Gaza-Krieg zu beenden. Ein weiterer Vorstoß ist die von ihm angekündigte offizielle Anerkennung eines Staates Palästina durch Frankreich bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen in der kommenden Woche. (dpa)
Hamas droht Israel wegen Bodenoffensive
Während die israelische Armee auf das Zentrum der Stadt Gaza im nördlichen Gazastreifen vorrückt, werden ihre Truppen im Süden des Küstengebiets weiter in vereinzelte Kämpfe verwickelt. Vier israelische Soldaten wurden dort am Donnerstag in Rafah bei der Explosion eines Sprengsatzes getötet, wie das Militär bekanntgab. Auf palästinensischer Seite starben laut medizinischen Kreisen am selben Tag erneut Dutzende Menschen, allein 38 in der Stadt Gaza. Derweil verhinderten die USA mit ihrem Veto im UN-Sicherheitsrat abermals eine Resolution zur Besserung der humanitären Lage.
Der am Einstimmigkeitsprinzip gescheiterte Resolutionstext sollte tiefe Besorgnis über eine Hungersnot in dem abgeriegelten Küstenstreifen zum Ausdruck bringen. Zudem wurde die israelische Regierung im Entwurf aufgefordert, „alle Beschränkungen für die Einfuhr humanitärer Hilfe nach Gaza unverzüglich und bedingungslos aufzuheben“.
Die USA als Israels wichtigster Verbündeter stimmten jedoch als einziges Land im mächtigsten UN-Gremium gegen die Beschlussvorlage – daneben gab es 14 Ja-Stimmen. US-Vertreterin Morgan Ortagus begründete das Veto Washingtons damit, dass die Resolution die palästinensische Terrororganisation Hamas unterstützt hätte.
Die Hamas richtete drohende Worte an die israelische Armee und ließ wissen, dass sie in der Stadt Gaza „Tausende Hinterhalte und Sprengsätze vorbereitet“ habe. „Gaza wird ein Friedhof für eure Soldaten sein.“ Zudem habe man die aus Israel entführten Geiseln auf mehrere Viertel der Stadt verteilt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die trotz aller Warnungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu befohlene Militäroffensive werde zur Folge haben, dass keine der Geiseln nach Israel zurückkehre, hieß es weiter. Man werde keine Rücksicht auf das Leben der Verschleppten nehmen, „solange Netanjahu beschließt, sie zu töten“, teilte der militärische Arm der Hamas, die Kassam-Brigaden, mit.
Israel hatte in der Nacht zu Dienstag eine höchst umstrittene Bodenoffensive in der Stadt begonnen. Ziel ist es laut Regierungsangaben, dort eine der letzten Hochburgen der Hamas zu zerschlagen und die Freilassung der Geiseln zu erzielen. (dpa)
Israel greift weiter im Libanon an
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben erneut im Libanon angegriffen. Ziele seien mehrere Waffenlager der proiranischen Hisbollah im Südlibanon gewesen, erklärte die Armee. Die Miliz versuche, ihre „terroristische Infrastruktur im Südlibanon wiederherzustellen, um dem Staat Israel zu schaden“.
Vorausgegangene Fluchtaufrufe eines arabischsprachigen Armeesprechers Israels auf X hatten im Libanon für Panik gesorgt. In den betroffenen Gebieten im Süden des Landes kam es zu dichtem Verkehr, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete.
Auf Bildern des libanesischen Fernsehsenders Al-Dschadid war zu sehen, wie in verschiedenen angegriffenen Orten dichte Rauchwolken in den Himmel stiegen. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, auch Wohnhäuser seien getroffen worden. Zunächst war nicht klar, ob es Opfer oder Verletzte gab.
Die libanesische Armee verurteilte die erneuten Angriffe scharf. Seit Inkrafttreten einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah im November vergangenen Jahres hätten die libanesischen Streitkräfte mehr als 4.500 Verstöße Israel gezählt.
Auch Libanons Ministerpräsident Nauaf Salam beschuldigte Israel erneut, die Waffenruhe missachtet zu haben. Er rief die internationale Gemeinschaft wieder dazu auf, Druck auf Israel auszuüben, um die Attacken zu stoppen.
Israels Armee gab der Hisbollah die Schuld für den Angriff: „Die Existenz der Waffenlager verstößt gegen die Vereinbarungen zwischen Israel und dem Libanon.“ Zudem hätten sie sich in zivilen Gebieten befunden, hieß es. (dpa)
Merz zögert bei Sanktionen gegen Israel
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez haben bei ihrem Treffen in Madrid ihre unterschiedlichen Haltungen zu Israel bekräftigt. Merz betonte bei seinem Antrittsbesuch, dass Deutschland an der Seite Israels stehe und verzichtete darauf, sich zu den Sanktionsvorschlägen der EU-Kommission zu positionieren. Sanchez kündigte dagegen seine Zustimmung an. Spanien gehört zu den Ländern in der EU, das Israel am schärfsten für das militärische Vorgehen im Gazastreifen kritisiert.
