+ + + Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Sieben Tote in Tschernihiw
Das russische Militär hat laut Ukraines Präsident die Uni und das Theater der Stadt bombardiert. Selenskyj ist zu Besuch in Schweden, und Putin trifft seine Generäle.
Sieben Tote bei russischem Raketenangriff in der Ukraine
Bei einem russischen Raketenangriff auf die nordukrainische Stadt Tschernihiw sind nach Regierungsangaben sechs Menschen getötet worden. Außerdem hab es im Stadtzentrum 117 Verletzte gegeben, sagte Innenminister Ihor Klymenko am Samstag. Unter den Toten sei eine Sechsjährige. Unter den Verletzten gebe es zwölf Kinder.
Präsident Wolodimir Selenski sagte, unter anderem seien das Theater und die Universität von Tschernihiw getroffen worden. „Das ist es, was Nachbarschaft mit einem terroristischen Staat bedeutet“, schrieb er auf Telegram und sprach von einem „gewöhnlichem Samstag“.
Die ukrainische Luftwaffe berichtete, russische Truppen hätten in der Nacht Ziele im Norden, in der Mitte und im Westen des Landes mit 17 Drohnen angegriffen. 15 davon seien abgeschossen worden. (ap)
Von ballistischer Rakete getroffen
Die russische Armee hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski das Zentrum der Stadt Tschernihiw in der Nordukraine bombardiert. „Eine russische Rakete schlug mitten im Stadtzentrum ein, in unserem Tschernihiw“, erklärte Selenski am Samstag im Onlinedienst Telegram. Dabei seien ein Platz, die Polytechnische Universität und ein Theater getroffen worden, es gebe Tote und Verletzte. „Ein gewöhnlicher Samstag, den Russland in einen Tag des Schmerzes und Verlustes verwandelt hat“, schrieb Selenski weiter.
Der Staatschef veröffentlichte ein Video des Einschlagsorts, das Trümmer rund um ein großes Gebäude aus Sowjetzeiten zeigte. Rundherum waren darauf geparkte Autos zu sehen, deren Dächer und Fenster teilweise zerstört waren.
Der Gouverneur der gleichnamigen Region Tschernihiw, Wjatscheslaw Tschaus, hatte zuvor mitgeteilt, dass die Stadt wahrscheinlich von einer ballistischen Rakete getroffen worden sei. Er rief die Bewohner auf Telegram dazu auf, in Schutzräumen zu bleiben.
Tschernihiw liegt rund 150 Kilometer nördlich von Kiew in Richtung der Grenze zum mit Russland verbündeten Belarus. Russische Streitkräfte waren durch Tschernihiw marschiert, als sie im Februar 2022 ihre Invasion in die Ukraine begonnen hatten, und wurden dann von ukrainischen Kräften zurückgedrängt. Seitdem war der Norden der Ukraine weitgehend von heftigen Kämpfen wie im Osten und im Süden des Landes verschont geblieben. (afp)
Selenski weilt mit seiner Frau in Stockholm
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ist eigenen Angaben zufolge gemeinsam mit seiner Frau Olena Selenska nach Schweden gereist. Geplant seien Treffen unter anderem mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson, der königlichen Familie und Mitgliedern des Parlaments, schrieb Selenski am Samstag auf der früher als Twitter bekannten Plattform X. Es solle dabei etwa um militärische Zusammenarbeit sowie um eine EU-Perspektive für die von Russland angegriffene Ukraine gehen. Seine Frau und er dankten allen Schweden, die sein Land unterstützten, schrieb Selenski.
Schweden hatte als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ebenso wie das Nachbarland Finnland beschlossen, in die Nato eintreten zu wollen. Während Finnland mittlerweile in das Verteidigungsbündnis aufgenommen wurde, steht der Beitritt Schwedens wegen eines erst im Juli beendeten Widerstands der Türkei noch aus.
