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Vorwürfe gegen AfD-SpitzenkandidatenKrah kräht wieder

Zwei Vorermittlungsverfahren wurden gegen Maximilian Krah eingeleitet. In der extrem rechten Partei rumort es zunehmend.

Rechtsextreme Skandalnudel und AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl: Maximilian Krah Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Die Parteiführung würde ihren Spitzenkandidaten derzeit am liebsten verstecken, aber das kann sie wohl vergessen. Denn chinesische Spionageaffäre hin, russischer Korruptionsskandal her: Am Donnerstag ist Maximilian Krah längst wieder im Angriffsmodus. „Trump zeigt, wie man koordinierte Angriffe von Presse, Geheimdiensten und Teilen der Justiz übersteht“, twittert er, teilt Bilder mit Solidaritätsadressen von selbsternannten Patrioten, die noch immer zum AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl halten.

Bereits zuvor hatte er die Strategie des rechtsextremen Verlegers Götz Kubitschek geteilt. Darin heißt es, es gehe nur darum, „die einzige Opposition in Deutschland an der Machtbeteiligung zu hindern“. Auch Höcke schaltete sich am Donnerstag ein: Er sprach von einer „Schmutzkampagne“ staatlich finanzierter NGOs und westlicher Geheimdienste.

Die Botschaft bei allen drei ist die gleiche: Die Welt ist aufgeteilt in Freund und Feind – deswegen muss jeder Vorwurf gleich Kampagne, (Welt-)Verschwörung oder Verleumdung sein. Die Reihen sollen sich nun schließen und AfD-Anhänger, -Wähler und -Po­li­ti­ke­r*in­nen sollen angesichts der nicht abreißenden Skandale ihrer Spitzenkandidaten die Scheuklappen wieder aufsetzen.

Nur tun sie das nicht, im Gegenteil: In der AfD rumort es gewaltig. Äußern tun sich im Moment allerdings nur diejenigen, deren Karriere bereits zu Ende ist. Am Donnerstagmorgen hat etwa die scheidende AfD-Europaabgeordnete Silvia Limmer im Liveinterview beim Deutschlandfunk den Bundesvorstand um Tino Chrupalla und Alice Weidel regelrecht rund gemacht: Die Parteispitze hätte schon lange und „in Gänze“ über Krahs problematische Verbindungen und Mitarbeiterwahl Bescheid gewusst. Schon 2022 habe sie persönlich einen Brief mit Loyalitätsvorwürfen gegen Krah und sein Abstimmungsverhalten an Chrupalla und Weidel überbracht.

Vorstand setzte sich für Krahs Kandidatur ein

„Sie können das in den Medien nachlesen“, sagte sie, „jeder konnte das. Auch der Bundesvorstand.“ Dennoch habe sich der Vorstand für Krahs Kandidatur eingesetzt. Angesichts dessen sei es „blamabel“, sich nun wegzuducken. Für manche in der AfD, so Limmer, sei das Mandat nur ein „Geschäftsmodell“ zum Geldverdienen. Auch unter Abgeordneten mit Zukunft in der AfD ist die Unzufriedenheit groß, äußern wollen sie sich allerdings nicht, aus Angst vor Konsequenzen vom Bundesvorstand und aus dem Höcke-Lager. Denkbar scheinen nach den Skandalen angesichts der großen Unzufriedenheit plötzlich selbst wieder Abspaltungspläne.

Mittlerweile hat die Erzählung der AfD von der vermeintlich patriotischen Kraft in der letzten Woche tiefe Risse bekommen, denn immer mehr Fakten sprechen dafür, dass die AfD eher Team Landesverrat ist: Nicht nur hat Krah einen mutmaßlichen chinesischen Spion beschäftigt, der mittlerweile in U-Haft sitzt, sondern er soll auch Geld aus China und Russland angenommen haben.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden bestätigte der taz, dass sie zwei Vorermittlungsverfahren wegen Abgeordnetenbestechung gegen Krah eingeleitet hat – eines am 18. April nach Medienberichten über mutmaßliche russische Zahlungen. Ein weiteres führt sie wegen des Vorwurfs chinesischer Zahlungen. Die Verfahren stünden nicht im Zusammenhang mit der Spionageaffäre, heißt es weiter.

