Angriffe des Iran auf Israel: Arabische Nachbarschaftshilfe
Der glimpfliche Ausgang der iranischen Raketenangriffe zeigt: Israel braucht die Hilfe anderer Staaten. Das Land sollte sie nicht aufs Spiel setzen.
D er Vergeltungsschlag des Iran gegen Israel schafft Klarheit in der Region – allerdings wohl nicht so, wie die Islamische Republik sich das vorgestellt hatte. Über 300 Raketen und Drohnen soll Teheran gegen Israel losgeschickt haben, davon abgeschossen wurden laut israelischem Militär 99 Prozent. Die Hisbollah aus dem Libanon schickte zwar zeitlich koordiniert ebenfalls Geschosse, doch die Bilanz der Nacht fällt weit weniger schrecklich aus als von vielen befürchtet: wenige Verletzte, keine Toten.
Zwar könnte man nun argumentieren, der Iran habe lediglich testen wollen, ob Israels Verteidigungssysteme einem Angriff standhält, um bei der nächsten Attacke die Dosis des Feuers zu erhöhen. Doch aus iranischer Perspektive bleibt ein Kernproblem: Israel ist gegen Angriffe aus der Ferne gut gerüstet, das Flugabwehrsystem „Arrow“ ist genau darauf ausgelegt. Und bei Angriffen aus dem Iran hat Israels Verteidigung deutlich mehr Zeit, sich vorzubereiten, als bei Attacken von Irans Stellvertretermilizen aus dem Südlibanon oder dem Gazastreifen.
Da verwundert es nicht, dass der Iran am Sonntag bekannt gab: Wenn es einen israelischen Gegenschlag gebe, sehe man sich wiederum zu einem noch härteren Gegenschlag gezwungen. Aber eben nur: „wenn“. Auch der Islamischen Republik scheint bewusst zu sein, dass ein Luftkrieg mit Israel eine teure, wenig effektive Angelegenheit wäre. Das ist die erste Erkenntnis.
Die zweite: Israel hat sich in der Nacht zum Sonntag nicht allein verteidigt. Die USA, Großbritannien und das Nachbarland Jordanien schossen Drohnen und Raketen ab. Auch Saudi-Arabien soll sich an der Verteidigung Israels beteiligt haben. Die Beziehungen zwischen Israel und seinen westlichen Verbündeten sowie den ihm gewogenen arabischen Nachbarn waren in letzter Zeit drastisch abgekühlt wegen Israels erbitterten Kriegs gegen die Hamas in Gaza.
Arabische Staaten spüren den Druck der Mullahs
Doch sowohl Saudi-Arabien als auch Jordanien – an dessen Nordgrenze mit Syrien ein iranfreundliches Regime und durch den Iran finanzierte Milizen sitzen – spüren den Druck Teherans. Und erinnern sich, dass sie von Israels Kampf gegen die Mullahs profitieren und dass in der Opposition gegen den Iran und seine Stellvertretermilizen – in Saudi-Arabiens Fall vor allem die Huthi-Miliz im Jemen – die Gemeinsamkeiten groß sind.
Für Israel folgt daraus, hoffentlich, eine dritte Erkenntnis: Seine Verbündeten reihum zu verprellen, weil man den extremen Rechten im Land und ihren Siedlungsfantasien hinterherhechelt, ist eine schlechte Strategie. Guten Willen zu zeigen bei der Verteilung von Hilfen und beim Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza ist sicherlich förderlich, um notwendige Allianzen aufrechtzuerhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen