Urteil gegen Reichsbürgerin: AfD-Richterin des Dienstes enthoben

Die mutmaßlich an Putschplänen beteiligte Birgit Malsack-Winkemann darf vorerst kein Recht mehr sprechen. Die Amtsenthebung ist wahrscheinlich.

Malsack-Winkemann sitzt mit ihrem Anwalt im Gericht

Malsack-Winkemann im Oktober vor Gericht Foto: dpa

BERLIN taz | Die bei einer Großrazzia gegen die Reichsbürger-Szene inhaftierte Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann darf vorerst nicht weiter als Richterin tätig sein. Das Berliner Richterdienstgericht hat die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete am Donnerstag in einem Eilverfahren vorläufig ihres Dienstes enthoben und ist damit einem entsprechenden Antrag der Senatsverwaltung für Justiz gefolgt. Zudem werden ihre monatlichen Dienstbezüge um die maximal möglichen 50 Prozent gekürzt. Das Land Berlin könnte damit im zweiten Anlauf erfolgreich sein, Malsack-Winkemann, die seit 1996 im Dienst des Landes ist, aus dem Richteramt zu entfernen.

Gegen Malsack-Winkemann liegt der dringende Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung vor. Sie wird verdächtigt, einer Gruppe um Heinrich Prinz Reuß anzugehören, die einen Staatsstreich geplant und dafür einen Angriff auf den Bundestag vorbereitet haben soll.

Im Schattenkabinett der Reichsbürger war sie als zukünftige Justizministerin vorgesehen. Als ehemalige Abgeordnete, die weiterhin eine Zugangsberechtigung zum Bundestag besaß, soll sie ihre Komplizen mit Insiderkenntnissen über den Bundestag versorgt haben, glauben Ermittler.

Die Gruppe war Anfang Dezember aufgeflogen: 3.000 Po­li­zis­t:in­nen hatten Häuser und Wohnungen in 11 Bundesländern sowie Österreich und Italien durchsucht. Malsack-Winkemann war in ihrer Villa in Wannsee festgenommen worden und sitzt seither in Untersuchungshaft. Erst seitdem wurde sie nicht mehr am Landgericht eingesetzt. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag, dem sie von 2017 bis 2021 angehörte, war Malsack-Winkemann in den Berliner Justizdienst zurückgekehrt.

Entfernung aus dem Richteramt wahrscheinlich

Wie das Gericht am Donnerstag mitteilte, sei es nach derzeitigem Ermittlungsstand „überwiegend wahrscheinlich, dass das gegen die Richterin eingeleitete Disziplinarverfahren zur disziplinarischen Höchstmaßnahme einer Entfernung aus dem Richterverhältnis führen werde“. Weiter hieß es: „Eine Richterin, die sich einem auf die Durchführung eines gewaltsamen Staatsstreiches gerichteten Geheimbündnis anschließe, breche den von ihr geleisteten Eid auf das Grundgesetz in besonders schwerer Weise und sei deshalb aus dem Dienst zu entfernen.“

Ein erster Versuch, sie aufgrund rassistischer Aussagen aus dem Richteramt zu entfernen, war im Oktober vergangenen Jahres noch mit einer Niederlage der von Senatorin Lena Kreck (Linke) geführten Justizverwaltung geendet. Das Land hatte argumentiert, Malsack-Winkemann könne nicht mehr glaubwürdig Recht sprechen, da ihre Sympathie für rassistisch-diskriminierende Konzepte öffentlich bekannt seien. Das Dienstgericht jedoch hatte den Antrag verworfen, Malsack-Winkemann vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen, und verneinte in dem Urteil ihre „Nähe zu verschwörungstheoretischen Kreisen mit rechtsextremem Hintergrund“.

Doch die Festnahme Malsack-Winkemanns zwei Monate später hat das Gericht nun offenbar vom Gegenteil überzeugt. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Dienstgerichtshof am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) eingelegt werden. (mit dpa)

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