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Forderungen von Donald Trump5 Prozent Verteidigungsausgaben, 100 Prozent Ablehnung

Der designierte US-Präsident fordert, Nato-Staaten sollten 5 Prozent für Verteidigung investieren. In Deutschland stößt er damit auf Kritik.

Sorgt für Erstaunen: Donald Trump während einer Pressekonferenz am Dienstag in Mar-a-Lago Foto: Doug Mills/NYT/Redux/laif

BERLIN taz | Selten war die Einigkeit in Verteidigungsfragen so groß: In Deutschland haben Po­li­ti­ker*in­nen von CDU bis Linkspartei den Äußerungen von Donald Trump widersprochen, die Verteidigungsausgaben in den Nato-Staaten auf 5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen. Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte Trump am Mittwoch außerdem für Äußerungen, mit denen er imperialistische Ambitionen gegenüber Panama und Grönland deutlich machte. „Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land, egal, ob es im Osten von uns liegt oder im Westen“, so der SPD-Politiker in einem kurzfristig anberaumten Pressestatement im Kanzleramt. „Und daran muss sich jeder Staat halten, egal ob es ein kleines Land ist oder ein sehr großes Land.“

In der Diskussion um die von Trump geforderten höheren Verteidigungsausgaben warnte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch vor einem „Überbietungswettbewerb“. Eine Steigerung des Wehr­etats auf 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entspräche in Deutschland einem Umfang von 210 Milliarden Euro, fast der Hälfte des aktuellen Bundeshaushaltes. Deutschland hatte der Nato für 2024 Verteidigungsausgaben von knapp 91 Milliarden Euro gemeldet – dies entspricht 2,1 Prozent des BIPs.

CDU-Chef Friedrich Merz sprach sich für Ausgaben in dieser Größenordung aus. Es gelte, das 2-Prozent-Ziel zu erhalten, auch wenn das Sondervermögen für die Bundeswehr 2028 auslaufe, sagte er dem Radiosender Bayern 2. Doch Merz sagte auch: „Die 2, die 3 oder die 5 Prozent sind irrelevant, entscheidend ist, dass wir das tun, was notwendig ist, um uns zu verteidigen.“

Alexander Lurz arbeitet bei Greenpeace zu den Themen Frieden und Abrüstung. Er sagte, 5 oder auch die von Grünen-Chef Robert Habeck in den Raum gestellten 3,5 Prozent, seien „absurd“. „Es stellt sich die Frage, was die Bundeswehr überhaupt mit Hunderten weiteren Milliarden kaufen soll.“ Die entsprechenden Produktionskapazitäten gebe es gar nicht, außerdem gebe es bei den Streitkräften gar nicht das dafür notwendige Personal. „Der Anteil am BIP ist kein Gradmesser für eine solide Verteidigungsplanung“, so Lurz.

Polen und Baltikum sind schon weiter

Sogar die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann argumentierte in eine ähnliche Richtung. „Die von Trump geforderten 210 Milliarden Euro könnten wir gar nicht ausgeben, weil die Wehrindustrie nicht in der Lage wäre, sowohl in Europa als auch in den USA diese Nachfrage zu befrieden“, sagte sie. Die Politikerin sprach sich zwar für höhere Ausgaben aus, warf Trump jedoch vor, „wie auf dem Basar einfach mal eine Summe zu nennen“. Wichtiger sei es, eine sicherheitspolitische Strategie zu entwickeln.

Linken-Chef Jan van Aken sagte, der heutige Stand der Ausgaben reiche für die Landesverteidigung vollkommen aus. „Die Verteidigungsausgaben müssen am Bedarf und nicht am BIP gemessen werden.“ Europa müsse raus aus der Spirale des Überbietungswettbewerbs und dürfe nicht „über jedes Stöckchen des knallharten Machtpolitikers Trump“ springen.

