„Hofnarr“-Äußerung über Joe Chialo: Olaf Scholz ist kein Rassist
Die „Hofnarr“-Affäre ist kein Skandal, sondern erzählt viel über Kampagnenjournalismus. Das Image von Kanzler Scholz hat trotzdem Kratzer bekommen.
![](https://taz.de/picture/7528912/14/37666884-1.jpeg)
K anzler Olaf Scholz hat den Berliner CDU-Kultursenator Joe Chialo auf einer privaten Party am 2. Februar als „Hofnarr“ der CDU bezeichnet. Der Focus versucht dies als rassistische Beleidigung zu skandalisieren. Scholz, so insinuiert das Medium, habe Chialo als schwarzem Politiker vorgeworfen, der Union als Feigenblatt für die Annäherung der Merz-Union an die AfD zu dienen.
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Der Kanzler – ein Rassist? Das ist ein gravierender Vorwurf. Er stimmt nicht. Rassistisch wäre es gewesen, Chialo persönlich wegen seiner Hautfarbe anzugreifen und eine Rolle zuzuweisen. So war es offenbar nicht. Der Kanzler hat Chialo als Vertreter des liberalen Flügels der Christdemokraten kritisiert, die Merz' Schwenk Richtung AfD stumm verfolgten. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Chialo betont nun in einer Erklärung, „Scholz nicht für einen Rassisten zu halten“, gleichwohl sei seine Kritik „herabwürdigend und verletzend“ gewesen.
Und jetzt? Offenbar hat Kampagenjournalismus Konjunktur. Focus-Chefredakteur Georg Meck, der bei dem Gespräch am 2. Februar dabei war, musste offenbar 10 Tage lang grübeln, ob das publizierbar war. Oder hat er gewartet, um näher am Wahltermin zu sein? Misstrauisch macht, dass der Focus eine Neigung zu laxem Umgang mit der Wahrheit hat, wenn es um die SPD geht.
Die Merz-Union hat im Bundestag die AfD und deren offenen Rassismus salonfähig gemacht. Dieses Tor ist offen – egal, wie oft Friedrich Merz beteuert, dass da nie ein Tor war. Scholz war Anfang Februar fassungslos entsetzt, dass die Union aus purem Wahlkampfkalkül mit Rechtsextremen paktierte. Er hat sich aus Empörung zu ein paar harten Worten hinreißen lassen. Inhaltlich war die Kritik an dem liberalen CDUler richtig. Für einen Bundeskanzler war die Wortwahl gleichwohl zu hart.
Wer hat den Schaden? Die Union wirkt skrupellos, weil sie den vermeintlichen Skandal gierig ausnutzen wollte. Scholz will ruhig, nervenstark und besonnen wirken – wie das Gegenbild des wankelmütigen Merz. Dieses Image hat Kratzer.
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