Abwahl von McCarthy im US-Kongress: Keine Kompromisse

Rachegelüste des Trump-Lagers haben zur Abwahl Kevin McCarthys geführt. Der rechte Flügel der Republikaner spielt jetzt eine zentrale Rolle im Kongress.

Republikaner Matt Gaetz bei einer Pressekonferenz.

Anführer der McCarthy-Stürzer: Republikaner Matt Gaetz vor der Presse in Washington Foto: Jonathan Ernst/reuters

Zwar wurde es bereits seit längerem erwartet, doch als es dann wirklich so weit war, herrschte unter der Mehrheit der Republikaner Unverständnis. Acht Republikaner und 208 Demokraten schrieben am Dienstag Geschichte, als sie mit ihren Stimmen den amtierenden Sprecher des US-Repräsentantenhauses aus dem Amt wählten.

Noch nie zuvor wurde ein Sprecher auf diese Weise abgesetzt. Für den rechten Flügel der Trump-Partei rund um Matt Gaetz ist die Absetzung von Kevin McCarthy zumindest ein kleiner Erfolg, doch für die USA war es ein “trauriger Tag“, wie es der republikanische Abgeordnete Tom Cole aus Oklahoma beschrieb.

Nach den Ereignissen im US-Kongress darf zurecht gefragt werden, ob die Republikanische Partei überhaupt in der Lage ist, das Land zu regieren. Die Partei ist seit der Wahlniederlage von Ex-Präsident Donald Trump im Jahr 2020 auf der Suche nach sich selbst.

Trump ist noch immer eine zentrale Schlüsselfigur – und das trotz seiner diversen Probleme mit der Justiz. In praktisch allen Umfragen zur Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr liegt der ehemalige Präsident mit oft großem Vorsprung an der Spitze. Ein nicht unerheblicher Teil der republikanischen Kongressfraktion steht auch deshalb geschlossen hinter dem 78-Jährigen.

Keine Kompromisse

Für Trump und seine loyalen Anhänger im Kongress geht es vor allem um eins, Rache. Sie wollen Präsident Joe Biden so schnell wie möglich aus dem Weißen Haus werfen. Die Kongress-Untersuchung bezüglich eines möglichen Amtsenthebungsverfahrens läuft. Sie sind für Waffen und gegen Bildung, sie sind für Kürzungen der Sozialleistung und gegen Abtreibung. Sie bezeichnen sich gerne als Anti-Woke, auch wenn keiner von ihnen so richtig weiß, was damit gemeint ist.

Was diese Gruppe an Republikanern auf keinen Fall will, sind Kompromisse mit Demokraten. Und genau dies wurde McCarthy am Ende zum Verhängnis. Um einen möglichen “Shutdown“ der Bundesregierung zu verhindern und damit Millionen von Amerikanern vor finanziellen Engpässen zu bewahren, hatte er sich am vergangenen Wochenende auf einen Übergangshaushalt mit den Demokraten geeinigt.

Nun ist McCarthy sein Amt los. Seine Partei sucht einen Nachfolger, und die Verhandlungen zur Lösung der Finanzierungskrise bleiben links liegen. Da die Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus nur eine Handvoll Sitze beträgt, kommt den etwa zwei Dutzend zum äußerst rechten Rand der Partei zählenden Abgeordneten eine überdimensionale Rolle zu.

Republikaner kaum regierungsfähig

Sie können mit nur ein paar wenigen Gegenstimmen einen Gesetzesentwurf der eigenen Parteiführung zurückweisen. McCarthy musste zu Beginn seiner Amtszeit deshalb Zugeständnisse eingehen, um die gesamte Fraktion hinter sich zu vereinen.

Große politische Erfolge von republikanischer Seite konnten in den vergangenen etwa neun Monaten trotzdem nicht erzielt werden – auch nicht in den wichtigen Wahlkampfthemen wie Kriminalitäts- und Migrationsbekämpfung. Und jetzt eben auch das Versagen, einen Haushaltsplan zur Finanzierung der Bundesregierung auszuarbeiten.

Wer hat den Mut, sich auf ein ähnliches Spielchen wie McCarthy einzulassen, nur um am Ende vielleicht genauso dazustehen? Die Liste dürfte ziemlich kurz sein. Doch ohne neuen Sprecher ist der Kongress gelähmt und damit die gesamte US-Regierung. Die Zeit läuft, und die Probleme werden nicht weniger.

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