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+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++Scholz weiter gegen Panzerlieferung

Bundeskanzler Olaf Scholz will weiter keine Kampfpanzer in die Ukraine liefern. Wolodimir Selenski fordert nach russischen Kriegsverbrechen Konsequenzen.

Olaf Scholz bleibt weiter zögerlich Foto: Kay Nietfeld

Russland verteidigt Nachschublinie

Das russische Militär hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste im Nordosten der Ukraine eine Verteidigungslinie zwischen dem Fluss Oskil und der Stadt Swatowe aufgebaut.

In der Region gehe die ukrainische Offensive weiter, teilt das Verteidigungsministerium in London in seiner regelmäßigen Lageeinschätzung auf Twitter mit. Russland dürfte die Kontrolle des Gebiets zwischen Swatowe und dem Oskil besonders wichtig sein, da dort eine der wenigen noch funktionierenden Haupt-Nachschublinien aus der russischen Grenzregion Belgorod verlaufe.

Russland werde wahrscheinlich deshalb versuchen, das Gebiet in der Ukraine hartnäckig zu verteidigen. „Es ist aber unklar, ob die russischen Truppen an der Front über ausreichend Reserven und Kampfmoral verfügen, um einen weiteren konzertierten Angriff der Ukraine abzuwehren.“ (rtr)

Scholz verteidigt Nein zur Kampfpanzer-Lieferung

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Entscheidung der Bundesregierung verteidigt, keine Schützen- oder Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern. Es gelte für Deutschland der Grundsatz, keine Alleingänge zu machen, sagte Scholz dem Deutschlandfunk. Die Waffen, die Berlin Kiew zur Verfügung gestellt habe, hätten „die jetzigen Erfolge, die die Ukraine verzeichnet, auch ermöglicht“, sagte Scholz. Zu seinen Telefongesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte Scholz, bei diesen habe es „durchaus Bewegungen gegeben“, wenn auch nicht sehr weitreichende.

Zur Unterstützung Kiews ergänzte Scholz, erst die deutschen Waffenlieferungen hätten auch viele andere europäische Länder dazu bewegt, sich anzuschließen. Es ergebe „Sinn, dass wir dort weitermachen“.

Zu seinen Gesprächen mit Putin sagte Scholz, die Gespräche mit ihm seien „im Ton immer freundlich“ geblieben, auch wenn es „in der Sache sehr, sehr unterschiedliche, ja weit unterschiedliche Ansichten“ gebe, die er klar vorgetragen habe.

Am Dienstag hatte der Kanzler 90 Minuten lang mit Putin telefoniert und dabei den vollständigen Rückzug aus der russischen Truppen aus der Ukraine gefordert. (afp)

Selenski beklagt russische Kriegsverbrechen in Isjum

Nach dem Fund Hunderter Leichen in der von der russischen Besatzung befreiten ostukrainischen Stadt Isjum hat Präsident Wolodimir Selenski in Kiew eine Bestrafung Moskaus wegen Kriegsverbrechen gefordert. Die Welt dürfe nicht zusehen, wie der „Terrorstaat“ Russland töte und foltere, sagte Selenski. Russland müsse mit noch härteren Sanktionen bestraft werden. Aktuell seien mehr als 440 Gräber in der Nähe von Isjum im befreiten Gebiet Charkiw gefunden worden.

„Es ist zu früh, etwas über die Zahl der dort begrabenen Menschen zu sagen, die Ermittlungen dauern an“, sagte Selenski in einer am Freitagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Zugleich betonte der 44-Jährige: „Es gibt bereits klare Beweise für Folter, erniedrigende Behandlung von Menschen. Außerdem gibt es Beweise, dass russische Soldaten, deren Positionen nicht weit von dieser Stelle waren, auf die Beerdigten einfach aus Spaß geschossen haben.“

Russland habe agiert wie im Frühjahr in Butscha, einem Vorort der Hauptstadt Kiew, wo gefesselte Leichen von Zivilisten gefunden worden waren. Selenski begrüßte, dass die Vereinten Nationen nun Experten schicken wollen, um die Taten „russischer Terroristen“ zu erfassen. (dpa)

USA verurteilen russische Kriegsverbrechen

Die US-Regierung bezeichnete die Leichenfunde als „abscheulich“. „Es passt leider zu der Art von Verdorbenheit und Brutalität, mit der die russischen Streitkräfte diesen Krieg gegen die Ukraine und das ukrainische Volk führen“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Freitag. „Es ist absolut verdorben und brutal.“

Es werde immer offensichtlicher, wozu der russische Präsident Wladimir Putin und seine Soldaten fähig seien, sagte er. Die US-Regierung werde weiterhin die Bemühungen unterstützen, russische Kriegsverbrechen und Gräueltaten zu dokumentieren, um schließlich die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können.

