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Streit über Verbrenner-AusPolitik will Hybridfahrzeuge retten

Der Bundeskanzler hat einen Brief an Brüssel geschrieben, das Verbrenner-Aus möge modifiziert werden. Aber was bloß sind „hocheffiziente“ Fahrzeuge?

„Hocheffiziente“ Verbrenner will etwa der Bundeskanzler vor dem klimabedingten Aus bewahren. Aber was soll das sein? Foto: Marijan Murat/dpa

Die Bundespressekonferenz geriet zu einem Hochamt der Tautologie. „Hocheffiziente Verbrenner sind Verbrenner, die hocheffizient sind“, erklärte ein Sprecher der Bundesregierung am Montag. Vorangegangen war die Frage eines Journalisten, was konkret mit „hocheffizienten Verbrennern“ gemeint sei.

In der Debatte über das von der EU geplante Aus für Verbrennerautos war aus den Bundesländern der Vorschlag gekommen, eben solche nach dem Jahr 2035 weiter zu erlauben. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte sich diesen Begriff in einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu eigen gemacht. Dem Handelsblatt sagte EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas prompt in einem Interview, die Kommission werde in der neuen Regelung „alle technologischen Entwicklungen“ einbeziehen – „einschließlich der Rolle von emissionsfreien und emissionsarmen Kraftstoffen und fortgeschrittenen Biokraftstoffen“.

In Berlin ergänzte der Regierungssprecher später, mit „hocheffizient“ seien Antriebe gemeint, die „im Sinne des Klimaschutzes besser“ seien als die heutigen. Aber auch diese Aussage lässt noch viele Spekulationen zu, zumal die Bundesregierung auch am Dienstag noch keine technische Interpretation nachzureichen vermochte. Eine solche lieferte unterdessen Andreas Knie, Professor für Verkehrsforschung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung: „Mit hocheffizient sind alleine Hybride gemeint.“

Schon heute ist das „Verbrenner-Aus“ in der Theorie ohnehin kein echtes Aus für Verbrennermotoren. Vom Grundsatz her ist die europäische Gesetzgebung technologieoffen: Das Fahrzeug muss entweder selbst emissionsfrei sein, was beim Elektroantrieb erfüllt ist. Zudem sind aber auch Fahrzeuge für synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) zulässig, weil man den Treibstoff als bilanziell CO₂-frei definiert. Ebenso ist Wasserstoff – ob mit Brennstoffzelle und Elektromotor oder Wasserstoffverbrennungsmotor genutzt – schon nach der heutigen EU-Vorgabe eine zulässige Antriebsoption.

Wo ist die Emissionsgrenze?

Werden in Zukunft auch „hocheffiziente Verbrenner“ erlaubt, dann dürften wohl auch Hybridfahrzeuge im Handel bleiben. „Wenn die EU das Thema aufgreift, wird sie vermutlich eine Emissionsgrenze von etwa 45 Gramm CO₂ pro Kilometer definieren“, vermutet Knie. Dann wären die Hybride nämlich wieder mit im Boot. Bei der Berechnung wird dann – wie bei solchen Kennwerten üblich – ein Fahrzyklus mit definiertem Wechsel von Elektro- und Verbrennerantrieb zugrunde gelegt. Dass der mit dem tatsächlichen Gebrauch des Autos oft wenig zu tun hat, ist ein anderes Thema.

Aber warum gerade 45 Gramm pro Kilometer? „Das ist ein Wert, den man mit heutiger Technik erreichen kann“, sagt Knie. Man müsse nur mit der Auslegung der beiden Antriebskonzepte entsprechend spielen, dann könne man eine solche Vorgabe einhalten. Auch für Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research in Duisburg sind die „hocheffizienten Verbrenner“ nur „alter Wein in neuen Schläuchen“. Das sei „Politik, Marketing“, sagt er. Deswegen sei es müßig, über die genaue Bedeutung der Formulierung zu spekulieren.

Von Fortschritt keine Spur

Dass es beim „hocheffizienten Verbrenner“ hingegen um große Fortschritte in der etablierten Motortechnik gehen könnte, hält Verkehrsforscher Knie für ausgeschlossen. Konzeptautos, wie man sie nach der Jahrtausendwende diskutierte – 2002 präsentierte Volkswagen sogar ein Auto, das nur einen Liter auf 100 Kilometer verbrauchte –, seien heute nicht mehr gemeint, sagt Knie: „Diese alte Linie wird nicht mehr verfolgt.“ Denn die technischen Spielräume bei den Verbrennungsmotoren seien inzwischen gering, sofern man nicht die Energieeffizienz durch andere Nachteile, wie steigende Stickoxid-Emissionen, erkaufen wolle.

