baupolitik
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Unfreundliche Übernahme

Senat entmachtet Friedrichshain-Kreuzberg bei umstrittenen Bauvorhaben am Gleisdreieck

Von Rainer Rutz

Im Streit um das Bauvorhaben „Urbane Mitte“ am Gleisdreieckpark hat Bausenator Christian Gaebler (SPD) Nägel mit Köpfen gemacht und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg am Montag einen Teil der Planung entzogen. Der Protest der in Friedrichshain-Kreuzberg dominierenden Grünen kam postwendend.

Der zuständige Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt erklärt auf taz-Nachfrage, er habe den Eindruck, „dass hier ein politisches Exempel statuiert werden soll, welches weitere Einschränkungen der bezirklichen Planungshoheit vorbereiten soll“. Für den Grünen-Politiker reiht sich der Entzug der Zuständigkeit am U-Bahnhof Gleisdreieck in Kreuzberg dabei ein „in eine Folge politischer Positionierungen des Senats zugunsten von aus der Zeit gefallenen Bauprojekten“.

Julian Schwarze, der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sieht das genauso. „Da frage ich mich, welche Rolle sollen die Bezirke denn überhaupt noch spielen und für wen planen wir hier eigentlich die Stadt“, sagt Schwarze zur taz. Wie so häufig stelle sich der schwarz-rote Senat auch am Gleisdreieck „einseitig auf die Seite des Investors“ und verhindere „zeitgemäße Anpassungen der Planungen“, so Schwarze.

Konkret geht es um das kleinere von zwei Teilbauvorhaben, die „Urbane Mitte Süd“, zwei Gebäude mit fast 24.000 Quadratmeter Geschossfläche, vorgesehen vor allem für Büros. Gaebler beruft sich bei der nun vollzogenen unfreundlichen Übernahme der Planung auf einen Rahmenvertrag von 2005, der dem damaligen Investor die Errichtung von Gewerbeflächen auf dem Areal zusicherte.

Nun läuft der Bezirk gegen den Uraltplan schon seit Jahren Sturm. Gleichwohl schien der Widerstand lange aussichtslos. Schließlich, so hieß es vom Senat, stünden dem Investor bei Projektänderungen bis zu 150 Millionen Euro Schadensersatz zu. Zu einem ganz anderen Schluss kam Anfang des Jahres ein von der BVV beantragtes und vom Bezirksamt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten. Demnach sei der Rahmenvertrag von 2005 zwar gültig, der darin vereinbarte Entschädigungsmechanismus aber unwirksam.

Bausenator Gaebler ficht das nicht an. Er habe Friedrichshain-Kreuzberg schon im März angewiesen, die Planungen jetzt mal „zeitnah und zügig fortzuführen“. Dem sei man nicht nachgekommen. Folglich musste er nun handeln, der Investor habe ja „bereits erhebliche Vorleistungen“ geleistet. Eine Begründung, die Grünen-Politiker Julian Schwarze mit nur einem Wort kommentiert: „Hanebüchen.“