Auf die jüngsten Forderungen Trumps geht man in Brüssel kaum ein. Für die EU-Mitgliedsstaaten ist die Debatte um erhöhte Verteidigungsausgaben nichts Neues. Besonders Polen und die baltischen Staaten kritisieren wiederholt die in ihren Augen zu geringen Bemühungen ihrer Nachbarländer. Aus Angst vor einer Ausweitung des russischen Angriffskriegs rüsten diese enorm auf und fordern ihre strategischen Partner dazu auf, ihnen nachzueifern.

Polen etwa hat für das vergangene Jahr Rekord-Verteidigungsausgaben in Höhe von 118 Milliarden Złoty (rund 27,4 Milliarden Euro) veranschlagt. Das sind bereits etwa 4 Prozent des BIPs, kein Nato-Mitglied investiert prozentual mehr Geld. Seit Januar hat Polen außerdem die EU-Ratspräsidentschaft inne, die ganz im Zeichen der Sicherheit Europas steht. An der Seite Polens steht das Baltikum, das seit Jahren das angestrebte Ziel von 2 Prozent einhält. Die drei baltischen Staaten gehören zu den Nato-Ländern mit den höchsten prozentualen Ausgaben.

In den vergangenen zehn Jahren haben fast alle Nato-Mitglieder ihre Verteidigungsausgaben erhöht. Acht der 32 Mitgliedsstaaten erreichen das 2-Prozent-Ziel weiterhin nicht. Und nur wenige geben mehr als drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung aus. Von den von Trump angestrebten 5 Prozent sind somit viele Staaten noch weit entfernt.

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15 Kommentare

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  • „Die 2, die 3 oder die 5 Prozent sind irrelevant, entscheidend ist, dass wir das tun, was notwendig ist, um uns zu verteidigen.“

    Wenn ein vernünftiger Satz ausgerechnet von Merz kommt...

    „Der Anteil am BIP ist kein Gradmesser für eine solide Verteidigungsplanung“

    Stimmt. Irgendwelche Prozente vom BIP festzulegen, bedeutet nur, Geld in die Taschen von Rheinmetall & Co zu spülen. Und langsam ist es bezeichnend, dass ausgerechnet der Spitzenkandidat der Grünen mit 3,5% um die Ecke kommt. Die olivgrüne Partei will irgendwas mit Militär machen, hat aber von der Sache keinerlei Ahnung.

  • Absurd, wild und ein absolutes Trampel. ABER bitte Herrn Trump nicht unterstellen er sei bescheuert.

    Das haben die ganzen Demokraten, Biden und Harris getan. Ich auch.

    Die wichtigste Frage ist für mich, aus der letzten Trump Presidency, weil es fast so aussah, auch weil Trump damals Wahl-Manipulation



    Hilfe bekam vom russischen



    FSB cum KGB.



    OB Putin Trump in der Hand hat



    OB Trump eine Putin Marionette ist

  • Wir sollen Trump also seinen geplanten Überfall auf Kanada bezahlen?

  • Aber was ist denn die Alternative? Augen und Ohren zuhalten und sagen: Nein, 2% haben immer gereicht, die USA muss uns bitte, bitte immer weiter finanziell aushalten? Mit Putins Allmachtsfantasien ist nicht zu spaßen, da muss einfach mehr kommen von Europa.

  • Donald Trump Bestellungswording eines frohlockenden Salesman, der sich in Polposition wähnt, mittels Salesman Management Friedensangebotes an Europa von Europäern geliebt werden will, denn seine 5 % Verteidigungsetat Bestellung an EU-Nato-Länder ist transatlantisch nach 1945 das Mindeste, was er verlangen kann, die Unwuchten statt Balance wie zuvor jahrzehntelang durch Vorkasse Rüstungsbestellungen im Kalten Krieg aus West- nach Ende Kalten Krieges aus Gesamteuropa im US militärisch-industriellen Rüstugskomplex bundesweitem US Beschäftigungsmotor, Handelsbilanzenunwuchten wenigstens einzueben, die seit Jahren zulasten USA zugunsten Europas, voran Deutschlands aus dem Lot geraten sind, trotz und wg. bisher ungenutzten IWF Sonderziehungsrechtefonds von mittlerweile an 800 Milliarden gehorteten US $. Aber wir die Europäer Salesmen Nations kultivieren stattdessen vorsätzliches Missverstehen, wenn solch Strolch Wording aus dem Ungefähren in den USA vom Jenseits ins Dieseits Atlantiks schrillt, da ertönt zu den Akten gelegt Business as usual das europäisch schillernd alte Fahrensman Lied „Freunde, nicht diese Töne“ als Ode an gemeinsame Freud und Leid, Agressor in Ukraine ante Portas

