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Das „Agentengesetz“ in GeorgienNoch rechtzeitig abgebogen

Tigran Petrosyan
Kommentar von Tigran Petrosyan

Nach Protesten nimmt Georgiens Regierung den Gesetzentwurf zu „ausländischen Agenten“ zurück. Gut so, sonst wäre sie einer russischen Praxis gefolgt.

Protest vor dem Parlament in Tiblissi gegen das „ausländische Agenten“-Gesetz Foto: Irakli Gedenidze/reuters

W eil Tausende Menschen in Georgien zwei Tage lang hartnäckig auf die Straßen von Tiflis gingen und sich nicht von Tränengas, Wasserwerfern, Schlägen oder Verhaftungen abschrecken ließen, hat die georgische Regierung das „Agentengesetz“ zurückgezogen.

Medien und Nichtregierungsorganisationen, die Geld aus dem Ausland erhalten, sollten als „ausländische Agenten“ eingestuft werden – eine Praxis, mit der Russland vor Jahren die Grundlage für seine gegenwärtige Kriegsdiktatur legte.

Für Georgien war es knapp. Fast hätte das Land, das als Wiege der Freiheit im Kaukasus gilt, sich in ein schwarzes Loch verwandelt. Mit der angestrebten Mitgliedschaft in der EU wäre es dann vorbei gewesen. Die Ereignisse in Tiflis beweisen hingegen, dass, auch wenn allein in der Ukraine mit Waffen gekämpft wird, der russische Krieg im gesamten postsowjetischen Raum ausgetragen wird.

Russland spielt nach wie vor eine wichtige Rolle, sei es als wie auch immer gearteter Partner oder als ständig präsente Bedrohung. Die georgische Regierung hat mit dem Feuer gespielt. Georgien war und ist eine internationale Zone der Freiheit: Vor allem Jour­na­lis­t:in­nen und Aktivist:innen, die vor dem diktatorischen System und den Repressionen in Aserbaidschan fliehen, suchen im benachbarten Georgien Zuflucht. Viele Mädchen und Frauen aus den nordkaukasischen russischen Republiken wie Tschetschenien und Dagestan finden in Georgien Schutz vor häuslicher Gewalt und vor Verfolgung. All diese Menschen hat ihr Wunsch nach Freiheit nach Georgien geführt.

Auch Russen sollen auf die Barrikaden

Auch Zehntausende Russen, die im vergangenen Jahr vor der Mobilmachung geflohen waren und zum Teil auch ihre Geschäfte verlegt haben, betreiben von Georgien aus etwa unabhängige russische Nachrichtensender.

Es ist an der Zeit, dass diese Zehntausenden Russen, die in diesem Jahr den georgischen Wein und die georgische Freiheit genossen haben, an der Seite der georgischen Gesellschaft direkt vor den Barrikaden stehen. Diese Proteste gegen die imperialistischen Pläne Russlands sind mit Sicherheit nicht die letzten.

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Tigran Petrosyan
Leiter Osteuropa Projekte
Petrosyan hat in Jerewan, Mainz und Berlin Orientalistik; Geschichts- und Kulturwissenschaften studiert und in Berlin über Integration, Migration und Medienwahrnehmung promoviert. Er schreibt vor allem für die taz, ZEIT-ONLINE und für das Journal von Amnesty International. Er ist als Reporter in Osteuropa unterwegs und leitet die Osteuropa-Projekte der taz Panter Stiftung. Herausgeber des Buches "Krieg und Frieden. Ein Tagebuch" (September 2022).
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2 Kommentare

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  • Dass die Regierung so schnell einknickt ist doch komisch

  • Bemerkenswert finde ich, dass die Georgier wesentlich selbstbewusster gegenüber ihrer Regierung auftreten, als ihre russischen Nachbarn, die ein ähnliches Gesetz im wesentlichen gehorsam hinnahmen. Vielleicht war das georgische Gesetz zu „ausländischen Agenten“ nur ein Versuchsballon, dem ähnlich geartete gefolgt wären, bis Georgien am Ende eine Autokratie wie Russland oder Belarus geworden wäre. Vermutlich haben die Georgier das geahnt. Die Regierung tat gut daran, das Gesetz zurückzuziehen.