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Gaza-HilfsflotteProvokationen gegen die Global Sumud Flotilla

Die Hilfsflotte ist noch etwa 200 Kilometer von Gaza entfernt. In der Nacht habe ein Marineschiff ihre Kommunikation unterbrochen, sagen Aktivisten.

Ein Schiff der Global Sumud Flotilla am 29. September nahe Kreta Foto: Imago/Orhan Fatih Doğan

Tunis taz | Die Besatzungen der Global Sumud Flotilla bereiten sich nach eigenen Angaben auf ein Zusammentreffen mit israelischen Sicherheitskräften vor. Am Dienstag hatten mehr als 40 Schiffe mit über 500 Aktivisten aus 44 Ländern an Bord eine von ihnen selbst definierte Hochrisikozone erreicht.

Der Konvoi ist zwar noch 121 Seemeilen, also 225 Kilometer und damit drei Tage Reisezeit von Gaza entfernt. Doch an ähnlicher Stelle hatte die israelische Marine im Juni das Schiff „Mad­leen“ gestürmt, auf der Greta Thunberg mit 11 Mitstreitern in einer ähnlichen Solidaritätsmission für die Bevölkerung in Gaza unterwegs war.

Thunbergs damalige Festnahme und Verbringung nach Israel hatten die Sumud-Aktivisten wohl vor Augen, als in der Nacht auf Mittwoch unbeleuchtete Marineschiffe zwischen ihren Booten auftauchten. Elektronische Störsender der israelischen Marine hätten die Kommunikation an Bord unterbrochen, so Sprecher der Flotilla. Die Besatzung habe Rettungswesten angelegt.

Ein israelisches Patrouillenboot habe sich bis auf wenige Meter der „Alma“, einem der Führungsschiffe der Sumud-Flotte, genähert. Als die Störsignale auch den Motor und die gesamte Stromversorgung lahmlegten, warfen viele Besatzungsmitglieder entsprechend eines vorher vereinbarten Sicherheitskonzepts ihre Mobiltelefone über Bord.

Krieg im Gazastreifen

Israel ruft zur Flucht auf Die verbliebenen Einwohner von Gaza-Stadt sollen sofort in den Süden fliehen. Wer bliebe, würde von der israelischen Armee als „Terrorist und Terroristen-Unterstützer betrachtet“, so Verteidigungsminister Israel Katz. Die Armee setzte ihre Offensive in der Stadt laut Augenzeugen mit unverminderter Härte fort. Nach Angaben der Hamas-Zivilbehörde wurden bei Angriffen auf eine zur Flüchtlingsunterkunft umfunktionierten Schule und ein Wohnhaus am Mittwoch mindestens 13 Menschen getötet.

Warten auf die Hamas Nach Präsentation des Friedensplans von US-Präsident Donald Trump für ein Ende des Gazakriegs wächst der Druck auf die militante Palästinenserorganisation Hamas, darauf zu reagieren. Der US-Präsident gab ihr am Dienstag „etwa drei oder vier Tage Zeit“, um auf seinen Plan zu reagieren. Die Hamas teilte mit, man prüfe ihn sorgfältig. International war das Vorhaben auch bei arabischen und muslimischen Vertretern auf positive Resonanz gestoßen. Am Dienstag reiste auch der türkische Geheimdienstchef Ibrahim Kalin für Gespräche mit der Hamas nach Katar. (dpa, afp)

Riskante Ausweichmanöver

Doch die Aktion blieb eine Warnung. Nach Abzug des Marineschiffs konnte die „Alma“ ihre Fahrt wie die anderen Boote in Richtung Gaza fortsetzen. Elena Delia, eine Sprecherin der Global Sumud Flotilla, nennt die engen Umrundungen der Sumud-Flotte durch die israelische Marine eine „gefährliche Provokationen“. Der Kapitän der „Alma“ habe nur durch riskante Ausweichmanöver eine Kollision im letzten Moment verhindern können.

Immer wieder wurde schon seit der Abfahrt der Schiffe aus Tunesien über Drohnenüberflüge berichtet. Militärexperten glauben, dass diese von dem Nato-Luftwaffenstützpunkt Sigonella gestartet waren, auf dem auch die israelische Luftwaffe präsent ist.

Nach dem Abwurf von brennenden Flüssigkeiten auf Sumud-Schiffe im Hafen von Tunis und später vor Kreta hatten zwei italienische Kriegsschiffe den Schutz übernommen. Während die italienischen Fregatten wie zuvor angekündigt wieder abgezogen sind, verbleiben zwei türkische und ein spanisches Marineschiff in Sichtweite.

Die Aktivisten an Bord rechnen nicht mit einer direkten Konfrontation der Nato-Soldaten mit den israelischen Sonderkommandos. „Unsere Sicherheit beruht ausschließlich auf der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit“, sagt der türkische Aktivist Muhammed Salih.

Israel unterstellt Besatzungen Nähe zur Hamas

Derweil unterstellt das Außenministerium in Jerusalem mit angeblich vor wenigen Tagen in Gaza gefundenen Dokumenten den Sumud-Besatzungen eine Nähe zur Hamas. Auf X geteilte und angeblich von dem getöteten Hamas-Anführer Ismail Hanijeh unterzeichnete Dokumente sollen beweisen, dass einige der spanischen Sumud-Boote mit Hamas-Geldern gekauft wurden. Verantwortlich sei Saif Abukechek, Geschäftsführer der in Spanien registrierten Firma Cyber Neptune.

Abuk­eshek und die Sumud-Sprecherin Elena Delia widersprechen. „Das ist die übliche Propaganda, ohne der Vorlage ernsthafter Beweise im Original“, so Delia.

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3 Kommentare

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  • Das sind schon keine Provokationen mehr das ist schon (Psycho-) Terrorismus. Was soll denn bitte Lahmlegen von Motoren und Stromversorgung, der Kommunikation, unbemerkt und unberechenbar nähern und zwar so, dass die Besatzung sich ständig in einer Psyche befindet, die jederzeit mit einem Angriff rechnen muss oder gar mit dem eigenen Tod. Denn zumindest bei türkischen Bürgern weiß man, dass die für Israelis vernachlässigbar sind und ohne Hemmungen erschossen werden. Wie schon für Israel folgenlos damals auf der Mavi Marmara.



    Im Gegensatz zu den wertvollen EU-Bürgern, mit deren Ländern man es sich nicht so verscherzen kann, um sie dann selbst zu dämonisieren, wie im Falle der Türkei, wo es ein möchtegern Diktator an der Macht ziemlich einfach macht.

    Daher finde ich ehrlich gesagt diese ganze Sache sehr spannend, denn ich kann es kaum abwarten zu sehen, wie die IDF einsehen muss, dass sie hier nicht wie üblich vorgehen kann, da sie es mit 500 Aktivisten und 40 Schiffen auf einmal zu tun hat! Wohin mit all den Leuten und den Schiffen. Gefängnisse sind voll, man bräuchte einen großen Teil der Armee, um der Lage der Verhaftung Hunderter+dem Festsetzen Dutzender Schiffe Herr zu werden!

    • @Edda:

      Ok, ich wurde inzwischen eines besseren belehrt!

      Tatsächlich haben sie ohne weiteres die Logistik aufgebracht über 400 Aktivisten zu verhaften und 41 Schiffe festzusetzen.

      Ich sag mal ganz wertefrei, ich bin beeindruckt!

  • Mir fehlt der Zusatz "Die Angaben beider Seiten sind nicht unabhängig überprüfbar". Oder gibt es unabhängige und neutrale Quellen zu diesem Vorfall?