  • Wer jetzt nicht begreifen will, dass Trump wirklich aus der NATO raus will, dem ist nicht zu helfen. Trump sind die NATO-Verpflichtungen für die Sicherheit Europas lästig, zu teuer. Aber so wie die Verteidigung hier in Europa faktisch aussieht, ist ein sofort-Ausstieg wie das Werfen Europas unter den russischen Bus. Und wichtige Schutzmechanismen für die USA hängen an EU-Ländern: Die Überwachung der Polarsee zwischen Grönland und Norwegen behindert Russlands Marine (sprich: U-Boote) dafür ist wichtig: Norwegen, Grönland, Grossbritannien, Island. Deshalb will er Grönland für die USA: dann kann er da machen und überwachen was er will - ohne Verpflichtungen für andere Länder.



    Und damit die europäischen Länder eben nicht in die Verteidigungs-Unfähigkeit rutschen, sollen sie eben auf 5% gehen und ihre gesamte Verteidigung selbst finanzieren und organisieren. Sobald die europäischen Länder der Forderung nachkommen und sich den 5% nähern, geht die USA aus der NATO raus. Und Trump will, dass es schnell geht.

  • Bevor die Bw nicht re-organisert ist so dass das Geld sinnvoll ausgegeben wird ist das alles rausgeschmissenes Geld, egal ob 2, 3 oder 5%. Die italienische Armee kostet bei gleicher oder besserer Leistung etwas mehr als die Hälfte, die haben immerhin 2 Flugzeugträger, und 3 Hubschrauberträger mit mehr fliegendem Material auf See als die Bw überhaupt besitzt, plus Luftwaffe und Heer. Pistorius und Scholz haben da sehr wenig bis nichts erreicht ausser der amerikanischen Rüstungsindustrie jede Menge Kohle in den Rachen geworfen, für Material das auf einem modernen Gefechtsfeld höchstens Schrottwert hat. Sich jetzt aufzuregen ist sinnlos, ebenso die Kritik. Letztere sollte sich auf bestehende Mißwirtschaft richten. Aber da Scholz, Habeck und Berbock die Bw total egal ist (ich erinnere nur an Annalenas "Tierpanzer" - Rede im Bundestag, megapeinlich..) erwarte ich da keine Änderung. Auch Merz oder Söder haben sich in den letzten Jahren praktisch überhaupt nicht für die Bw interessiert..

  • Wenn ein Trittbrettfahrer in Sicherheitsfragen wie Deutschland es nicht versteht ,das die USA nicht mehr bereit sind, für die Sicherheit Europas den Löwenantei zu tragen ,dann wundert mich nicht, daß noch kein verantwortlicher deutscher Politiker mit Trump Kontakt aufgenommen hat , Macron ist da deutlich klüger.



    Polen ist dreimal von den Mächten Preußen, Österreich-Ungarn und Rußland aufgeteit worden und hat eine sowjetisch-russische Strangulation von 40 Jahren hinter sich deshalb begreifen sie den russischen Imperialismus und versuchen sich zu verteidigen.

  • 5% ist sicherlich sehr viel.



    Richtig ist aber, dass wir nun einige Jahr deutlich jenseits der 3% in Rüstung investieren müssen um die äußere Sicherheit zu gewährleisten. Es gibt nichts Unsozialeres als dies zu vernachlässigen.



    Eine der vielen Versäumnisse vergangener linker Regierungen die uns nun vor dieses Problem stellt.