Spanien ist das letzte der größeren EU-Länder, das Merz besucht – viereinhalb Monate nach seiner Vereidigung. Bei einem Gespräch unter vier Augen und einem Abendessen im Moncloa-Palast, der Residenz des Ministerpräsidenten, ging es vor allem um die bilateralen Beziehungen, die Europapolitik und die Sicherheitspolitik. Die Differenzen in der Israel-Politik waren ein dominierendes Thema in der gemeinsamen Pressekonferenz.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Mittwoch mehrere Strafmaßnahmen vorgeschlagen, um die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einem Kurswechsel zu bewegen. Unter anderem will sie Freihandelsvorteile streichen, die 37 Prozent der israelischen Warenexporte in die EU betreffen. Außerdem schlägt sie Strafmaßnahmen gegen besonders radikale Politiker wie Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir vor. Ihnen werden Menschenrechtsverletzungen und Aufstachelung zum Hass vorgeworfen.
Die Bundesregierung will sich nun bis zum EU-Gipfel Anfang Oktober zu den Vorschlägen positionieren. In der kommenden Woche werde sich das Kabinett damit befassen, sagte Merz. „Ich gehe davon aus, dass wir dann eine Position im informellen Rat am 1. Oktober in Kopenhagen haben werden, die von der ganzen Bundesregierung auch getragen wird.“
In der schwarz-roten Koalition ist die Sanktionsfrage hochumstritten. Die SPD ist dafür, Israel deutlich stärker unter Druck zu setzen. Die CSU ist strikt gegen weitere Strafmaßnahmen. In der CDU stoßen Handelssanktionen auf Ablehnung, bei den personenbezogenen Sanktionen gibt es aber eine gewisse Offenheit.
„Wir stehen auf der Seite Israels“, betonte Merz bei dem Treffen mit Sánchez. „Das heißt nicht, dass wir jede Entscheidung einer israelischen Regierung teilen und gutheißen.“ Er verteidigte nochmals seine Entscheidung vom August, die Rüstungsexporte nach Israel einzuschränken.
Sánchez äußerte sich zufrieden über die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Sanktionen. „Tatsächlich fordern wir seit mehr als einem Jahr von der EU-Kommission, das strategische Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Israel auszusetzen“, sagte der Sozialist. Spanien sei der Ansicht, dass einer der wichtigsten Artikel dieses Abkommens, nämlich der über die Achtung des humanitären Völkerrechts durch die israelische Regierung verletzt werde. In den vergangenen Tagen hatte Sánchez Israel des Völkermords im Gazastreifen bezichtigt.
Zugleich betonte Sánchez, dass das spanische Volk ein Freund des israelischen Volkes sei. Nach dem „schrecklichen Angriff“ der Hamas auf Israel am 7. Oktober habe er Jerusalem besucht und immer wieder die Freilassung aller von der Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gefordert. (dpa)
Jordanien leitet Untersuchung nach Anschlag ein
Nach dem tödlichen Anschlag an einem von Israel kontrollierten Grenzübergang zwischen Jordanien und dem besetzten Westjordanland hat das jordanische Königreich Untersuchungen eingeleitet. Bei dem mutmaßlichen Schützen handele es sich um einen „Zivilisten“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. Er sei seit drei Monaten als Fahrer von Hilfslieferungen tätig. In jordanischen und weiteren arabischen Medien hieß es, er sei jordanischer Staatsbürger.
Die israelische Armee hatte zuvor bereits erklärt, der mutmaßliche Angreifer sei in einem Lastwagen aus Jordanien gekommen, der humanitäre Hilfsgüter für den Gazastreifen transportierte.
Die jordanischen Behörden verurteilten den Vorfall als „Verstoß gegen das Recht“ und als eine Gefährdung der Interessen des Königreichs sowie seiner Rolle bei der Versorgung des Gazastreifens. Nach israelischen Angaben wurden zwei Menschen bei dem Anschlag getötet. (dpa)
Zwei Tote bei Schüssen an Grenzübergang zu Jordanien
An einem Grenzübergang zwischen dem besetzten Westjordanland und Jordanien hat ein Angreifer am Donnerstag israelischen Angaben zufolge zwei Menschen durch Schüsse getötet. Die beiden Männer im Alter von 20 und 60 Jahren seien nach dem Vorfall am Grenzübergang Allenby ihren Schussverletzungen erlegen, teilte der israelische Rettungsdienst Magen David Adom mit.
„Der Terrorist wurde von den Sicherheitskräften neutralisiert“, hieß es von dem Rettungsdienst weiter. Die israelische Armee erklärte, sie untersuche Einzelheiten zu dem Angriff.
Laut dem israelischen Sender Channel 12 handelte es sich bei dem Angreifer um einen Jordanier, der einem Lkw mit für den Gazastreifen bestimmten Hilfsgütern zu dem Grenzübergang steuerte. Er habe das Feuer eröffnet und zudem auf die Opfer eingestochen, hieß es weiter. Bilder in Onlinenetzwerken zeigten ein blutverschmiertes Messer und eine Schusswaffe auf dem Boden.
Der Grenzübergang Allenby ist der einzige Posten, über den Palästinenser das Westjordanland verlassen können, ohne dabei durch israelisches Gebiet zu müssen. Israel hält das Westjordanland seit 1967 besetzt. (afp)
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