Hier allerdings könnte Krah ein weiteres Verfahren drohen – je nachdem, wie viel er von den Geheimdienstaktivitäten seines Mitarbeiters Jian G. wusste oder sie sogar unterstützte. Indizien dafür gibt es jedenfalls: Krah wirkte aktiv mit an chinesischer Einflussnahme, vernetzte Akteure, ermöglichte G. Zugang zu sensiblen Stellen und reiste gemeinsam mit ihm nach China, ließ sich Reisen teils von China bezahlen.

Der Groll in der AfD ist groß, weil Krah tatsächlich schon bei der Aufstellungsversammlung in Magdeburg einiges auf dem Kerbholz hatte. Die Parteiführung ist sehenden Auges mit einer rechtsextremen Skandalnudel angetreten: Mehrfach ist Krah suspendiert worden, es gab Ungereimtheiten bei Auftragsvergaben und vielfach wurde über seine Mitarbeiterwahl kontrovers diskutiert – etwa einen Franzosen, der vorher wegen Antisemitismus in Le Pens Partei rausgeflogen war. Für diverse andere rechte Parteien in Europa gilt Krah als rotes Tuch.

Im Fokus des FBI

Hinzu kommen nun die neuen Skandale: Krah geriet wegen Russland-Connections bereits in den Fokus des FBI, das bei ihm 8.000 Euro Bargeld fand. Und auch beim Zweitplatzierten Petr Bystron, gegen den ebenfalls ein Vorermittlungsverfahren läuft, sind viele Fragen offen: Audioaufnahmen des tschechischen Geheimdienstes sollen belegen, wie Bystron raschelnd Geld zählte und sich darüber beschwerte, dass er 200-Euro-Scheine in deutschen Tankstellen und Geschäften nicht ausgeben könne. Beide sind gute Freunde des Putin-Vertrauten und Oligarchen Wiktor Medwedtschuk.

Der Bundestag hat all das zum Anlass genommen, die Verstrickungen der AfD zum Gegenstand einer aktuellen Stunde zu machen. Für SPD, Union, Grüne und FDP sprachen jeweils Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums, in dem Abgeordnete über geheimdienstliche Aktivitäten hinter verschlossenen Türen informiert werden. Dirk Wiese von der SPD warf der AfD „geheuchelte Vaterlandsliebe“ vor und sagte: „Jetzt wird allen klar, warum Sie gegen Bargeldverbot in Deutschland sind – dann wäre nämlich Schluss mit diesen Machenschaften.“

Mark Henrichmann von der CDU brachte die nicht abreißenden Korruptionsskandale auf die Formel „Russia Today, China tomorrow“. Aus seiner Sicht rechtfertigten die Skandale, dass man die AfD nicht in das parlamentarische Kontrollgremium wähle: „Jedermann muss befürchten, dass jedes Geheimnis aus diesem geheim tagenden Gremium exklusiv bei Putin und Xi Jinping auf dem Schreibtisch landet.“ Der Grüne Konstantin von Notz sprach von „devotem Hofschranzentum“.

Und am Ende wollte China auch noch ein bisschen mitreden: Noch während die Debatte im Bundestag lief, wurde die Deutsche Botschafterin in Peking einbestellt.

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30 Kommentare

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  • ...man könnte sich ja auch mal fragen, welche Parteien machen sich inzwischen, wie und wodurch die " all for dummies " zu Nutze.

  • "Dirk Wiese von der SPD warf der AfD „geheuchelte Vaterlandsliebe“ vor und sagte: „Jetzt wird allen klar, warum Sie gegen Bargeldverbot in Deutschland sind – dann wäre nämlich Schluss mit diesen Machenschaften.“ ... Ein Argument für ein Bargeldverbot ist das trotzdem nicht. Die ganzen Befürworter werden sich noch irgendwann wundern, wenn man nur noch unbar zahlen kann. Besonders wenn wir eine AFD-Regierung bekommen. Bargeld ist geprägte Freiheit - das ist ein nach wie vor richtiger Satz.

  • "„Schmutzkampagne“ staatlich finanzierter NGOs und westlicher Geheimdienste." ... Ich bin bei keinem westlichen Geheimdienst und bei keiner staatlich finanzierten NGO. Insofern möchte ich hier nachfragen, wo ich mich an einer Schmutzkampagne gegen Herrn Höcke und Herrn Krah (und ihre sauberen ParteigenossInnen - ja, ich gendere!) beteiligen kann.