  • Trump macht was Trump schon immer macht🤷‍♂️



    Ich verstehe dass das in den Medien Entrüstung auslöst, man wäre ja 'blöd' dieses Headlines auszulassen...



    Aber das Scholz sich dazu äußert🤦‍♂️



    "Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen" - ach nee.



    Das zeigt das Scholz wenig aus Trumps erster Amtszeit gelernt hat🤷‍♂️



    Trump überreizt hemmungslos sein Blatt. Weil das hier eben KEIN Pokerspiel ist sondern Politik, weil man hier eben NICHT bei all-in vom Tisch fliegt sondern sich in aller Regel auf Kompromisse einigt und weil, und das ist leider die bittere Wahrheit, wir Europäer auf Trump, bzw sein Militär, auf Gedeih und Verderb angewiesen sind🤷‍♂️



    Das weiß Trump, das spielt Trump - und jeder Politiker der sich dazu äußert geht ihm auf den Leim. Denn was passiert hier?



    Trump macht aus dem Nichts Themen - Grönland, Panamakanal. Und allein aus gutem Willen oder eben wegen der Abhängigkeit von den USA werden ihm am Ende irgendwelche Kompromisse angeboten.



    Aufhebung eines Zolls, Senkung von Gebühren, Überlassung von Rohstoffen, ein Exklusivvertrag, etc...



    Ein Parade für: 'Wenn du aus Nichts Gewinn machst'



    Trump mach was Trump macht. Politik des Starken. Wer zuckt und sich äußert, verliert.

  • Rüstung ist ein lukratives Geschäft.



    Wo wird denn das ganze schöne Geld landen, das wir wieder nicht in die Zukunft (Infrastruktur, Bildung usw.) investieren werden?



    Ein wenig wird Rheinmetall bekommen, ein paar weitere Brorkrumen werden in irgendeinem europäischen Rüstungskonzern hängen bleiben. Vielleicht kaufen wir auch der Ukraine moderne Drohnen ab. Aber das meiste wird wo landen? Genau. Make Amerika great again!

    Vielleicht ist es langfristig günstiger, sich gar nicht zu verteidigen. Dann geht auch weniger kaputt. Wir müssten nur ab und zu ne neue Amtssprache lernen.

    • @Nansen:

      All Verkehrswege werden aus dem 5-Prozent-Etat infrastrukturfördernd panzergerecht ausgebaut, die Flughäfen werden mit Raketensilos ausgestattet. Bildungsfördernd erhalten alle Schüler täglich Wehrkundeunterricht ;-)

    • @Nansen:

      Abgesehen von F-35 und Patriots stellen wir alles andere selber her. Panzer, IFV, APC, Artillerie, Fregatten, Uboote und Hubschrauber. Dazu ist der rüstungssektor extrem dynamisch und entwickelt moderne Technologie die dann auch dem Rest der Wirtschaft zu gute kommt. Würde die NATO tatsächlich auf 5%GDP gehen Deutschland würde sehr reich daran werden. Leopard 2, Lynx, PzHaubitze 20000, Puma, Boxer würden sich gut verkaufen.

    • @Nansen:

      Das ZIel "Make America great again" haben Republikaner wie Demokraten. Nicht das Ziel, der Weg unterscheidet sich ein bisschen.



      Die Frage was mit dem Geld passiert ist nur oberflaechlich interessant, es findet sowieso den gleichen Empfaenger, ob nun Rheinmetall eine Zwischenstation ist oder wer anders.



      Viel interessanter ist die Frage warum jetzt, wo der Krieg in der Ukraine doch aufhoeren soll, mit dem grossen Aufruesten angefangen wird. Oder kann der Krieg aufhoeren, weil jetzt mit dem Aufruesten angefangen wird?

    • @Nansen:

      Vielleicht tut das „neue Amtssprache lernen“gar nicht not –da Länder, die andere Länder ungefragt erobern, oft nicht sehr viel Wert auf offene Worte legen, wäre „Verstummen“ womöglich die gesündere Option?!