piwik no script img

Wahlplakate der GrünenHört auf mit den Doppelpunkten

Die Grünen lieben sie: Die Doppelpunkte. Kein Wahlplakat kommt ohne das Satzzeichen aus, dabei sagt das mehr über sie aus, als ihnen wohl lieb ist.

Satzzeichen gewordener Politikstil: Foto: Achille Abboud/imago

Berlin taz | Die Plagiatsaffäre hat Robert Habeck überstanden, bevor sie richtig Fahrt aufnehmen konnte. Das mag auch daran liegen, dass die Grünen diesmal nicht in die Katastrophe hineingestolpert sind, sondern, anders als im Wahlkampf vor vier Jahren, eine professionelle Krisenkommunikation hatten. Eine größere Rolle dürfte aber gespielt haben, dass den seriösen Medien bekannt ist, wie mit Plagiatsvorwürfen Politik gemacht wird. Das ist spätestens seit der Hetzjagd auf eine SZ-Kollegin, der vorgeworfen wurde, Text bei anderen abzuschreiben, der Fall.

Nun kann sich die Öffentlichkeit wieder wichtigeren Fragen zuwenden: dem Doppelpunkt zum Beispiel. Denn der ist der eigentliche Skandal der Grünen-Kampagne und ein Fall für die Sprach­polizei. Alle Slogans auf den Plakaten der Grünen haben das gleiche Muster. Mit dem Doppelpunkt wird ein Satz, der wunderbar auch ohne die Unterbrechung funktionieren würde, durchtrennt. Ein paar Beispiele: Frieden und Freiheit: Sichern! – Schulen und Kitas: Sanieren! – Natur und Klima: Schützen! Was möchte die Grünen uns damit: sagen?

Der Doppelpunkt soll offenbar Sätzen eine Bedeutung verleihen, die sie ohne das Satzzeichen nicht haben. Denn wer ist schon dagegen, Kitas zu sanieren oder das Klima zu schützen? Aus einer banalen Forderung, die jede Partei auf ihr Plakat drucken könnte, soll durch den Doppelpunkt etwas Besonderes werden. Der Doppelpunkt ist damit der Satzzeichen gewordene Politikstil von Robert Habeck. Sätze dramatisch und mit Denkpausen aussprechen, damit sie eine neue Bedeutung bekommen. Habeck bezeichnet seinen Politikstil als Bündnispolitik. Der Doppelpunkt, das ist das Bündnis zwischen zwei Sätzen.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

1992 hat der Sprachkritiker Wolf Schneider in der Neuen Zürcher Zeitung einen Text geschrieben über die Satzzeichenarmut in deutschen Texten. Er plädierte dafür, nicht nur Kommas und Punkte zu verteilen, sondern auch den Gedankenstrich, das Semikolon und eben den Doppelpunkt zu benutzen, den er als „federndes Scharnier“ eines Textes bezeichnete. Der Doppelpunkt baue dem Leser eine Brücke.

Doppelpunkte im ganzen Land

An der heute grassierenden Doppel­punktschwemme an Stellen, an denen nach den Regeln der Rechtschreibung gar kein Satzzeichen notwendig wäre, hätte Schneider aber sicherlich etwas auszusetzen. Ein taz-Kollege vermutet, dass die Liebe zum Doppelpunkt einst auf der Seite Drei der Süddeutschen geboren wurde und sich von dort aus in den Zeitungsredaktionen des Landes vermehrt hat.

Auch wenn der Ursprung ungeklärt ist, heute benutzen Journalisten gern den Doppelpunkt, wenn ihnen ihr eigener Satz zu fad ist und sie sich in den nächsten retten wollen. Man könnte also den Doppelpunkt der Grünen als ein Plagiat am Zeitgeist verstehen. Wenn morgen die Sprachpolizei mit einem Durchsuchungsbeschluss bei Robert Habeck klingelt: Problem. Bleibt für die Grünen die Hoffnung, dass sich ihre Wähler in der Wahlkabine an das einzig korrekte Zeichen erinnern, das Kreuz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • am besten finde ich das Wahlplakat von Robert auf dem steht:



    wir schützen nicht das Klima: sondern Menschen.



    Der erste Satz ist zur Abwechslung mal eine ungeschminkte, ehrliche Aussage mit hohem wahrheitsgehalt. An dieses Versprechen immerhin, haben die regierenden sich ja in den letzten jahren konsequent gehalten.

  • Das neue Gendern...

  • Heute im Briefkasten ein Faltblatt von den Grünen. Viel Text, aber kein Wort über das, was Deutschland am meisten bewegt: Migrationspolitik.



    Problem: aussitzen ist wohl angesagt.

  • Zeichen setzen ist nicht nur für Journalisten wichtig und hilfreich, auch Parteien müssen das tun, und sollten es nicht lassen; gerade in diesen Zeiten.

  • Ganz ehrlich? Das hier ist für mich der einer der sinnlosesten Journalisten-Beiträge zum Wahlkampf 2025. Der Doppelpunkt auf dem Seziertisch der Küchenpsychologie.



    Aber wenn‘s Spaß macht...

  • "...sondern, anders als im Wahlkampf vor vier Jahren, eine professionelle Krisenkommunikation hatten. Eine größere Rolle dürfte aber gespielt haben, dass den seriösen Medien bekannt ist, wie mit Plagiatsvorwürfen Politik gemacht wird. "

    Doppelpunkte hin oder her - mein Steckenpferd ist der Gedankenstrich - ist vermutlich der Grund für die geringe Wirkung des Weber'schen Anschütten gegen Habeck, dass im Gegensatz zu den historischen Fällen seine "Vergehen" tatsächlich Kinkerlitzchen sind.

  • Die Mehrheit der Wähler:innen will bestimmt weniger Doppelpunkte.

    Nur interessieren sich Journalist:innen und Politiker: innen wenig dafür.

    Sie signalisieren halt, dass die Autor: innen zur Oberschicht gehören.

  • Doppelpunkte: Hört auf damit. Danke!

  • Der Doppelpunkt ist noch das kleinste Problem in diesem unseren Lande...

  • Schon eine leichte Wendung reicht, um aus einem doppelten Doppelpunkt ein Kreuz am Wahltag zu machen. Ob das der Gedanke der plakativen PlagArt ist?

  • Das Problem sind nicht Doppelpunkte:



    Das Problem ist Trumpsprech:



    ´Er kann nicht Kanzler´



    ´Doppelwums´

    Inklusion bedeutet nicht, sich aus Rücksicht auf Grenzdebile sich zum Sprachvollhonk zu machen.



    So sad - make german great again



    N.B. dieGrünen könnten es mal mit folgendem Spruch probieren:



    Mehr Genderintelligenz wagen: _*innen ♥ ¯\_(°!°)_/¯



    Kostet mindestens so viele Stimmen wie das Veggidaydesaster - war ja auch ein Intelligentest, in dem ein Gutteil der Leitkulturvolker versagte.

  • Zeichensetzung! Macht! Spass!

    ... wäre vielleicht auch etwas für ein Wahlplakat.

    • @Der dreckich Katz:

      Aber nur, wenn Die Partei die 5%-Hürde schafft.