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9 Kommentare

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  • Die noch vorhandenen Verbrenner werden ja 2035 auch nicht plötzlich verschwinden, da auch nicht abzusehen ist, dass jetzt alle Besitzer von alten Verbrennern bei der derzeitige Politik in die Lage versetzt werden sich neue E-Autos zu leisten.

  • Was für ein Schwachsinn. Offensichtlich fehlt es bei unserer Bundesregierung an jeglichem Verständnis für Naturwissenschaft und Ökonomie. Hier geht es doch nur darum, den Managern der Autoindustrie ihre Boni zu sichern, nicht um die Belegschaft, die Umwelt oder gar das Klima.

    • @Flix:

      also ein Mangel an Verständnis zumindest für Ökonomie kann doch vor allen Dingen bei allen Apologeten von Schwarz-Weiss-Verboten - wie sie beispielweise von Umweltverbänden vertreten werden - ausgemacht werden. Selber nachdenken hilft da doch sehr. Nur weil die Kaste der Dienstwagenfahrer in Plugin-Hybriden die Batterie nur spazieren gefahren hat, ist diese Technik nicht falsch. Für viele Nutzer wären diese Autos - wenn denn ein Auto gebraucht wird - die am wenigsten umweltbelastende Variante, elektrisch zur Arbeit und eben Hybrid auf längeren Strecken. Aber für viele ist das wohl zu differenziert.

      Gut zu wissen: China ist - nach Stückzahlen- zum grössten Autoexporteur der Welt aufgestiegen. 70% der exportierten Fahrzeuge haben einen Verbrennungsmotor.

  • Die Verbrennerlobby will noch ein paar Jahre auf dem heimischen/europäischen Markt überleben. Exportierbar werden diese Verbrenner kaum noch sein. Es ist wie einst die Kohlesubvention, verlangsamt die Umstellung.

    Die Politik läßt sich kaufen. Sie handelt im eigenen Interesse und im Interesse dieser Lobby.

    Da kann man sich schon fragen, ob die Wahldemokratie unter dem Einfluss/der Kaufkraft der Lobbies effizienter ist als die langfristig planende Autokratie China.

    Das zentrale Problem in der Politik ist die Korruption, und hier sieht man, zu welchen dramatischen Fehlentscheidungen das führt.

  • "Die Bundespressekonferenz geriet zu einem Hochamt der Tautologie. „Hocheffiziente Verbrenner sind Verbrenner, die hocheffizient sind“, erklärte ein Sprecher der Bundesregierung am Montag."

    Das ist eben Politik. Regierende dürfen das. Es ist nebensächlich, ob die Begründung hinreichend oder lächerlich ist. Das ist Macht. Das ist die Nutzung des Handlungsspielraums, die der Souverän der Regierung gegeben hat. Politik wägt Parameter ab und gewichtet sie. Derzeit wird Wirtschaft und die Angst vor einer Deindustrialisierung und der Verlust von Arbeitsplätzen eben stärker gewichtet.

    Das ist nicht zynisch, sondern lediglich nüchterne Betrachtung. Ohne Wertung.

    Was eine Wertung ist, ist dies: Hätte die Letzte Generation mit ihren dümmlichen Aktionen nicht so viel der wohlmeinenden Mitte vor den Kopf gestoßen und den Rechten Steilvorlagen gelierfert, das Klimaschutzlager stünde jetzt besser da und wäre nicht so geschwächt.

    Ich bin davon überzeugt, dass die Linke ihren Urfehler gemacht hat, indem sie sich selbst bekämpfte (Spalter) und das das jetzt die Quittung ist.

    Wenn es ganz dumm kommt, dürfen die Hersteller Placebo-Batterien einbauen, um die Hybrid-Klassifizierung zu bekommen.

  • Weia!



    Man kann nur hoffen, dass die hiesige Autoindustrie rechtzeitig selbst auf die Erkenntnis kommt, dass die Verbrennertechnologie in Autos abstirbt, eigentlich bereits in ihren letzten (Atem)zügen ist.

    Die paar alten weißen Männer in Mitteleuropa, die weiter die Umwelt mit ihren persönlichen Vorlieben schädigen wollen, werden sie nicht retten, die deutsche Autoindustrie.

  • Wenn man Hybridfahrzeuge erlauben will, dann soll man zumindest dafür sorgen, dass wirklich nur im Notfall mit Verbrenner oder Range-Extender gefahren. Wird, z.B. Dadurch dass Max 100 gefahren werden darf.

  • Mett sollte sich schämen, einen solch unsinnigen Begriff zu verwenden, wenn er danach keine auch nur halbwegs brauchbare Definition liefern kann.



    Er hält die Wähler offensichtlich für blöd, wenn er glaubt, dass diese ihn für einen solchen Unsinn wählen. Auf der anderen Seite muss man vielleicht blöd sein, wenn man einen solchen Politiker wählt.

  • Das ist die klima- und autoindustriepolitische Bankerotterklärung der €DU als auch der "s"pd.