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Brände in den USADas Feuer, die Asche und die Schuldfrage

Noch immer sind die Brände rund um das kalifornische Los Angeles nicht unter Kontrolle, tausende sind obdachlos. Und viele diskutieren, wer verantwortlich ist.

Die Feuerwehr versucht weiterhin dem Brand Herr zu werden – auch aus der Luft Foto: Ringo Chiu/reuters

Berlin taz | Eigentlich müsste noch immer im Vordergrund stehen, die Brände rund um Los Angeles an der US-amerikanischen Pazifikküste endlich unter Kontrolle zu bekommen. Doch in die Sorgen vor neuen starken Winden, die die Feuer weiter anheizen und in das Entsetzen über bislang 16 Tote und Abertausende zerstörte Häuser mischt sich in der öffentlichen Debatte immer mehr etwas anderes: die Frage, wer Schuld hat an diesem Desaster. Jährlich wiederkehrende Brände sind hier Normalität. Eine solche Katastrophe mit über 12.300 verbrannten Häusern ist es nicht.

Insgesamt kämpft die Feuerwehr gegen fünf Brände. Zwei davon, das Eaton-Feuer und das Palisades-Feuer, haben die größten Dimensionen. Das Eaton-Feuer im Norden von Los Angeles ist das tödlichste: 11 der 15 Todesopfer sind hier zu beklagten. Das Palisades-Feuer, im Viertel Pacific Palisades zwischen Malibu und Santa Monica, ist das flächengrößte: es hat sich inzwischen auf 93 Quadratkilometer ausgedehnt und große Teile von Malibu zerstört. Insgesamt sind den kalifornischen Feuern bislang 163 Quadratkilometer zum Opfer gefallen.

Warum brennt Palisades so lichterloh? „Wir sehen die Kulmination verschiedener Faktoren einer jahrzehntelangen Entwicklung“, sagt Molly Mowery, Autor eines Berichts über die Reduzierung des Feuerrisikos für die Gemeinde Los Angeles von 2020, gegenüber der Washington Post. Inzwischen würden zwar bei neuen Bebauungsplänen Brandrisiken mit eingeplant. Aber 90 Prozent der Häuser seien schon vor 1990 gebaut worden, als es die meisten heute geltenden Vorschriften und Einschränkungen noch nicht gab. Häuser stehen zu eng, und viele Be­woh­ne­r*in­nen ignorieren die Auflage, Bäume und Büsche zwischen den Häusern zu roden, um einem etwaigen Feuer weniger Futter zu geben. „Wir lieben das Grün, deshalb leben wir doch hier“, zitiert die New York Times einen Bewohner. Wenn es erst einmal brennt, ist das nicht mehr zu stoppen.

Es gibt kein städtisches Wassersystem, das darauf ausgerichtet wäre, einen Waldbrand zu bekämpfen

Michael McNutt, Sprecher des örtlichen Wasserbetriebes im Nordwesten der Gemeinde Los Angeles

Warum dann, als die Feuer bereits brannten, plötzlich die Wassertanks nicht gefüllt waren und der Feuerwehr die Löschmöglichkeiten fehlten, ist eine weitere zu klärende Frage. „Es gibt kein städtisches Wassersystem, das darauf ausgerichtet wäre, einen Waldbrand zu bekämpfen“, sagt Michael McNutt, Sprecher des örtlichen Wasserbetriebes im Nordwesten der Gemeinde Los Angeles. Das System sei dafür geschaffen, Wohnhäuser und Unternehmen mit Wasser zu versorgen. Auch für einzelne Brände reiche es – aber nicht, wenn ganze Bezirke komplett in Flammen stünden.

Gavin Newsom sei inkompetent, schreibt Trump

Während kaum jemand die Brände als direkte Folge des Klimawandels sieht, hat doch die größere Hitze und Trockenheit der letzten Jahre offensichtlich zu ihrer Intensität beigetragen.

Die politische Intervention des gewählten US-Präsidenten Donald Trump, der am Wochenende alle politisch Verantwortlichen in Kalifornien auf seiner Plattform Truth Social pauschal als inkompetent bezeichnete, dürfte dabei wenig hilfreich sein. Kaliforniens demokratischer Gouverneur Gavin Newsom ist einer derjenigen, die als mögliche künftige Präsidentschaftskandidaten der Demokraten gesehen werden.

Nach dem Feuer: Eine Straße in Palisaden, kaum wiedererkennbar Foto: David Ryder/reuters

Viele Menschen haben keine Brandversicherung

Unterdessen gehen die Miet- und Immobilienpreise in Los Angeles durch die Decke. Viele derjenigen, die im Feuer alles verloren haben, sind offenbar direkt auf der Suche nach etwas Neuem in der Region. Und eine gesetzliche Bestimmung, dass die Preise während einer Katastrophe nicht um mehr als 10 Prozent angehoben werden dürfen, wird angesichts der hohen Nachfrage laut US-Medienberichten weitgehend missachtet.

In einer Gegend, die zu Teilen von wirklich Reichen und Hollywood-Größen bewohnt wird, heißt das aber auch: Weniger begüterte Familien, die zum Teil schon seit vielen Jahrzehnten dort leben, werden sich nichts Neues leisten können. Sollte ihr Haus jetzt im Feuer verbrannt sein, stehen sie vor dem Nichts. Und das sind viele. Sehr viele haben auch keine Feuerversicherung, denn angesichts der ständig gewachsenen Brandgefahr in den letzten Jahren haben die meisten Versicherungsgesellschaften solche Policen in der Gegend gar nicht mehr angeboten.

Po­li­ti­ke­r*in­nen in Kalifornien haben sich jetzt gegen die Versuche gewehrt, die Katastrophe parteipolitisch auszunutzen. Es müsse zunächst darum gehen, die Feuer unter Kontrolle zu bringen und zu löschen.

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2 Kommentare

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  • "Und eine gesetzliche Bestimmung, dass die Preise während einer Katastrophe nicht um mehr als 10 Prozent angehoben werden dürfen, "

    Ach, in den Staaten gibt es eine solche Regelung !

    Hallo Berlin, Berlin... ist da jemand ... Hallo, Hallo ...

    • @Bolzkopf:

      Diese Bestimmung mag es schon geben. Im Artikel steht aber auch, dass diese ignoriert wird. Was bringt das dann? Würde es diese in Deutschland geben, wer hätte die Mittel sie einzuklagen? Die alleinerziehende Mutter? Es ist wie im Kapitalismus üblich. Das Kapital gewinnt - immer.