  • Geölte Haare zeigen äußerste Priorität des Selbsterhalts, sie drehen sich buchstäblich nach dem Wind.

  • Bei der Alternative hackt doch eine Krähe dem anderen Krah kein Auge aus. Schließlich haben die alle „ihre Leichen im Keller“.

  • Als AFD Wähler würde ich mir ver. .vorkommen. Keine Alternative mehr, genau so viele Skandale und persönliche Bereicherungen wie bei allen anderen Parteien.

  • Äußerste Vorsicht vor "Politikern", welche die Haare schön haben!!!

  • In meiner Wahrnehmung zeigen der Fall und die Reaktionen der Betroffenen, dass es voraussichtlich nach wie vor darum geht, sich in den Umständen einer sich künftig negativ verändernden Welt einen guten, möglichst einflussreichen, Platz zu sichern bzw an einem solchen festzuhalten. Verbunden mit dem Ziel, die den eigenen Ambitionen im Wege stehende Demokratie, zumindest wie wir sie heute kennen, abzuschaffen.

    • @Gerhard Krause:

      Ja, genau. Wobei die Beaschädigung der Demokratie aus Satz 2 massiv auf die negativen Veränderungen aus Satz 1 Einfluss hat.

  • "Krah kräht wieder"

    Die Kalauerei in der taz kann einem sowieso gewaltig auf die Nerven gehen. Hier aber wird zusätzlich eine eherne Regel des Journalismus missachtet: keine Witze über/mit Namen!



    "Krah kräht wieder"

    • @Heinrich Ebbers:

      Wie wäre es denn mit: kräht der Hahn auf dem Mist …

      • @Abdurchdiemitte:

        "Wie wäre es denn mit: kräht der Hahn auf dem Mist …" ... Oder "Kräht der Krah als wär er ein Christ".

        • @Ralph-Lothar Keller:

          Christenmenschen sollten eigentlich nicht wie ein Krah krähen … ich bin da politisch noch anders sozialisiert: alle wahren Christen wählen Sozialisten!

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Heinrich Ebbers:

      „Hier kräht der Krah"



      Unter diesem Titel schreibt der Herr Krah angeblich im Internet. Könnten Sie wissen. Darum ist die Überschrift völlig in Ordnung.



      (Nein, ich werde keine Links einfügen.)

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Sollte es an Substanz fehlen,



        Ist es vielleicht dann kra(h)keelen?

    • @Heinrich Ebbers:

      Gestern habe ich eine Zeitlang die Bundestagssitzung verfolgt.



      Zuerst ein Antrag der AFD, der wie üblich von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg hatte.



      Dann eine Debatte über die AFD, die wieder wertvolle Zeit verschwendet hat, in der man etwas Sinnvolles hätte besprechen können.



      Es geht der AFD in erster Linie darum, Regierungsarbeit auszubremsen, wobei die Schwarzen öfter mal gerne mitmachen.

    • @Heinrich Ebbers:

      Ooch, schade - der Name des Verkehrsministerdarstellers schreit doch auch nach der Verbindung mit einem Gemüse, welches in dieser Funktion nicht schlechter wäre.

    • @Heinrich Ebbers:

      Ja, wirklich unnötig ... wo es die Spatzen schon vom Dach pfeifen.

  • Das wäre ein erster und notwendiger Schritt die AfD aus den parlamentarischen Gremien auszuschließen. Ob die Damen und Herren sich dazu aufraffen können steht auf einem anderen Blatt.

    Auch die Mitarbeiterkontrolle sollte dereinst verschärft werden, damit die netten AfD Supporter von den Identitären und 3 Weg nicht die Luft im Reichstagsgebäude verpesten. War groß im Gespräch, passiert ist wenig. Die meisten sind noch da.

    Mich beschleicht immer häufiger das Gefühl, dass im Umgang mit der AfD viel heiße Luft produziert wird und sich hinter den Worten wenig Tatkraft verbirgt. Die heutige Debatte war wieder so ein Beispiel dafür.

    Kann ich nicht nachvollziehen. Die Rechten liefern derzeit eine Steilvorlage nach der anderen und keiner bemüht sich diese zu verwerten.

    Sinnbildlich dafür stehen die Worte des Bundeskanzlers zur Spionageaffäre "sehr besorgniserregend".

    Na wie schön.

