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Polizist tötet Freundin mit DienstwaffeEs war kein „tragischer Unglücksfall“

Die Verteidigung argumentierte, er habe seine Pistole nur zeigen wollen. Aber das Gericht in Frankfurt erkannte einen heimtückischen Mord.

„Wollte nur mal seine Waffe zeigen“, die wohl dämlichste ausdenkbare Verteidigung Foto: Jan Huebner/imago

Frankfurt taz | Im Prozess gegen den Bundespolizisten aus Hessen, der mit seiner Dienstwaffe seine Freundin erschossen hat, ist am Dienstag am Frankfurter Landgericht das Urteil gefallen. Die Schwurgerichtskammer hat den 24-Jährigen wegen heimtückischen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der Bundespolizist tötete im Mai 2024 seine 23 Jahre alte Partnerin in Weilrod im Hochtaunus. Nach Darstellung seiner Verteidigung handelte es sich dabei um einen „tragischen Unglücksfall“. Er habe nach eigener Aussage lediglich seine Dienstwaffe zeigen wollen.

Doch der Frankfurter Richter kam zu dem Schluss, dass bei einem ausgebildeten Polizisten ein solcher „Unfall im privaten Raum“ nicht glaubhaft sei. Es habe sich im Gegenteil um „gezielte Schüsse in den Oberkörper mit Tötungsabsicht“ gehandelt. Der Polizist habe zuvor eine umfassende Schieß- und Waffenausbildung absolviert und sei teilweise schon im Praktikum mit Waffen eingesetzt worden. Bereits in der Ausbildung habe er den sorgfältigen Umgang mit der Dienstwaffe gelernt.

Dass ein Polizist seine Partnerin „aus Versehen“ töte, sei ausgeschlossen, erklärte der Richter. Zudem habe der Angeklagte zuvor „mindestens drei Mal über die tödliche Nutzung der Dienstwaffe nachgedacht“. Er war seit Dezember 2020 bei der Bundespolizei angestellt, zuvor hatte er am Frankfurter ­Flughafen gearbeitet. Kurz nach der Tat war ihm gekündigt worden.

Die Frau war wehrlos

Im Prozess habe der Angeklagte zudem seine Aussagen nicht konstant beibehalten und teilweise widersprüchliche Angaben gemacht, so der Richter. Teilweise habe er seine Dienstwaffe auch nicht ordnungsgemäß aufbewahrt, sondern sie zum Beispiel über Nacht in seinem Auto gelassen. Auch in früheren Beziehungen habe er Auseinandersetzungen mit seinen Partnerinnen gehabt, so soll er eine Ex-Freundin bedroht und ihr die Dienstwaffe in den Mund gesteckt haben. Bekannt wurde im Prozess außerdem der Alkoholkonsum des Täters. Laut dem Richter trank er regelmäßig, was auch mit der 23-Jährigen immer wieder zu Konflikten führte.

Am Tag der Tat fuhr der Täter in seiner Uniform und mit der Dienstwaffe zur Wohnung der Frau. Die Kugel traf sie am 15. Mai 2024 am Schlüsselbein. Als Polizei und Rettungskräfte vor Ort eintrafen, war die junge Frau bereits tot. Der Beschuldigte war ohne Widerstand festgenommen worden und befand sich seitdem in Untersuchungshaft. „Was an dem Tag in der Wohnung passiert ist, können wir nicht feststellen. Da waren zwei Menschen – einer ist tot“, erklärte der Richter am Dienstag. Man gehe aber davon aus, dass die junge Frau nicht wollte, dass der Täter in ihrer Wohnung trinkt. Laut dem Richter habe er schon früher damit ­Probleme gehabt, die Wünsche der ­Partnerinnen zu respektieren.

Der Mann war ursprünglich wegen Totschlags angeklagt. Die Kammer sowie die Staatsanwaltschaft gelangten jedoch im Laufe des Prozesses zur Überzeugung, dass die junge Frau heimtückisch getötet wurde. Hinweise auf einen Kampf seien dem Richter zufolge nicht festgestellt worden. Laut einem im Laufe des ­Prozesses erstellten Gutachten habe die 23-Jährige ihre Hände in Richtung des Schusses ­erhoben und sei wehrlos gewesen.

