Nancy Faeser entlässt BSI-Präsident: Schönbohm ist weg

Schon vor Tagen wollte Faeser den BSI-Präsidenten entlassen, nun ist Arne Schönbohm abberufen worden. Grünenpolitiker fordern Aufklärung.

Porträt von Arne Schönbohm

Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), wurde entlassen Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

BERLIN taz | Schon vor Tagen war seine Ablösung geplant gewesen, nun schafft Bundesinnenministerin Nancy Faeser Fakten: Am Dienstag berief die Sozialdemokratin Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), ab. Das bestätigte ein Ministeriumssprecher der taz.

Schönbohm stand nach einer Veröffentlichung des „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann in der Kritik, wegen einer möglichen Nähe zu russischen Geheimdienstkreisen. Der 53-Jährige hatte 2012 den umstrittenen Cyber-Sicherheitsrat e.V. mitgegründet und bis 2016 angeführt, der auch Kontakte nach Russland gehalten haben soll. Noch im September hielt er dort eine Festrede. Zu dem Verein gehörte auch die Cybersicherheitsfirma Protelion, ein Ableger des russischen Infotecs, das von einem früheren KGB-Agenten gegründet wurde.

Man habe Schönbohm „mit sofortiger Wirkung“ die Dienstgeschäfte untersagt, sagte Faesers Sprecher der taz. „Hintergrund sind nicht zuletzt die in den Medien bekannten und breit diskutierten Vorwürfe, die das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung als Präsident der wichtigsten deutschen Cybersicherheitsbehörde nachhaltig beschädigt haben.“ Dies gelte auch für das Vertrauen der Ministerin in Schönbohms Amtsführung – und „umso mehr in der aktuellen Krisenlage hinsichtlich der russischen hybriden Kriegsführung“.

Die Entscheidung erfolge auch „aus Fürsorge“ für die 1.500 Mitarbeitenden des BSI, so der Sprecher. Sie könnten nun wieder unabhängig von personellen Spekulationen „ihrer für die IT-Sicherheit in Deutschland so wichtigen Arbeit nachgehen“. Die Vorwürfe gegen Schönbohm würden weiter „mit Nachdruck“ geprüft. Bis zum Abschluss der Prüfung gelte für Schönbohm die Unschuldsvermutung, betonte der Sprecher. Anders als kolportiert, soll kein Disziplinarverfahren gegen Schönbohm vorliegen.

Grüne fordern weitere Aufklärung ein

Schönbohm selbst hatte sich zuletzt nicht zu den Vorwürfen geäußert. Zu seinem früheren Cybersicherheits-Verein hatte er selbst vor einiger Zeit ein Auftrittsverbot für BSI-Mitarbeitende erteilt – an das er sich im September selbst nicht hielt. Der Vortrag soll aber vom Innenministerium abgesegnet gewesen sein. Der Verein selbst wies Beeinflussungen durch Russland als „absurd“ zurück.

Protelion wurde nach der ZDF-Veröffentlichung indes aus dem Verein ausgeschlossen. Deren CEO Josef Waclaw hatte eine Lenkung durch russische Geheimdienste ebenso zurückgewiesen. Die von Protelion verwendete Software habe keine Backdoors und sei auch nicht mit russischen IT-Systemen kompatibel, sagte er der taz.

Faeser soll aber schon länger an der Kompetenz von Schönbohm gezweifelt haben, umso mehr, da das BSI zur Zentralstelle für die Cybersicherheit in Deutschland ausgebaut werden soll. Dass Schönbohm bis zum Schluss Kontakte zum Cyber-Sicherheitsrat-Verein hielt, hatte ihre Kritik offenbar verstärkt.

Die Union hatte Schönbohms geplante Ablösung dagegen als „Bauernopfer“ kritisiert. Auch Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte weitere Aufklärung. „Wir wollen den Sachverhalt erst voll verstehen, um nachvollziehen zu können, was genau passiert ist und wie dise Personalentscheidung begründet wird“, sagte er am Dienstag der taz. „Diese Sachaufklärung fordern wir ein.“

Schönbohm hatte seit 2016 die Behörde geführt – und sich nach anfänglicher Kritik unter IT-Spezialist:innen durchaus einen ordentlichen Ruf erarbeitet. Seine Nachfolge ist noch offen. Darüber soll „zügig entschieden werden“, hieß es aus dem Innenministerium.

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