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Abschiedsrede von Joe BidenWarnung vor einer Oligarchie

In seiner letzten Rede als US-Präsident prangert Biden die gefährliche Machtkonzentration einiger Superreicher an. Die Demokratie sei akut bedroht.

Joe Biden bei seiner Abschiedsrede am Mittwoch Foto: Mandel Ngan/AP

Washington taz | Der scheidende US-Präsident Joe Biden hat wenige Tage vor seinem Amtsende eine ominöse Abschiedsrede gehalten, in der er davor warnt, dass Amerika immer mehr zu einer „Oligarchie“ der Superreichen verkomme.

Es war mit höchster Wahrscheinlichkeit das letzte Mal, dass Biden in seiner Eigenschaft als Präsident zur US-Bevölkerung sprach. Am kommenden Montag werden er und seine Regierung das Zepter an Donald Trump und dessen Team übergeben. Doch zuvor nutzte der 82-Jährige am Mittwochabend das Machtsymbol der US-Präsidentschaft, um seinen Bedenken über die Zukunft des Landes Nachdruck zu verleihen.

„Heute bildet sich in Amerika eine Oligarchie von extremem Reichtum, Macht und Einfluss, die buchstäblich unsere gesamte Demokratie, unsere Grundrechte und Freiheiten und eine faire Chance für jeden, voranzukommen, bedroht“, sagte Biden aus dem Oval Office des Weißes Hauses.

Ohne seinen Nachfolger Trump oder dessen Unterstützer Tesla-Gründer Elon Musk beim Namen zu nennen, machte Biden in seiner Rede klare Anspielungen, vor wem er seine Mitbürger warnte. Laut Biden gäbe es in Amerika „eine gefährliche Machtkonzentration in den Händen einiger weniger Superreicher“. Sollte dem von ihnen ausgeübten „Machtmissbrauch“ kein Einhalt geboten werden, dann hätte dies gefährliche Folgen.

Gelder gespendet

Die Warnung vor einer Oligarchie kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Milliardäre, vor allem aus dem Technologiesektor, darunter Musk, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und Amazon-Gründer Jeff Bezos, versuchen, die neue Trump-Regierung zu umgarnen. Musk hatte Trumps Wahlkampf mit mehr als 250 Millionen Dollar unterstützt. Zuckerberg und Bezos haben Gelder für Trumps bevorstehende Amtsantrittsfeier gespendet und sich mit dem zukünftigen Präsidenten in dessen Anwesen Mar-a-Lago getroffen.

Biden verglich den Einfluss der Superreichen im heutigen Amerika mit dem der sogenannten „Robber Barons“ vor mehr als 100 Jahren und sagte, die US-Bevölkerung müsse sich dagegen wehren. Zudem warnte er vor dem zunehmenden Einfluss eines technologisch-industriellen Komplexes und weckte damit Erinnerungen an den früheren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower, der in seiner Abschiedsrede 1961, vor dem Aufstieg des militärisch-industriellen Komplexes gewarnt hatte.

„Amerikaner werden unter einer Lawine von Falsch- und Desinformationen begraben, die einen Machtmissbrauch ermöglichen. Die freie Presse zerfällt. Die sozialen Medien geben eine Überprüfung der Fakten auf. Die Wahrheit wird durch Lügen erstickt, die aus Macht- und Profitgründen erzählt werden“, sagte er und bezog sich damit auf die jüngste Ankündigung von Meta, ihren Faktencheck einzustellen.

Biden sprach sich auch für mehr Kontrolle von künstlicher Intelligenz aus und erklärte, dass geheime Wahlkampfspenden, sogenanntes „Dark Money“, aus der Politik verschwinden müsse. Außerdem will er, dass die Amtszeit der Richter am Supreme Court beschränkt wird.

Verfassungsänderung gefordert

„Wir müssen die Verfassung ändern, um klarzustellen, dass kein Präsident immun gegen die Verbrechen ist, die er während seiner Amtszeit begeht“, fügte er hinzu. Im vergangenen Jahr hatten die Richter des Supreme Courts entschieden, dass ein Präsident für seine offiziellen Amtshandlungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden könne.

Neben seinen Bedenken hinsichtlich Zukunft des Landes hob Biden auch die Leistungen seiner eigenen Regierung hervor – von der Bekämpfung des Klimawandels über den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Pandemie bis hin zur anhaltenden Unterstützung der Ukraine. Gleichzeitig gab er zu, dass viele der Gesetze und Initiativen, die von seiner Regierung in die Wege geleitet wurden, noch nicht für jeden spürbar seien.

„Es wird einige Zeit dauern, bis wir die volle Wirkung dessen spüren, was wir gemeinsam erreicht haben, aber die Saat ist gepflanzt und sie wird wachsen und in den nächsten Jahrzehnten blühen“, sagte er.

Am Ende seiner Rede erinnerte Biden an die amerikanischen Werte und sagte, dass nur in den USA ein stotterndes Kind aus bescheidenen Verhältnissen Präsident werden könne, da nur die Menschen in Amerika den Glauben daran hätten, dass „alles möglich sei“.

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1 Kommentar

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  • Gute Erkenntnis, leider zu spät.



    Erkennbar wäre das auch schon früher gewesen, jetzt wo alles in festen Bahnen ist, die Oligarchen das Ruder übernehmen sind es nur noch wohlfeile Worte, mehr nicht.



    Diese Kritik kann man auch auf den Umgang mit der afd hierzulande übertragen. Wichtig ist der Zeitpunkt, nicht dass etwas gesagt wird. irgendwann ist es schlicht egal, ob man noch etwas sagt.