Schlesinger tritt als RBB-Intendantin zurück

Luxusdienstwagen, falsche Abrechnungen, krumme Beraterverträge: Nach zahlreichen Vorwürfen legt Ex-ARD-Vorsitzende Schlesinger auch ihr Amt als RBB-Intendantin nieder

War seit 2016 Intendantin beim RBB: Patricia Schlesinger Foto: imago

Von Carolina Schwarz

Obwohl Patricia Schlesinger einen Rücktritt als RBB-Intendantin stets ausgeschlossen hat, war es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis sie doch geht. Zu schwerwiegend waren die Vorwürfe gegen die 61-Jährige, die maßgeblich durch die Recherchen von Business Insider veröffentlicht wurden. Am Sonntagabend war es dann so weit: Schlesinger legte ihr Amt als Intendantin mit sofortiger Wirkung nieder und trat als Chefin des Senders zurück. In einem Schreiben an die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach, das der taz vorliegt, heißt es: „Mir fällt dieser Schritt unendlich schwer. Die persönlichen Anwürfe und Diffamierungen haben aber ein Ausmaß angenommen, das es mir auch persönlich unmöglich macht, das Amt weiter auszuüben.“ Am Donnerstag hatte sie bereits ihren Rücktritt als ARD-Vorsitzende bekannt gegeben.

Ende Juni veröffentlichte Business Insider, das zum Verlagshaus Axel Springer gehört, die ersten Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger, die seit 2016 das Amt der Intendantin innehatte. Stetig kamen neue hinzu. Dabei geht es um ein „System aus gegenseitigen Gefälligkeiten“ zwischen Schlesinger und RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Letzterer soll Schlesingers Ehemann lukrative Aufträge in seinem Amt als Aufsichtsratschef der Messe Berlin zugespielt haben. Auch die Vergabe von Berater-Aufträgen für den Bau des digitalen Medienhauses des RBB wurden kritisiert. Hinzu kommen Anschuldigungen, die einen Luxusdienstwagen, mögliche fehlerhafte Abrechnungen von dienstlichen Abendessen in der Privatwohnung sowie eine Gehaltserhöhung betreffen.

Kurz nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe veranlasste der RBB eine unabhängige Untersuchung durch eine externe Anwaltskanzlei, die Compliance-Beauftragte und die Revision des Senders. Die Ergebnisse sollen im September oder Oktober vorliegen. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte ihr Verfahren gegen Schlesinger erst einmal eingestellt – nun sieht sie aber doch einen Anfangsverdacht. Das sagte ein Sprecher am Montag Nachmittag dem Tagesspiegel.

An Schlesingers Umgang mit den Vorwürfen gab es viel Kritik. Gerade aus der brandenburgischen Politik hatte in den vergangenen Wochen vermehrt Rücktrittsforderungen gegeben, wie von der Grünen-Fraktionschefin Petra Budke und dem Ausschusschef Daniel Keller (SPD). Auch intern gab es großen Unmut: Die Freien Mit­ar­bei­te­r:in­nen kritisierten, dass sie ein Großteil der Neuigkeiten nur über die Presse erfuhren; der RBB-Personalrat war nicht zufrieden mit dem Aufklärungsprozedere.

Schlesingers Rücktritt erfolgte nun 24 Stunden vor der anberaumten Sondersitzung des RBB-Rundfunkrats. Kurz vorher hatten der Business Insider, BZ und die Bild neue Details über die dienstlichen Dinner der Intendantin veröffentlicht. Zudem berichtete die Bild über einen Umbau der Chefetage im RBB in sechsstelliger Höhe. Vielleicht gaben diese Recherchen Schlesinger den letzten Impuls zum Rücktritt. Denn drei Tage zuvor hatte sie diesen noch ausgeschlossen. Bislang hatte sie die Anschuldigungen zurückgewiesen.

In einer Pressemitteilung des RBB begründet Schlesinger ihre Entscheidung wie folgt: „Aktuell steht nicht mehr die journalistische und publizistische Leistung des Senders im Vordergrund, sondern es geht nur um mögliche und angebliche Verfehlungen der Intendantin. Das bedauere ich sehr und ich entschuldige mich bei den Beschäftigten des rbb für diese Entwicklung.“

Eine Entschuldigung an die Mit­ar­bei­te­r*in­nen gab es also, eine selbstkritische Reflexion bleibt bislang aus und wird es für den Moment wohl auch nicht geben. Unter der Mitteilung wurde vermerkt: „Patricia Schlesinger steht aktuell nicht für weitere Statements oder Interviews zur Verfügung.“

Der Rücktritt Schlesingers wird in der Branche begrüßt. Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verband, sagte am Montag: „Wir haben über das Wochenende erlebt, dass immer neue Vorwürfe kommen und das ist nach meinen Informationen auch noch nicht das Ende der Fahnenstange. Insofern war es jetzt der richtige Schritt, um Schaden vom rbb und auch seinen Mitarbeitenden – und auch insgesamt von der ARD und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzuhalten.“

Die Leitung des RBB übernimmt ab sofort Hagen Brandstätter, der stellvertretende Intendant.

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