In Isjum sind mehr als 400 Leichen gefunden worden. Die Menschen sollen ersten Erkenntnissen zufolge ums Leben gekommen sein, als Russland die Stadt Ende März heftig beschossen habe. Ende März waren auch in dem Kiewer Vorort Butscha nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte getötete Zivilisten teils mit Folterspuren gefunden worden. Butscha gilt seitdem als Symbol für schwerste Kriegsverbrechen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. (dpa)

Selenski berichtet von russischen „Folterkammern“

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski berichtete in seiner allabendlichen Videoansprache von „Folterkammern“, die nach dem Rückzug der russischen Armee aus dem Gebiet Charkiw in Städten und Ortschaften gefunden worden seien. Dort seien Zivilisten, darunter auch Ausländer, gefangen gehalten und misshandelt worden. Sieben Medizinstudenten aus Sri Lanka, die Selenski zufolge im März von russischen Soldaten in einem Keller eingesperrt wurden, seien gerettet worden und würden nun versorgt.

„Wir werden den Zugang gewährleisten, um der Welt zu sagen, dass der Russismus verurteilt werden muss.“ Die Weltgemeinschaft müsse reagieren. Der Präsident erinnerte an die Initiative Kiews für ein internationales Tribunal, um Russland wegen seines Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine zu bestrafen. Zugleich bekräftigte er Forderungen nach Reiseverboten für Russen in die EU und forderte Unternehmen zur Abkehr von Russland auf. „Wenn ein Staat den Weg des Terrors einschlägt, dann ist es die Pflicht einer Firma mit Selbstachtung, sich von einem solchen Staat zu distanzieren.“

Bei der Verteidigung gegen den von Putin Ende Februar begonnenen russischen Angriffskrieg setzt die Ukraine vor allem auf die Lieferung moderner westlicher Waffen. Das führe zu einer bedeutenden Stärkung der ukrainischen Armee, betonte Selenski in seinem Video auch mit Blick auf die jüngsten Kampferfolge. (dpa)

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17 Kommentare

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  • Herr Selensky beschreibt die Waffenlieferungen als Stärkung der Ukrainischen Armee und den daraus resultierenden jüngsten Erfolg.



    Somit war die bisherige " Taktik" der westlichen Waffenlieferungen offenbar richtig.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Bundeskanzler Scholz: für die CumEx Verbrechen gehört er abgestraft (Rücktritt). Aber ich will keinen Krieg mit Russlaand, Das ist mir wichtiger. Da steht Scholz für die SPD (ja ich weiß, die unseeligen Kriegskredite unter W II):

    • @82286 (Profil gelöscht):

      Das Wort " Verbrecher" sollte man insbesondere dann benutzen, wenn eines vorliegt.



      Mag sein, dass man sich in Baden mit" na, Du alter Verbrecher!" begrüßt, die Intention ist jedoch eine Andere.



      Ich halte es für undemokratisch und gefährlich, Menschen autgrund eines Umstands, den man noch nicht einmal als Verdacht bezeichen kann, zu verurteilen.



      Falls Sie sich selbst als rechtsextrem betrachten, könnte eine Herabwürdigung unserer gewählten Volksvertreter einen Grund haben, ansonsten kann ich keinen erkennen.

      • 8G
        82286 (Profil gelöscht)
        @Philippo1000:

        Es gibt einen berechtigten Verdacht. Warum wäre sonst die Staatsanwaltschaft aktiv gewesen? Warum gibt es einen Bundestagsausschuss, der sich mit dem Thema befasst?



        Und Sie werden doch nicht wirklich glauben wollen, daß es an einem Oberbürgermeister von HH vorbeigeht, ob er 90 Millionen mehr oder weniger in der Kasse hat (im Verhältnis kein riesiger Betrag)? Trotzdem.



        Nennen Sie den Griff in die Staatskasse, bzw. das Decken desselben, halt eine Ordnungswidrigkeit. Und schon wissen Sie, wie wir uns in Baden zu begrüßen haben: "Na, Du alter Ordnungswidrigkeiter".

  • 6G
    657969 (Profil gelöscht)

    Ich bin froh, dass keine Panzer geliefert werden. Ein CDU Politiker hat die Lieferung von 50 dingos, 200 Hightech Raketen und 2 RaKetenwerfern, alles zusammen ca. 150 Millionen Euro an die UK als Almosen bezeichnet. Mir wären 150 Millionen fur Lehrer, ÖPNV, Kitas wichtiger. Es ist nicht unser Krieg und Deutschland hat schon viel geliefert.

    • @657969 (Profil gelöscht):

      Sowohl Putin als auch Xi verkünden seit Jahren, das das Ziel eine Zerschlagung der westlichen Mächte - auch mit militärischen Mitteln ist.



      Es spricht rein gar nichts dafür, das das das nicht ernst gemeint ist, weil beider Politik des letzten Jahrzehnts genau das vorbereiten soll.

      Sie können sich Ihre kurzsichtige Aussage daher nur leisten, weil es für Russland gerade schlecht steht.

      Übrigens ist das mit den Almosen völlig korrekt. Alleine das völlig überflüssige, korruptionsgetriebene Projekt Stuttgart 21 kostet über 10 Milliarden. An Geld mangelt es und also weiterhin nicht.

