Studie zu Klimaerwärmung und Gesundheit: Extreme Hitze schadet den Nieren
Immer häufiger sterben Menschen aufgrund extremer Temperaturen. Eine neue Studie zeigt jetzt eine Verbindung zu Nierenversagen.
Die heißen Tage sind vorbei, abgelöst von anderen Extremwetterereignissen. Es bleibt das erneuerte Bewusstsein, dass Sommertage längst nicht mehr nur für Eis am Stiel und Schwimmbadpommes stehen, sondern auch für Kreislaufkollaps und Gesundheitsbeschwerden. Dazu zählt auch ein oft übersehenes Leid, wie nun eine Studie von Forschenden aus London und Bristol nahelegt: Nierenversagen.
Die Studie
Die Forschenden nutzen ein Warnsystem des englischen Gesundheitsservice, das Alarm schlägt, sobald ein Labor einen außergewöhnlichen Kreatininwert feststellt. Kreatinin ist ein Abbauprodukt, das im Urin ausgeschieden wird. Sammelt es sich dagegen im Körper an, ist das ein Hinweis auf gestörte Nierenfunktionen. Für die Studie kreuzten die Forschenden 1,3 Millionen solcher Warnhinweise mit meteorologischen Daten.
Dabei fanden sie einen starken Anstieg der Meldungen, sobald die Temperatur vor Ort über 25 Grad Celsius steigt. Während einer einwöchigen Hitzewelle im Juli 2021 stieg die Fallzahl um 28,6 Prozent. Besonders wenn sich die Temperaturen den 30 Grad annäherten, explodierten die Warnhinweise – von durchschnittlich rund 1.500 auf 2.500 täglich. Die Wahrscheinlichkeit, einen Nierenschaden zu erleiden, lag so an einem 32 Grad heißen Sommertag um über 60 Prozent höher als während eines Herbstspaziergangs bei 17 Grad.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Nun heißt Korrelation nicht zwingend Kausalität. Auch Eisverkäufe und Haifischangriffe steigen im Sommer. Nur eins davon ist direkt hitzebedingt, das andere hat wohl mehr damit zu tun, dass wir uns bei Wärme eher ins Meer trauen. Der Zusammenhang zwischen Hitze und Nierenfunktion ist allerdings medizinisch gut begründet, international bestätigt und folgt zudem häufig einer zeitlichen Abfolge: Der Kreatininwert schlug in dieser Studie besonders einen Tag nach den Temperaturen aus. Eine andere Studie findet drei Tage später vermehrt Nierensteine.
Was bringt’s?
Erstmal eine Mahnung, auf uns und unser Umfeld zu achten und sich bewusst zu machen, dass sich die Gefahren extremer Hitze als Seitenschmerzen, Konzentrationsschwäche oder Wassereinlagerungen äußern können. Auch der klassische Hitzeschlag wird laut den Forschenden bemerkenswert oft von Nierenschäden begleitet.
Noch weitaus stärker betrifft das Problem allerdings Menschen in Indien, Südostasien und Mittelamerika. Arbeiter*innen in überhitzten Minen oder auf sonnenverbrannten Feldern, die die Schäden oft erst zu spät bemerken. Im Herzen der nicaraguanischen Zuckerrohrindustrie ist Nierenversagen unter Männern inzwischen für die Hälfte aller Todesfälle verantwortlich.
Dabei ließen sich hochwirksame Gegenmaßnahmen ergreifen: Schatten, regelmäßige (Trink-)Pausen und Löhne, die Erntearbeiter*innen nicht zwingen, über körperliche Grenzen hinauszugehen. Und langfristig gesehen alles, was wir noch bewerkstelligen können, um der globalen Erhitzung entgegenzutreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen