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Elektronische PatientenakteAkten digital, aber oft noch leer

Für Befunde haben inzwischen fast alle Kassenpatienten eine digitale Akte. Viele nutzen sie noch nicht aktiv, kritisiert der Hausärzteverband.

Die elektronische Patientenakte ist da, aber wird kaum benutzt Foto: Daniel Karmann/dpa

Berlin dpa | Der Hausärzteverband warnt vor einem Scheitern der elektronischen Patientenakte (ePA) und fordert von den Krankenkassen eine bessere Aufklärung. „Die Zahl der aktiven Nutzer ist ernüchternd. Wenn die Verantwortlichen weiter machen wie bisher, dann wird eines der wichtigsten versorgungspolitischen Projekte der letzten Jahre langsam, aber sicher scheitern“, sagte der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Markus Beier, der Rheinischen Post. Es drohe „eine Bruchlandung“.

Hintergrund ist, dass Millionen Versicherte für sie eingerichtete E-Akten bisher noch nicht aktiv nutzen, um eigene Gesundheitsdaten anzusehen oder auch sensible Inhalte zu sperren. Nach einer Reform der Ampel-Koalition haben 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten seit Januar eine ePA von der Kasse bekommen. Dabei gilt: Wer keine möchte, muss aktiv widersprechen. Und: Man kann in seine ePA hineinschauen, muss es aber auch nicht.

Der Betrieb in Praxen und Kliniken wird derzeit bundesweit ausgedehnt – ab Oktober sind sie dann auch verpflichtet, wichtige Daten in die ePA einzustellen. Beier wies auf Probleme hin, etwa einen komplizierten Registrierungsprozess und störanfällige Technik. Die meisten Patienten hätten auch noch kaum etwas von der ePA mitbekommen.

„Die Krankenkassen sind aufgefordert, ihre riesigen Verwaltungsbudgets dafür zu nutzen, endlich eine vernünftige Aufklärung ihrer Versicherten sicherzustellen.“ Bislang hätten sie sich darauf beschränkt, Briefe mit allgemeinen Informationen zu verschicken.

Auch Ärzte in der Pflicht

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, für eine Bruchlandung der ePA wären niedergelassene Ärzte und Kliniken selbst verantwortlich. „Schließlich müssen sie die Daten der Patienten einpflegen“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „Versicherte können nur Inhalte steuern, die da sind.“ Eine Informationspflicht liege außerdem auch bei den Leistungserbringern, nicht nur bei den Kassen.

Millionen Versicherte nutzen ihre ePA noch nicht für sich selbst, wie es auf Anfrage bei großen Kassen hieß. Bei der Techniker Krankenkasse sind elf Millionen E-Akten angelegt, aktiv nutzen sie 750.000 Versicherte. Die Barmer hat 7,8 Millionen angelegte ePAs und etwa 250.000 aktive Nutzer.

Zur ersten Verwendung der App muss man sich generell zunächst identifizieren und freischalten lassen. Bei den elf Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) mit 25,8 Millionen bestehenden E-Akten haben bisher 200.000 Versicherte dafür eine persönliche Gesundheits-ID angelegt, die ihnen den Zugriff ermöglicht.

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9 Kommentare

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  • Nutzen? Da wird man eher ausgenutzt.



    Solange die Industrie mehr Zugriffsrechte auf meine Daten bekommt als ich selbst, kann ich den Mist nicht ernst nehmen.



    Es geht um Futter für diverse "KI" und damit um Geld, wie immer.



    WIR sind dem Konglomerat aus Politik und Industrie da nur als Rohstoff wichtig.

  • Der ePA habe ich widersprochen und das ist gut so! Datenleaks und -klau; die historische Erfahrung, dass Staaten und Unternehmen jeden Zugriff auf Daten für eigene (und sachfremde) Zwecke nutzen (Bestes Beispiel dafür sind die Lochkarten der Meldebehörde in Amsterdam, die den Deutschen schnellen Zugriff auf alle in der Stadt registrierten Juden ermöglicht haben.); und der wiederkehrende Ärger mit Anwendungen, die abstürzen und keinen vernünftigen Kundenservice bieten, auch wenn man sie mal wirklich braucht. Als Patient bekomme ich auch mit ePa keinen früheren Termin und darf in Wartezimmern ausharren.

    Meine „kritische Datenstruktur“ ist mir zu wichtig, als sie irgendwelchen Nerds, Geschäftemachern oder Zukunftsgestaltern zu überlassen. Darum erwarte ich von einer sog. demokratischen Regierung auch, dass sie den gleichberechtigten Zugang zu „analogen“ Lösungen für alle grundsätzlichen Handlungen des alltäglichen Lebens garantiert.

  • nicht-smartphone-nutzer sind mal wieder aussen vor

  • Haha, meine 85jährige Mutter ist froh, dass sie eine Textnachricht öffnen kann und je nach Verfassung und Auffassungsgabe beantworten kann.



    Ich persönlich möchte keine Diagnosen und Behandlungen für Forschungszwecke freigeben. Wenn die Pharma-Industrie diese benötigt, soll diese die Daten von Freiwilligen selbst sammeln.



    Für Personen mit psychischen Erkrankungen ist die ePA fatal. Wenn durch die CDU und CSU betrieben das Gesetz kommt, dass medizinische Einrichtungen Daten mit der Polizei austauschen müssen und sogar sichergestellt werden soll, dass Medikamenten-Einnahme ambulant überwacht wird ist der Durchgriff zur Patientenakte nicht mehr weit.



    Weil ich einmal wahrheitsgemäß bei einer privaten Versicherung angegeben hatte eine Psychotherapie in meinen 20ern in Anspruch genommen zu haben, wurde ich in meinen 30ern von 3 Versicherungen abgelehnt, als ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen wollte. Als Erfahrung reicht mir das.

  • Ich kann bei der TK gar keine Akte anlegen. Jedenfalls kann ich sie seit Monaten nicht aufrufen. Technischer Fehler.

    Und wie bei der HKK war es ein technischer Eiertanz, sich erst mal zu registrieren. Wir haben den ePersonalausweis - und trotzdem brauchen wir die Krankenkassenkarte?!

    Und dazu kommt die typisch deutsche Weltuntergangsstimmung bei dem Thema.

    • @Peter Rabe:

      bin auch bei der tk, halte allerdings wg. einiger kritik nix von der el.gesundheitskarte. sieht ganz danach aus, daß die ein großer flop wird.

  • Das Nachfolgende klingt gehässiger als es sollte:

    Wofür sollte ich den Zugriff auf meine ePA beantragen, wenn ich mir absolut sicher bin, in ein paar Jahren durch ein Datenleak auch öffentlich darauf Zugriff zu haben.

    Es ist die Natur von modernen IT Projekten die es mir zu ertragen gilt.

    • @Stubenhocker1337:

      "...wenn ich mir absolut sicher bin, in ein paar Jahren durch ein Datenleak auch öffentlich darauf Zugriff zu haben."



      /



      Ist was dran:



      aerzteblatt.de Januar 2025



      "Erpressung, mögliche physische Angriffe sowie Vertrauensverlust in das staatliche System – Hackeran­griffe auf Gesundheitsdaten können weitreichende Folgen für Einzelne, aber auch auf die ganze Gesellschaft haben. Spätestens seitdem der Chaos Computer Club (CCC) Ende Dezember Sicherheitslücken in der technischen Infrastruktur der elektronischen Patientenakte (ePA) entdeckt hatte, ist das Thema näher gerückt."



      Mai 2025 zum selben Thema



      "Der Chaos Computer Club (CCC) bestätigte Informationen des Spiegel, wonach es weiterhin erhebliche Schwachstellen gibt. Wie das Magazin berichtet, gelang es Hackern des Clubs, auch eine neu hinzugefügte zentrale Schutzvorkehrung zu überwinden. Demnach ist es sogar möglich, auf eine konkrete Patientenakte zuzugreifen. Damit würde die ePA nicht die vorgegebenen Sicherheitsanforderung erfüllen.



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