      • @Sonntagssegler:

        Der Inhalt Ihres ersten Absatzes ist für mich neu ? er macht für mich auch wenig Sinn, denn beide Staaten leben auch durch die Westmächte wirtschaftlich auf.



        Aber mir ist noch bekannt, aus Wikipedia aber mittlerweile gelöscht, dass die Zerstörung der Kommunistischen Sowjetunion eine der ersten NATO Aufgaben war.

        • @felix :

          Das Putin und Xi mehr oder midner öffentlich verkünden den "dekandenten im Niedergang befindliche Westen abzulösen" weiß inzwischen jeder der Lesen kann. "Seit Jahren" heißt - seit can 3-4 Jahren kann man es nicht überhören.



          Ökonomisch gefördert haben wir China seit den 80ern - sogar nach Tiananmen. Wir



          Wir (der böse Wertewesten) waren eben kooperativ und haven auf Wandel (Liberalisierung) durch Wohlstand gesetzt statt auf militärischen Druck.

    • @657969 (Profil gelöscht):

      Es steht (zur Zeit) nicht zu Debatte was die Ukraine vor dem Krieg innenpolitisch falsch gemacht hat. Rußland hat eine imperialistischen Kolonialkrieg begonnen der bereits andere Regionen (Armenien/Aserbaidschan und Kirgistan/Tadschikistan) destabilisiert und am Ende Europe bedroht.



      Um dieses Rußland in schranken zu weisen sind ein paar Opfer nur angebracht.

  • "Es gelte für Deutschland der Grundsatz, keine Alleingänge zu machen, sagte Scholz"



    Aber welche internationale Partner haben eigentlich etwas dagegen die Ukraine mit den dringend benötigten Waffen zu unterstützen?



    Die US-Botschaft in Berlin erklärte auf Twitter, man wisse die deutsche Unterstützung für die Ukraine zu schätzen, und weiter: "Die Entscheidung über die Art von Hilfen liegt letztlich bei jedem Land selbst."



    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: "Wenn sie sagen, sie brauchen Kampfpanzer, dann sollten wir das ernst nehmen und sollten ihnen das liefern"

    • @Ingo Bernable:

      "Es gelte für Deutschland der Grundsatz, keine Alleingänge zu machen, sagte Scholz"



      Er hat Recht! Weder die USA, England, Frankreich u.a. liefern keine Kampfpanzer. Ist es so schwer zu verstehen, dass diese Entscheidung Kampfpanzer zu liefern, abgestimmt werden muss?!

      • @D-h. Beckmann:

        "Ist es so schwer zu verstehen, dass diese Entscheidung Kampfpanzer zu liefern, abgestimmt werden muss?!"



        Ich verstehe es tatsächlich nicht, lasse es mir aber gern erklären.



        Dass andere Staaten bisher keine Kampfpanzer lieferten hängt uA auch damit zusammen, dass etwa USA, UK oder F von den von ihnen eingesetzten Modellen nur über begrenzte Kapazitäten beim Militär verfügen, während in DE auch noch erhebliche Leopard-Bestände bei der Industrie verfügbar wären, ebenso wie weitere im Ausland, die von dort aus aber ebenfalls nicht ohne deutsche Zustimmung (Endverbleibserklärung) an die Ukraine geliefert werden dürfen. DE blockiert also nicht nur eigene Lieferunge, sondern auch die Anderer um sich dann darauf zu berufen, dass andere ja auch nicht liefern, weil sie von DE blockiert werden.



        Man sollte sich schon entscheiden, entweder will man die Ukraine unterstützen RU zurückzuschlagen, ihnen dann aber auch die dafür nötigen Mittel an die Hand geben, oder eben nicht. Dann sollte man aber auch einen konkreten Plan für ein Szenario einer russisch annektierten Ukraine und möglichen weiteren Vorstößen in Moldau oder im Baltikum haben.

  • Das alles macht mich langsam richtig wütend. Mit seiner Haltung trägt Deutschland zur Verlängerung des Krieges bei und fällt der Ukraine in den Rücken.

    • @V M:

      Mich erinnert das Verhalten von BundesOlaf irgendwie immer wieder an sein Verhalten im Cum-Ex-Skandal.

      Ich halte den Mann ja generell für nicht koscher.

  • Ich bin auf Seite unseres Bundeskanzlers, mit mehr stärkeren Waffen für die Ukraine wird die russische Gegenoffensive ganz bestimmt schlimmer werden, mit noch mehr Opfern.



    Richtig für mich wären ständige friedliche Bemühungen für Frieden und Miteinander, an allen Orten unserer Welt, die solche Treffen und Beratungen ermöglichen können.

    Als Argumente zur Russischen Überzeugung, können sofort folgende Sanktionsaufhebungen und mehr Miteinander vielleicht einen Beitrag leisten - alles ist besser als Krieg und Energie- und Weltwirtschaftskrise.

  • Welche Konsequenzen? Wer will die durchsetzen?

    • @Gerd Arnold:

      Erst einmal müßten seine Behauptungen genauer überprüft werden.