Neue EU-Kennzeichnungspflicht: Beim Weintrinken Kalorien zählen?!
Glühwein, Sekt, erlesener Roter: Neuerdings müssen Winzer Zutaten und Nährwerte auf ihren Flaschen angeben. Was bringt das?
Der Kopf brummt, der Magen grummelt, der Kater lässt einen kaum klar denken. Alkohol, zumal in Mengen, hat ohnehin unangenehme Nebenwirkungen. Das ist alles andere als ein Geheimnis. Viele Menschen, vor allem jüngere, trinken längst weniger Wein als noch vor Jahren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät sogar ganz vom Alkohol ab. Demnach gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge, sondern erhöht jeder Schluck das Risiko einer Krebserkrankung. Und dass Alkohol dick macht, ist auch immer wieder zu hören.
„Viele wissen aber nicht, wie kalorienreich Alkohol ist“, sagt Armin Valet, Ernährungsexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg: „Ein Gramm reiner Alkohol enthält 7 Kilokalorien. Das ist nur etwas weniger als bei einem Gramm puren Fetts und fast doppelt so viel wie bei einem Gramm Zucker.“ Ein Gramm Fett hat 9 Kilokalorien, ein Gramm Kohlenhydrate, das ist Zucker, 4. Wein ist allerdings kein reiner Alkohol.
Antje Gahl, die Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, hat weitere gewichtige Werte. Sie rechnet vor: „Wer 200 Milliliter Sekt oder Champagner trinkt, also so ein übliches Glas voll, nimmt im Schnitt 166 Kilokalorien auf. Das ist vergleichbar einem kleinen Lebkuchen ohne Schokobezug. Bei Rot- oder Weißwein sind es bei selber Menge 146, bei einer Weißweinschorle 73, bei Glühwein 220.“
Je süßer, desto kalorienreicher der Wein
Grundsätzlich gelte: Je lieblicher der Wein oder je höher der Alkoholgehalt, umso mehr Kalorien. Zum Vergleich erklärt die Expertin noch: „In einem halben Liter Pils stecken 212 Kilokalorien, in derselben Menge Radler, also halb Bier, halb Limo, 170, im alkoholfreien Bier 128.“ Auch Cocktails haben es in sich. Gahl: „200 Milliliter Caipirinha haben 394 Kilokalorien, Aperol Spritz 189.“
Auf den Verpackungen etwa für Mehl, Fertigpizza, Schokoriegel müssen schon seit langem die Nährwerttabellen mit Angaben zu Kohlenhydraten, Zucker, Fett und so fort abgedruckt werden. Für alle Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent galten Ausnahmen. Herstellern steht natürlich immer frei, ihre Produkte dennoch entsprechend zu kennzeichnen. So steht es etwa auch auf manchen Bieren. Aber sonst ist das eher selten.
Darum sei es gut, dass zumindest Weinflaschen jetzt andere Etiketten bekämen, dafür das europäische Weinrecht geändert worden sei, sagt Verbraucherschützer Valet – auch wenn ihm die neuen Regeln nicht weit genug gehen. Denn beim Wein gibt es anders als bei den Nährwertangaben für andere Lebensmittel eine Spezialität – den Buchstaben „E“, der den Energiegehalt markieren kann. Das liest sich dann auf der Rückseite der Flasche zum Beispiel so: „E in 100 ml 321 kJ/77 kcal“. kJ steht für Kilojoule, kcal für Kilokalorie – alles berechnet für das kleine 100-Milliliter-Glas Wein, nicht für das bisher noch eher gewöhnliche mit 200 Milliliter.
Die Hersteller müssen jedenfalls nicht die vollständige Nährwerttabelle abdrucken und außer enthaltener Stoffe, die Allergien auslösen können, auch nicht die Zutatenliste. Sie können stattdessen ein E-Label abdrucken, einen QR-Code. Dieses schwarz-weiße Quadrat muss mit dem Handy scannen, wer es genauer wissen will. Die Kunden werden dann auf eine Internetseite geführt, auf denen die Hersteller ihre entsprechenden Angaben machen.
EU kam Winzern entgegen
Damit kam die EU den Winzern entgegen, die fürchteten, dass ihre Etiketten viel zu voll gepackt würden mit Informationen. „Aber wer scannt schon von verschiedenen Flaschen den Code, um die Produkte dann miteinander zu vergleichen?“, moniert Valet. Vor dem Regal auf die Schnelle zwei Weine nach Nährwert und Zutaten zu vergleichen, werde damit schwer.
Wäre in diesem Sinne nicht eine grün-gelb-rote Nährwert-Ampel auf dem Wein das Beste? Dieser sogenannte Nutri-Score prangt bereits auf verschiedenen Lebensmitteln, auch wenn er nicht verpflichtend ist. Damit sollen im Supermarktregal die besonderen Kalorienbomben innerhalb einer Produktgruppe auf einen Blick erkannt werden können, ein dunkelgrünes A markiert: günstig, eine rotes E: Finger davon lassen. Doch bei Wein mache so eine Ampel keinen Sinn, erklärt Valet: „Denn Alkohol ist nie zu empfehlen, Kaloriengehalt hin oder her.“ Das sei anders als etwa bei Chips, wo eine Handvoll nicht gleich schade.
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