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Steuerdieb Kai-Uwe SteckWarum er trotz Cum-Ex nicht ins Gefängnis muss

Der Anwalt und Berater hat sich zu Unrecht um 50 Millionen bereichert. Nun wurde er verurteilt – aber nur auf Bewährung. Und das hat Gründe.

Der angeklagte Rechtsanwalt Kai-Uwe Steck Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Er hat ausgepackt. Immer wieder, und das sogar im Fernsehen: 2019 gab Kai-Uwe Steck mit Maske und unter Pseudo­nym in der NDR-Sendung „Panorama“ ein Interview, in dem er sich reumütig zeigte und seine Cum-Ex-Geschäfte als industrielle „Teufelsmaschine“ bezeichnete.

Zuvor war der 53-jährige Rechtsanwalt insgesamt 250 Stunden lang von unterschiedlichen Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden vernommen worden. Dabei belastete er andere Angeklagte mit seinen Aussagen, in insgesamt elf Gerichtsverfahren trat er in den Zeugenstand.

Am Dienstag verhängte das Bonner Landgericht wegen besonders schweren Steuerbetrugs in fünf Fällen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten gegen Steck. Sie wurde zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem ordnete das Gericht die Einziehung von rund 24 Millionen Euro bei Steck an.

Er ist eine zentrale Figur im größten Steuerskandal der Bundesrepublik, der Cum-Ex-Affäre. „Der Angeklagte hat durch sein Tun einen Steuerschaden von knapp einer halben Milliarde Euro mitverursacht“, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Hausen. Aber Steck hat der Justiz auch maßgeblich bei der Aufklärung geholfen – deshalb die vergleichsweise milde Strafe. Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten plädiert.

Die Verteidigung hatte sogar eine Einstellung des Verfahrens gefordert: Der bußwillige Steck sei „zum Spielball taktischer Überlegungen der Anklagebehörde“ geworden, weil er immer wieder als Zeuge in verschiedene Cum-Ex-Verfahren geschickt worden war. Der Angeklagte hatte dabei die Vorwürfe keineswegs bestritten. „All das, was ihm hier vorgeworfen wurde, beruht zu wesentlichen Teilen auf seinen eigenen Angaben“, sagte sein Rechtsanwalt Gerhard Strate.

Nach Darstellung der Verteidigung sei Steck sogar die Einstellung des 2013 eingeleiteten Ermittlungsverfahrens in Aussicht gestellt worden. Dann habe man ihn aber jahrelang zappeln lassen. „Das Verhalten der Staatsanwaltschaft ist schäbig“, sagte Strate und warf der Kölner Behörde schwere Fehler vor. Während der Ausführungen seines Anwalts saß Steck in sich gesunken da. Bislang lebte er in der Schweiz und arbeitete dort als Anwalt und Berater.

Steck war Kanzleipartner von „Mr. Cum Ex“ Hanno Berger, der als treibende Kraft der zwielichtigen Geschäfte gilt. „Der jüngere Dr. Steck schloss sich dem älteren Dr. Berger an, um in dessen Fahrwasser Karriere zu machen“, sagte Staatsanwalt Jan Schletz. Spätestens 2006 hätten die beiden beschlossen, mit Cum-Ex Kasse zu machen, „um Dritte und vor allem sich selbst zulasten des Fiskus zu bereichern“. Berger, der nicht bereut hat, ist inzwischen rechtskräftig verurteilt – zu einer Haftstrafe von acht Jahren und drei Monaten.

Bei den Cum-Ex-Deals, deren Hochphase bis 2011 anhielt, hatten sich Banken und Investoren nie gezahlte Kapitalertragsteuern erstatten lassen. Damit prellten sie den Staat um insgesamt mindestens 10 Milliarden Euro. Ihre willigen Helfer: Anwälte wie Berger und Steck. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter gar nicht gezahlte Steuern. Erst 2012 wurde die Gesetzeslücke geschlossen. 2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.

An anderen Gerichten droht Steck indes noch Ungemach. Nach eigener Aussage hat er 50 Millionen Euro an Cum-Ex verdient.

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15 Kommentare

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  • "An anderen Gerichten droht Steck indes noch Ungemach. Nach eigener Aussage hat er 50 Millionen Euro an Cum-Ex verdient."



    - Das Geld hat er nicht verdient, sondern gestohlen !

    Lustig, dass es in diesem Land ein Urteil des Bundesgerichtshofes braucht, festzustellen, dass es illegal ist, sich nicht gezahlte Steuern "erstatten" zu lassen...