Stockholm gab zudem seine Doktrin auf, keine Waffen an Länder im Krieg zu liefern. Schweden hat der Ukraine Tausende Panzerabwehrwaffen geliefert. (dpa/afp)
Drohnenangriffe auf mehrere ukrainische Regionen
Die Ukraine ist nach eigenen Angaben am Samstag in mehreren Regionen von Russland mit Drohnen angegriffen worden. Die Luftabwehr habe 15 der 17 Drohnen des Typs Schahed aus iranischer Produktion abgeschossen, teilt die ukrainische Luftwaffe mit. In der Region Chmelnyzkyj im Westen des Landes wurden nach Angaben der örtlichen Verwaltung zwei Menschen verletzt und Dutzende Gebäude beschädigt. Auch die Region Schytomyr westlich von Kiew meldet Schäden durch einen russischen Luftangriff. (rtr)
Russisches und ukrainisches Militär haben dieselben Probleme
Die russischen Invasionstruppen und die ukrainischen Verteidiger sind nach Ansicht britischer Regierungsexperten mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Das sei, entlang der Front gut verschanzte Kräfte zu besiegen, während nur in begrenztem Maß Kräfte vorhanden seien, um neue Angriffe zu starten, hieß es in dem Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London am Samstag.
Der Mitteilung der Briten zufolge gab es größtenteils keine Veränderungen an der Frontlinie in der vergangenen Woche. Nur im Süden setzen die Ukrainer demnach ihre Vorstöße entlang des Flusses Mokri Jaly, wo trotz vehementen russischen Widerstands das Dorf Urozhaine zurückzuerobern. Die Russen hingegen hätten mit versuchten Vorstößen im Gebiet von Kupjansk keinen nennenswerten Erfolg erzielt. (dpa)
Selenski: Fortschritte bei der „Friedensformel“
Die ukrainische Führung sieht nach eigenen Angaben Fortschritte in ihrem Streben nach westlichen Sicherheitsgarantien vor einer künftigen Aggression Russlands. Präsident Wolodimir Selenski sprach in seiner am Freitagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft von einem „diplomatischen Erfolg“. Inzwischen hätten sich 18 Staaten der Erklärung der Gruppe der sieben führenden Industrienationen (G7) zu solchen Sicherheitsgarantien angeschlossen. Details nannte er nicht.
Mit Blick auf den Unabhängigkeitstag am kommenden Donnerstag (24. August) sagte Selenski, die Ukraine habe einen Schritt vorwärts gemacht, um Teil der stärksten Staaten der Welt zu werden. Das vom Krieg ausgezehrte Land verteidigt sich mit Hilfe des Westens seit fast 18 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg, der am 24. Februar 2022 begonnen hatte. Zum Unabhängigkeitstag wird der Krieg auf den Tag genau anderthalb Jahre gedauert haben.
Der Leiter des Präsidentenamtes in Kiew, Andrij Jermak, teilte im Nachrichtenkanal Telegram mit, dass mit den USA und Großbritannien die Verhandlungen für Sicherheitsgarantien liefen. Beginnen sollten demnach bald auch Gespräche mit anderen G7-Staaten. Bis Jahresende sollten die ersten bilateralen Vereinbarungen unterzeichnet sein, sagte er. Es gehe darum, nach Ende der russischen Invasion keinen neuen Krieg und keine Wiederholung der Aggression Moskaus zuzulassen.
Selenski und Jermak betonten am Freitag, dass nicht zuletzt die Arbeit an der „Friedensformel“ weitergehe. Ein Kernziel ist der Abzug der russischen Truppen vor dem Beginn möglicher Verhandlungen. Russland weist das als realitätsfern zurück. Nach Darstellung Selenskis arbeiten inzwischen 63 diplomatische Missionen an seiner „Friedensformel“. Die Zahl der teilnehmenden Botschafter verschiedener Staaten nehme zu, sagte auch Jermak. Er erwartet, dass es innerhalb eines Monats zu einem neuen Treffen der Sicherheitsberater der Staaten komme, um einen Friedensgipfel vorzubereiten.