    • @Sam Spade:

      “Mich beschleicht immer häufiger das Gefühl, dass im Umgang mit der AfD viel heiße Luft produziert wird und sich hinter den Worten wenig Tatkraft verbirgt.”



      Na ja, wenn den Demokraten - wie gestern in der Aktuellen Stunde im Bundestag - zu den aktuellen Vorgängen rund um die AfD nichts weiter einfällt, als unisono in Vaterlandsverräter-Getöse einzustimmen (von Unionsseite aus mag das ja noch konsequent sein), muss man sich nicht wundern.



      In DIESER Disziplin sind Faschisten den Demokraten noch allemal überlegen.



      Ja Mensch, sollte man von der AfD wirklich etwas anderes erwarten können, als Putin und anderen Potentaten den A… zu pudern! Das ist aber nur EINE einzige Seite ihrer hässlichen Fratze … ich wünschte mir, die anderen würden genau so hart angegangen.

    • @Sam Spade:

      Nö Sam, das Gefühl täuscht Dich nicht. Es IST so: heiße Luft, vor allem von etwa künftigen Koalitionspartnern....

    • @Sam Spade:

      Es geht rechtlich in einer Demokratie auch nicht Alles, was vielleicht " praktisch" wäre.



      "Die Damen und Herren" haben sich aber in der Vergangenheit bereits dazu durchgerungen, sämtliche Bewerber der "afd" für einen Vorsitz eines Bundestagsausschusses durchfallen zu lassen.



      Außerdem wurden keine VertreterInnen der "afd" in den Vorsitz des Bundestages gewählt ( obwohl Ihr lt. Geschäftsordnung ein Posten zusteht).

  • Namenswitze, na ja, muss man ja eigentlich nicht herauskrahmen.



    Die ADis haben entweder Karrieristen oder Peinliche oder eine Mischung. Die Ausnahmen verlassen das stinkende Boot.



    Bei Krah muss man einfach nur trocken berichten.

  • Der Höhenflug der AfD wird genau dann enden, wenn die "etablierten" Parteien zurückfinden zu einer Politik für die Menschen und die Bevölkerung und nicht länger für Parteien, Schreihälse und Lobbyisten.

    • @Bolzkopf:

      Nur: Wo ist die afd keine Partei für Schreihälse und Lobbyisten?

    • @Bolzkopf:

      Das ist ein sehr interessanter Einwurf für Jemanden, der die letzten Jahre in Australien gelebt hat und keinerlei Informationen über Deutschland erhielt.



      Im Grunde argumentiert die "afd" genauso.



      Es ist natürlich schwierig Jemanden, der so lange weg war die Geschichte der letzten Jahre in wenigen Worten zusammen zu fassen.



      Allerdings kann ich Ihnen versichern, dass die Regierung in den diversen Krisen der jüngsten Vergangenheit diverse Unterstützungs Maßnahmen für die Bevölkerung durchgeführt hat. Angefangen bei breit angelegten Gesundheitsmaßen, über Sicherung des Arbeitsplatzes, Erhöhung der Sozialleistungen, Abfederung krisenbedingter Härten bis zu mehr Teilhabe beim Kampf gegen den Klimawandel durch einen vergünstigten ÖPNV und ein sozial gestaffeltes GEG.



      Sie hätten da sein sollen, da hätten Sie was erlebt!

      • @Philippo1000:

        Ihre Liste beschreibt es ganz gut. Die Regierung hat, überwiegend ohne Steuerung und Maß, diverse Krisensymptome mit Geld zugeworfen und einen Wust neuer Regeln und Vorschriften erlassen.

      • @Philippo1000:

        ja, so hat man die letzten Jahre erlebt, im Villenvorort.... Da kann man schon mal glauben, jemand, der am anderen Ende der Schere lebt, wäre aus Australien

  • Das ficht AfD-Wähler nicht an. Die "Feindparteien" sind auch korrupt, so gleicht sich das dann aus, wenn man sich nicht einredet, dass das eh erfunden ist. Sascha Lobo hatte in einem Kommentar zum FPÖ-Skandal rund um das geleakte Video mit der Fake-Oligarchin ganz gut beschrieben wie solche Situationen ausgesessen werden

  • Krah hat den Loser Trump als Vorbild genannt, das Ziel der AfD den ÖRR und die freie Presse zu demontieren wird nicht gelingen. Es ist zu hoffen das seine feindlichen Aktionen gegen unsere Demokratie weiter veröffentlicht werden.