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Erhöhte Sterberate in NorditalienGift aus dem Wasserhahn

Eine neue Studie zeigt einen direkten Zusammenhang zwischen der Chemikaliengruppe PFAS und dem Tod an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

PFAS kontaminiertes Trinkwasser ist gefährlich Foto: Markus Weissenfels/imago

Berlin taz | Die Chemikaliengruppe PFAS erhöht die Wahrscheinlichkeit, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. For­sche­r:in­nen der Universität Padua konnten diesen Zusammenhang in einer kürzlich veröffentlichten Studie zum ersten Mal belegen. PFAS, auch Ewigkeitschemikalien genannt, stehen schon lange im Verdacht, verschiedene Krankheiten wie Krebs, Diabetes und Verhaltensstörungen zu begünstigen.

Für die Studie untersuchten Umweltmediziner die Bevölkerung in Venetien in Norditalien. Über Jahrzehnte hatten hier etwa 150.000 Menschen mit PFAS kontaminiertes Trinkwasser getrunken, verursacht durch eine PFAS-Produktionsanlage. Die For­sche­r:in­nen analysierten die Sterberegister der Region und fanden im Zeitraum zwischen 1985 und 2018 insgesamt circa 4.000 Todesfälle mehr, als zu erwarten gewesen wären. „Die Studie hat ergeben, dass die Zahl der Todesfälle aller Art in der Bevölkerung des verseuchten Gebiets zugenommen hat“ betont Annibale Biggeri gegen­über der taz. Biggeri ist einer der Autoren der Studie und Professor an der Universität Padua.

Der Grund für das größere Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist, dass PFAS den Cholesterinspiegel erhöhen. Die Au­to­r:in­nen vermuten weiter, dass die Erkrankungen auch durch posttraumatische Belastungsstörungen infolge der Kontamination begünstigt werden. Daneben fanden die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen auch Hinweise auf eine erhöhte Sterblichkeit durch Nieren- und Hodenkrebs. Dies stimme mit Daten aus anderen Untersuchungen überein. Besonders die jüngere Bevölkerungen habe hier ein erhöhtes Risiko, sagt Biggeri.

Aufgrund ihrer Beständigkeit sowie ihrer schmutz-, fett- und wasserabweisenden Eigenschaften enthalten viele Produkte PFAS, von Pizzakartons über Zahnseide bis zu beschichteten Pfannen. Sie reichern sich in Umwelt und Mensch an und werden kaum abgebaut. Umwelt- und Verbraucherschutz­organisationen wie der BUND fordern deswegen ein umfassendes Verbot der Chemikalien. Auch die For­sche­r:in­nen der Studie empfehlen dringend ein schnelles Verbot von PFAS und Sanierungsmaßnahmen in kontaminierten Gebieten.

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