Nach früheren Angaben Jermaks soll der Gipfel bis Ende des Jahres organisiert werden. Es werde nun auch nach einem Ort gesucht, hatte er Anfang dieses Monats gesagt – nach einem Treffen in Saudi-Arabien von Beratern aus mehr als 40 Ländern. Bei einem zweiten Gipfel solle dann auch Russland hinzugezogen werden. Das Präsidentenamt in Kiew hofft nach eigenen Angaben darauf, dass Russland bis dahin bereits kapituliert haben wird. (dpa)
Rheinmetall beginnt mit Panzerwartung in Ukraine
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will in wenigen Tagen die Instandsetzung von Panzern in der Ukraine aufnehmen. „Wir werden noch diesen Monat mit dem Service beginnen“, sagt Vorstandschef Armin Papperger der FAS. „Die ersten zwölf ukrainischen Mitarbeiter haben ihre Ausbildung in Deutschland abgeschlossen, jetzt kommen die nächsten zwölf.“ Die angekündigte Panzerproduktion in der Ukraine solle bald folgen. „Das kann schnell gehen, es gibt dort genügend gut ausgestattete Panzerfabriken aus Sowjetzeiten. Die wollen wir anmieten und auf ein oder zwei Produktionslinien dann Fahrzeuge mit Nato-Standard fertigen.“ (rtr)
Raketenangriff auf der Krim abgewehrt
Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau einen ukrainischen Raketenangriff auf der russisch besetzten Schwarzmeerhalbinsel Krim abgewehrt. Das berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass am Samstagmorgen unter Berufung auf das Ministerium. Das Geschoss sei in der Nacht von der russischen Flugabwehr abgefangen worden. Demnach habe es weder Verletzte noch Schäden gegeben. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Ukraine verteidigt sich seit nunmehr knapp 18 Monaten gegen einen brutalen russischen Angriffskrieg. Dabei steht die umkämpfte Krim immer wieder im Fokus. (dpa)
Putin im Hauptquartier der „Spezialoperation“
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich in Südrussland mit für die russische Militäroperation in der Ukraine zuständigen Generälen getroffen. Putin habe ein Treffen im Hauptquartier der „militärischen Spezialoperation“ in Rostow am Don abgehalten, teilte der Kreml am Samstagmorgen mit. Der Kreml-Chef habe sich Berichte des russischen Generalstabschefs Waleri Gerassimow, von Kommandeuren und anderen hochrangigen Beamten angehört.
Moskau machte keine Angaben zum Zeitpunkt des Treffens. Von staatlichen Medien verbreitete Aufnahmen deuteten darauf hin, dass es in der Nacht stattfand.
Die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti veröffentlichte ein Video, in dem Putin in einem Anzug bei Dunkelheit aus einem Jeep aussteigt und von Gerassimow in Militärkleidung mit einem Handschlag begrüßt wird. Es zeigt zudem, wie Putin ein Treffen mit hochrangigen Armeechefs leitet.
Rostow am Don liegt im Süden Russlands in der Nähe zur Ukraine. Die Stadt ist zu einem operativen Zentrum der russischen Streitkräfte in der Ukraine geworden. Im Juni war sie Schauplatz eines Aufstands der Wagner-Söldner, die kurzzeitig das Armeehauptquartier in Rostow übernahmen, ehe sie ihren Aufstand beendeten. Seitdem wurde Gerassimow, den die Wagner-Söldner absetzen wollten, nur noch selten in der Öffentlichkeit gesehen.
Putin reist nur selten in Gebiete in der Nähe der russischen Offensive in der Ukraine. Das Treffen wurde bekannt, kurz nachdem die USA grünes Licht für die Weitergabe von F-16-Kampfjets aus Dänemark und den Niederlanden an die Ukraine gegeben hatten. (afp)
Tickets für Donezk-Spiele in Hamburg verkaufen sich gut
Für die drei Champions-League-Gruppenspiele des ukrainischen Fußball-Meisters Schachtar Donezk im Volksparkstadion sind bereits 10 000 Ticketpakete an HSV-Mitglieder und Dauerkarteninhaber verkauft worden. Das teilte der Hamburger SV am Samstag mit. Am Donnerstag startet dann der freie Vorverkauf.
„Der rasante Ticketverkauf unterstreicht einmal mehr die Sportbegeisterung in Hamburg und ist gleichzeitig ein starkes Bekenntnis und eine Fortsetzung der Solidarität mit der Ukraine“, hieß es auf der Homepage des Zweitligisten, der sein Stadion zur Verfügung stellt. Das Stadionerlebnis im Volkspark sei sogar dann etwas Besonderes, „wenn der HSV gar nicht selber spielt“. Die Gegner der Ukrainer werden am 31. August bei der Auslosung der Vorrundengruppen ermittelt. Auch die deutschen Clubs Bayern München sowie Borussia Dortmund, RB Leipzig und Union Berlin kommen als Gegner infrage.
Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine finden die Heimspiele von Schachtar nicht mehr in der Ukraine statt. Der HSV übernimmt für die Ukrainer die komplette organisatorische Umsetzung der Spieltage und erhält dafür eine Umsatzbeteiligung. In der vergangenen Saison der Königsklasse hatte Donezk in der polnischen Hauptstadt Warschau gespielt. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid