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Vorwahlen um BürgermeisterkandidaturLichtblick in New York

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Tausende Freiwillige, Tür-zu-Tür-Wahlkampf, Lebenshaltungskosten als Hauptthema – so wie der New Yorker Demokrat Zohran Mamdani gewinnt man Wahlen von Links.

a star is born: Zohran Mamdani Foto: Laura Brett/Zuma/imago

E in junger Linker gewinnt die Vorwahlen der Demokratischen Partei um die Bürgermeisterkandidatur in New York: Zohran Mamdani, 33, als Sohn indischstämmiger Eltern in Uganda geboren, setzt sich deutlich gegen den doppelt so alten ehemaligen New Yorker Gouerneur Andrew Cuomo durch. Ein echter Lichtblick in den USA Donald Trumps.

Mamdanis Wahlsieg ähnelt einerseits jüngsten Erfolgen der Linken in Deutschland: Tausende Freiwillige, Tür-zu-Tür-Wahlkampf, Lebenshaltungskosten und insbesondere Wohnungsmieten als Hauptthema in einer Stadt, die immer noch ein bisschen unbezahlbarer wird und in der die Immobilienfirmen seinen Gegenkandidaten unterstützten.

Aber Mamdanis Überraschungserfolg ist auch eine klare Absage an das Establishment der Demokratischen Partei, das sich zuletzt noch durch einen Unterstützungsaufruf Bill Clintons klar für Cuomo positioniert hatte. Dazu gehört in New York auch Chuck Schumer, der Minderheitsführer der Demokraten im Senat. Schumer symbolisiert eine lahme, uninspirierte Oppositionspolitik gegen den autoritär-faschistischen Staatsumbau, wie ihn Trumps Regierung vorantreibt.

Auf der anderen Seite des Spektrums der Demokraten stehen der alte linke Senator Bernie Sanders und die junge New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die unter dem Motto „Stoppt die Oligarchie!“ in den ganzen USA Großveranstaltungen organisieren und Widerstand zu mobilisieren versuchen. Mamdani hatte ihre Unterstützung – sein Sieg ist ein Statement.

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Allerdings ist New York nicht nur die größte, sondern auch eine der liberalsten US-Städte und insofern nur bedingt aussagekräftig für Trends im Land. Und: Sollte Mamdani im November gewinnen, muss er unter massivem Beschuss von rechts eine riesige Kommunalverwaltung gut regieren und Allianzen bilden, um wenigstens einen Teil seiner Agenda von Mietpreisdeckel bis kostenlosem ÖPNV umzusetzen. Von der Euphorie zur Enttäuschung kann der Weg für Linke sehr kurz sein.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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3 Kommentare

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  • Der Kandidat ist gerade kein "echter Lichtblick", sondern Inbegriff einer dysfunktionalen Linken. Zohran Mamdani hat ein Antisemitismus-Problem und wie bei der deutschen Linkspartei scheint sein Aufstieg auch damit zusammenzuhängen, dass er am jüdischen Staat und am Zionismus in mehr oder weniger chiffrierter Form ausagiert, was sich über "die Juden" heutzutage nicht mehr einfach sagen lässt ohne sich selbst zu entlarven.



    Die Gegenwartslinke drückt sich immer noch um radikale Herrschaftskritik herum, stattdessen prügelt sie in allzu christlicher Manier auf das Judentum, "die anthropomorphe Darstellung der unpersönlichen Herrschaft" (Detlev Claussen), ein. Denn eigentlich möchte man sich mit der bestehenden Herrschaftsordnung arrangieren, während man sich zugleich den subversiven Anstrich des Sozialismus gibt.



    Aber hey, ich freue mich jetzt schon auf die spannenden Rechtfertigungen anderer Foristen, die mir erklären werden, weshalb der Slogan "globalize the Intifada" eigentlich total harmlos ist und man bei der "Israelkritik" auch mal ein Auge zudrücken muss.

    • @Taugenichts:

      Ein Politiker, der es sich mit der größten Gruppe verscherzen würde? Oder verwechseln Sie gerade Kritik am netanyahu-israelischen Vorgehen denksparsam mit "Antisemitismus"? Kritik, die viele Juden in Stadt und Staat New York ja durchaus teilen. Die sind im Schnitt viel offener für Fairness und Gerechtigkeit als irgendwelche Siedleristen in der Levante. Die wollen keinen nationalistisch-unfairen Staat weiterwuchern sehen.



      Dass ich Ihnen das noch erklären musste, ok. Aber gern geschehen.

  • "Mamdanis Wahlsieg ähnelt einerseits jüngsten Erfolgen der Linken in Deutschland"

    Ja, hoffen wir dass er seine Wähler nicht genau so verrät wie die Linken uns mit ihrer Untätigkeit um Merz zu verhindern und dann noch am selben Tag den zweiten Wahlgang zu ermöglichen, ohne konkrete Gegenleistung.

    "Auf der anderen Seite des Spektrums der Demokraten stehen der alte linke Senator Bernie Sanders und die junge New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die unter dem Motto „Stoppt die Oligarchie!“ "

    Es war ein wenig traurig und typisch (positive Über statt Gleichbewertung von weiblichen Personen in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren,gerade links) zu sehen in der live Bericherstattung wie die Reporter und Hosts sich auf nur AOC einschossen und was dies für sie bedeutete, das Bernie ja versagt hätte nicht nach NYC zu kommen,was er in Kansas tue, ohne zu erkennen, dass es die DSA so stark in NYC ohne ihn und seine 10-jährige organizing Arbeit wohl nicht gegeben hätte.

    Wenn auch ich immer noch angepisst bin ob seiner Aufgabe ggü. Hillary Bomb'em Clinton damals, da er ja nachweislich (Fahrenheit 11/9 by Michael Moore) gewonnen hatte, was auch gegenwärtig klar war.