    • @Gerald Stolten:

      "Das Geld hat er nicht verdient, sondern gestohlen !"

      Die meisten Leute verdienen mehr, als sie bekommen. Hier ist es eindeutig andersrum.

  • In einem Artikel über Cum-Ex, das 10 Mrd Schaden verursacht hat, sollte zumindest kurz erwähnt werden, dass Cum-Cum weitere 28 Mrd. Schäden verursacht hat und der Betrug weiterläuft laut ehem. Staatsanwältin Brorhilker und Finanzwende.de .



    Und man sollte mal darüber nachdenken, dass man Politiker, die seit Eichel nichts dagegen gemacht haben, ihre Rentenansprüche erheblich kürzt, denn die haben nicht, wie von ihnen geschworen, Schaden vom deutschen Volk abgewendet.

  • "Nach eigener Aussage hat er 50 Millionen Euro an Cum-Ex verdient."



    Verdient? Wohl bestenfalls: "... eingenommen". Oder "... ergaunert?"

  • Wer so einen finanziellen Schaden verursacht und ihn nicht wieder gut machen kann, darf nie wieder eigenes Geld in die Hände bekommen.

  • Tja...Es ist aber auch für den Rechtsstaat wichtiger, die bösen Schwarzfahrer, die sich eine Fahrt für 5€ erschleichen, wegzusperren.

  • Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Wobei - beim Steuerbetrug in höherer zweistelliger Milliardenhöhe (die kursierenden Zahlen sind regelmäßig zu niedrig, außerdem gehen die "Geschäfte" weiter) gilt selbst das nur sehr bedingt. Da sind Schlüsselfiguren auf einmal nicht mehr prozessfähig, andere können sich an nichts erinnern, das Übliche halt, wenn man in diesen Sphären präziser hinlangt. Parallel wurden klammheimlich Verjährungsfristen reduziert und die Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker vergrault, die ihren Job ernstnahm. Sie ist jetzt bei der Bürgerbewegung Finanzwende und fordert eine effektive Kontrolle dieser Plünderungen und Rückgewinnung der ergaunerten Kohle. Mit 70 Mrd könnte man eine Menge Brücken reparieren.

    Gehen Sie weiter, gibt nix zu sehen hier. Übrigens - die Migranten, was die uns kosten ...

  • Naja wenn ein paar Millionen übrigbleiben, dann ist er ja bei einer Bewährungsstrafe noch mit einem Plus rausgegangen.

    Ich meine nicht dass man ihn ins Gefängnis stecken sollte, ich wüsste in den allermeisten Fällen eh nicht was Gefängnisstrafen bringen sollten; aber der Staat sollte doch sicherstellen, dass der Typ keinen Cent von der Kohle behalten kann und gegebenfalls den Rest seines Lebens abbezahlt, im Sinne der Generalprävention.

    • @David Palme:

      "Ich meine nicht dass man ihn ins Gefängnis stecken sollte, ich wüsste in den allermeisten Fällen eh nicht was Gefängnisstrafen bringen sollten"



      Ob dieser Typ nun im Knast sitzt oder nicht kann uns egal sein, wenn wir uns nicht an Rachegelüsten ergötzen. Aber eine Gefängsnisstrafe hat vor allem abschreckende Wirkung. Sie kann signalisieren: wenn du den Staat bescheißt, wird er dir die Freiheit nehmen. Eine Bewährungsstrafe kann dagegen durchaus als "du kannst eigentlich machen, was du willst, solange du später deine Komplizen verpfeifst" gelesen werden.

    • @David Palme:

      Er hat schon vor dem Prozess etliche Mio freiwillig abgetreten, und mit der neuen Einziehung sollte er, wenn (!) die Zahlen richtig sind, ein Minus gemacht haben.

  • 500 Mio Schaden verursacht dabei aber nur 50 Mio verdient? Wers glaubt. Der hat seine Schäfchen im Trockenem. Darum kann er auch ganz entspannt "bereuen".

    • @Klassenkleinste:

      Wer's glaubt hat einfach den Text vollständig verstanden.

    • @Klassenkleinste:

      Die Cum-ex-Geschäfte haben ja andere gemacht, der Anwalt erhält hier "nur" ein "Beratungshonorar".

      • @Samvim:

        „um Dritte und vor allem sich selbst zulasten des Fiskus zu bereichern“.

        so stehts im Text. Also nix von wegen die Anderen hätten sich mehr bereichert als er selbst sondern eben genau umgekehrt.

        • @Klassenkleinste:

          Na wenn's im Text steht...