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Ministerpräsidentenwahl in SachsenDer Kemmerich-Effekt als Risiko

David Muschenich
Kommentar von David Muschenich

Ohne klare Mehrheit stellt sich Michael Kretschmer am Mittwoch zur Wahl. Das birgt Risiken: zum Beispiel einen AfD-Eklat wie in Thüringen 2020.

Ihm fehlen vor der Wahl an diesem Mittwoch zehn Stimmen: Sachsen Noch-Ministerpräsident Michael Kretschmer Foto: Sebastian Kahnert/dpa

D ie Spannung in Sachsen steigt. Nach der Landtagswahl schien es, als könne CDU-Chef Michael Kretschmer mit dem BSW und der SPD weiterhin Ministerpräsident einer Mehrheitsregierung bleiben. Doch die Verhandlungen platzten. Nun fehlen ihm vor der Wahl an diesem Mittwoch zehn Stimmen.

Trotzdem lässt Kretschmer abstimmen und hofft offenbar auf das Beste – ohne das Schlimmste auszuschließen. Gleich zwei Kandidaten treten gegen ihn an: Matthias Berger, der einzige Freie Wähler im Landtag, und AfD-Chef Jörg Urban. Wegen der unklaren Mehrheiten droht in Sachsen, wie 2020 in Thüringen, ein Ministerpräsident von AfD-Gnaden. Von Kretschmer ist das staatspolitisch unverantwortlich.

Selbst wenn er die Wahl gewinnt und Ministerpräsident bleibt, müssen CDU und SPD für jedes Vorhaben andere Par­la­men­ta­rie­r:in­nen überzeugen, um eine Mehrheit zu bekommen, ansonsten steht die Mehrheit gegen sie. Dabei hat Sachsen voraussichtlich kaum Geld, um Projekte umzusetzen. Für das kommende Haushaltsjahr fehlen laut Kretschmer mehr als 2 Milliarden Euro, er kann also kaum Geschenke machen. Dennoch sprach er erst mit den anderen Parteien, als der CDU-SPD-Koalitionsvertrag fertig und veröffentlicht war, statt schon zuvor nach Mehrheiten zu suchen.

CDU und SPD hoffen jetzt auf Stimmen vom BSW und der Linken. Die beiden Parteien könnten damit versuchen, zumindest ein bisschen Einfluss auf die Regierung zu nehmen. Ob sich allerdings jeweils genug Abgeordnete überzeugen lassen, kann bislang keiner sagen.

Die Grünen heben die Messlatte

Mit den Grünen – bislang mit CDU und SPD in der Regierung – hat es sich Kretschmer hingegen kräftig verscherzt. Er gab schon früh bekannt, ohne sie auskommen zu wollen. In den vergangenen Wochen änderte sich zwar sein Ton, er sprach von „Vertrautheit“, die durchs Regieren entstanden sei.

Aber die Grünen kündigten an, ihm keine Stimme zu geben. Im Gegenteil: Sie wollen beantragen, dass auf dem Stimmzettel neben Kretschmer, Berger, Urban und Enthaltung auch ein „Nein“ steht. Anders als eine Enthaltung würde das mitgezählt und so ab dem zweiten Wahlgang die Hürde für Ministerpräsidenten höher setzen.

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David Muschenich
Korrespondent
Ist in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als Korrespondent für die taz unterwegs. War Volontär bei der taz, nachdem er Journalismus an der Universität Leipzig sowie Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Erfurt studiert hat.
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7 Kommentare

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  • Eine Partei, die 5,1 Prozent (im Gegensatz zu 8,6% 2019) gewählt haben.... hebt die Messlatte? Mann oh Mann, etwas weniger Realitätsverweigerung würde den Grünen wirklich gut stehen. Ich bin von dieser Partei vollumfänglich enttäuscht, leider. Für mich würde sich eher die Frage stellen, wie denn die AFD zu 30,6 Prozent kommt und nicht die Grünen, das ist für mich die Realität. Auf die inhaltliche Stellung warte ich schon seit Jahren, aber anstatt dessen kommt immer irgendwie was anderes.... Schade. Dann bleibt es für mich wieder bei der Tierschutzpartei.

  • Falsch gedacht, denn es ist kein Eklat, wenn ein Kandidat eine Mehrheit bekommt. So funktionieren Wahlen, so funktioniert Demokratie.

  • Der Plan ist offenbar, die Brandmauer effektiv einzureißen. Kretschmer bemüht sich gar nicht mehr ernsthaft um ernsthafte Alternativen zu den Faschisten, sondern erhöht mit der SPD im Bund nur sein Gewicht für Deals im Hinterzimmer. Der Plan wird aufgehen, aber er wird die CDU in zwei Teile zerlegen - und dann muss Kretschmer endgültig in die braunen Arme sinken. Aus dieser Umarmung kommt er nie mehr lebendig heraus.

  • Das ist alles ziemlich kindisch finde ich. Zum einen: Wenn man zum Ministerpräsidenten gewählt ist, dann ist man gewählt. Wer dafür gestimmt hat und wer dagegen ist dann schnurzpiepegal.

  • Und wenn schon, angesichts der Koalition in Brandenburg mit dem BSW sehe ich ehrlich gesagt nicht, wo hier der Unterschied sein soll.

    Selbst wenn Kretschmar mit AfD Stimmer gewählt werden sollte, so hat er wenigstens nicht für einen Koalitionsvertrag mit dem BSW oder AfD hergegeben.

    Anders als in Thüringen oder Brandenburg, wo jetzt Putins Schergen quasi mit am Tisch sitzen.

  • Warum sollte die Linkspartei und das BSW ihrer Verantwortung nicht nachkommen? Das hat die CDU bei der Wahl von Ramelow doch auch gebacken bekommen Wie kommt man auf die Annahme dass Linkspartei /BSW der AfD das Feld überlassen?Und warum wurde nicht in die Richtung recherchiert?

  • Mit der Reaktion der "demokratischen" Parteien auf den sogenannten Kemmerich Effekt zeigten diese Parteien in Thüringen in 2020 ihr wahres Gesicht. Sicherlich war der Ausgang der Landtagswahl 2024 auch ein Ergebnis der damaligen Haltung dieser Parteien.