Alles fürs Buch

Endlich ist wieder Buchmesse in Leipzig! Aber wer sind die Menschen im Hintergrund, die mit viel Leidenschaft und oft niedrigen Löhnen Bücher entstehen lassen? Wir haben einige von ihnen getroffen

Von Dirk Knipphals

Ohne Herzblut geht es nicht im Literaturbetrieb. Doch es gibt auch keine Garantie, dass noch so viel davon tatsächlich zum Erfolg führt. Jenseits der naiven Erzählungen von kreativen Traumjobs mit Selbstverwirklichungsticket, aber auch jenseits aller Untergangsgesänge von der angeblich verschwindenden Buchbranche macht der Literaturbetrieb etwas, was die moderne, zivilisierte Gesellschaft eigentlich minimieren wollte: Er spielt Schicksal. Er verteilt Chancen ungerecht und willkürlich. Und wer klug und reflektiert ist im Betrieb, der weiß das auch.

Krise ist immer. Und der Markt ist eng. Verpasste Gelegenheiten und große Lose liegen da nah beieinander, und neben der belohnten Hartnäckigkeit findet sich die schöne Idee, die aus zufälligen Gründen keine Beachtung fand. Es stimmt eben nicht, dass sich kulturelles Kapital automatisch in reales Einkommen übersetzen würde. Und im Gegensatz zum akademischen Bereich, in dem der Mittelbau sich über allzu enge Karrierefristen bei der Politik beschweren kann, gibt es im Literaturbetrieb noch nicht einmal einen geeigneten Adressaten für Protest und Empörung. (Was einen allerdings keineswegs daran hindern sollte, darauf hinzuweisen, dass Texte aller Art, seien es Literaturbesprechungen, Übersetzungen oder auch Verlagsgutachten, skandalös schlecht bezahlt werden, auch in der taz.)

Was sind das also für Menschen, die unter diesen Bedingungen all ihre Kräfte und ihre Kreativität einsetzen, um ihren Lebensunterhalt mit und für Bücher zu verdienen? Dass es bessere, klügere, zivilisiertere oder auch nur coolere Menschen wären als sonst wo, wie die großen Erzählungen von Kunst und Bildung immer mal wieder suggeriert haben, würde niemand von ihnen behaupten. Aber es sind doch viele eigenwillige Menschen: Verlagsleute und Übersetzer*innen, Journalistinnen und Agen­tin­nen, Festivalchefs und Pressereferenten. Viele Überzeugungstäter finden sich darunter, manchmal an der Grenze zwischen Engagement und Selbstausbeutung balancierend. Die gewaltigen Traditionen von Buchdruck und Aufklärung hinter sich und manchmal auch auf den Schultern. Diejenigen ohne Festanstellung manchmal knietief im Dispo und kopfschüttelnd auf die geringen Verkaufszahlen starrend. Dann aber auch wieder die Visionen und Geschlechter- sowie Herkunftsgerechtigkeit, sprachliche Durchdringung und historisches Bewusstsein motivierend vor sich.

Wenn jetzt nach drei coronabedingt ausgefallenen Messen die Buchbranche endlich einmal wieder in Leipzig zusammenfindet, neue Bücher durchbringen, Themen besetzen und sich auch ein Stück weit selbst feiern will, dann ist offiziell viel von Au­to­r*in­nen und Le­se­r*in­nen die Rede. Aber – und das sollte man einmal betonen – es kommen dort auch sonst bemerkenswerte Menschen zusammen. Einige von ihnen porträtieren wir auf diesen Seiten (wir haben uns dabei auf die Verlage konzentriert).

Haben einen Neustart gewagt: Barbara Kalender und Richard Stoiber, März-Verlag Foto: Sophie Kirchner

Jedenfalls, vor ein paar Jahren gab es mal die Parole, dass im Literaturbetrieb die Originale aussterben und die Managertypen den Laden übernehmen würden. Das ist so nicht eingetreten. Es gibt natürlich die Managementtypen. Doch dass mit Sparplänen und Zielgruppenanalysen allein neue Programme irgendwie fade werden, hat sich, scheint es, inzwischen herumgesprochen. Die Literatur ist kein auf Effizienz zu trimmender Produktionsprozess.

Krise ist immer? Mag sein. Doch man muss auch weitermachen. Eine gehörige Portion Wage­mut gehört – neben der Neugier auf Bücher – dazu.