Gegen den 24-jährigen hessischen Polizisten lief der Prozess seit Mai 2024 mit insgesamt zehn Verhandlungster­minen am Frankfurter Landgericht.

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9 Kommentare

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  • Wie konnte dieser Mann noch Polizist sein, nachdem er schon mal eine Freundin mit der Waffe bedroht hat? Die wohl grundsätzlich vorhandene Frauenfeindlichkeit ist niemandem, keinem/r Kolleg*in, Ausbilder*in keinem Vorgesetzten (wahrscheinlich meist männlich) aufgefallen? Oder der Alkoholkonsum?

    • @Kal:

      "Die wohl grundsätzlich vorhandene Frauenfeindlichkeit ist niemandem, keinem/r Kolleg*in, Ausbilder*in keinem Vorgesetzten (wahrscheinlich meist männlich) aufgefallen?"

      Das kann bei einem so transparenten und kritikoffenen Umfeld wie der Polizei eigentlich die einzige Erklärung sein. Eine Serie von nicht weiter verbundenen Ignoranz-Einzelfällen.

    • @Kal:

      Der Artikel lässt die Möglichkeit zu, dass er sich nur gegenüber Beziehungspartnerinnen in Konflikten so verhält.

      Vielleicht haben die Exparznerinnen immer geschwiegen.

      Dann würde es einer Vorgesetzten nicht auffallen.

      Es gibt wirklich Leute, die saufen nur in ihrer Freizeit.

  • Ich bin auf die Urteilsbegründung gespannt. So, wie es im Artikel dargestellt wird, verstehe ich die "Heimtücke" nicht recht - diese ist meines Wissens nach definiert als die Tötung eines "arg- und wehrlosen Opfers" - die Wehrlosigkeit leuchtet ein, die Arglosigkeit bei der Schilderung im Artikel eher nicht. Aber darauf wird im Urteil sicher eingegangen werden.

    • @Agarack:

      "Arglosigkeit ist ganz allgemein ein Zustand, in dem der Betroffene nichts Böses ahnt und eine bevorstehende Gefahr nicht als solche zu erkennen vermag."

      Also dass die Frau nicht ahnt, dass ihr Freund sie gleich ermorden wird, ist doch wohl selbstverständlich.

  • "Auch in früheren Beziehungen habe er Auseinandersetzungen mit seinen Partnerinnen gehabt, so soll er eine Ex-Freundin bedroht und ihr die Dienstwaffe in den Mund gesteckt haben."

    Wie kann es sein, dass er noch im Polizeidienst tätig war, und ihm eine Waffe anvertraut wurde?

    • @pumble:

      Simpel.

      Die Exfreundin muss den Vorfall nur einfach nicht zur Anzeige bringen.

      Dann erfährt niemand auf Arbeit so schnell davon.

  • Nicht der einzige Mord durch PolizistInnen. Man sollte sich halt überlegen, ob man sie bevor man sie mit den Privilegien des Beamtentums zuschüttet, nicht nur auf körperliche Tüchtigkeit prüft, sondern eine Gewissensprüfung macht. Schon zu meiner Zeit als Wehrdienstverweigerer 1983 habe ich mich gefragt, was an einem Staat wohl schief läuft, der besoffenen Idioten eine scharfe Waffe in die Hand drückt (wer Wehrpflichtige 19jährige kennengelernt hat, weiß, wovon ich spreche), Menschen, die bezeugen, dass sie keinen anderen töten wollen, aber einer Gewissensprüfung unterzieht.

    Wer nicht töten will, ist suspekt? Hat sich nicht viel geändert seit damals.

    Auch NSU2.0 zeigt, dass man PolitistInnen offenbar nicht (sehr gründlich) auf ihre Haltung zum Grundgesetz oder wenigstens den basalen Menschenrechten prüft. Aber man drückt ihnen Waffen in die Hand.

    • @Jalella:

      Da Sie keinen Wehrdienst geleistet haben kennen Sie auch die Regeln der Bw mit Waffen nicht. Aber Sie wissen, das 19 jährige besoffene Idioten damit im Dienst herumhantieren? Interessant.