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Ausbau erneuerbarer Energien beschlossenEnergiewende-Reform kommt durch

Das Parlament hat ein Gesetzespaket zum Ausbau der erneuerbaren Energien beschlossen. Teilweise ruderte die Regierung zurück.

Windkraft jetzt! Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin taz | Um der Klimakrise und dem russischen Angriff auf die Ukraine zu begegnen, hat der Bundestag am Donnerstag den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien beschlossen. Es sei das „größte Gesetzespaket im Energiebereich der letzten Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über das sogenannte Osterpaket.

Die Stromproduktion vor allem mit Windrädern und Solaranlagen soll sich während der kommenden acht Jahre auf 80 Prozent ungefähr verdoppeln. Heute leisten Ökokraftwerke gut 40 %.

Das Parlament nahm mehrere Gesetze mit den Stimmen der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP an. Die Opposition aus Union, AfD und Linken stimmte mal komplett, mal teilweise dagegen. CDU-Energieexperte Andreas Jung (CDU) kritisierte das „Paket der verpassten Chancen“, das zu einseitig auf Solar- und Windenergie setze.

Geothermie, Biomasse und Wasserkraft würden vernachlässigt, so Jung. Organisationen wie der Verband der Stadtwerke (VKU) und der Umweltverband BUND unterstützten die Vorhaben grundsätzlich, übten jedoch Kritik an Details.

FDP lässt Klimaziel streichen

Ein bisschen hakte es auch in der Koalition. Auf Wunsch der FDP wurde das Zwischenziel der zu 100 Prozent erneuerbaren Stromproduktion bis 2035 gestrichen. „Zentral ist und bleibt das Ziel der Klimaneutralität im Energiesektor bis 2045“, erklärte Olaf in der Beek, der klimapolitische Sprecher der FDP. Ein Zwischenziel sei ineffektiv und symbolisch. Die Grünen bestätigten den Vorgang, wollten sich aber nicht näher dazu äußern.

Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) legt nun deutlich höhere Strommengen für Solaranlagen auf Gebäudedächern und Freiflächen sowie Windräder an Land und auf See fest, die bis 2030 zu erreichen sind. Die Kraftwerke werden im Planungsrecht bevorzugt. Die Koalition hat festgelegt, dass der Ausbau im „überragenden öffentlichen Interesse“ liegt und der „öffentlichen Sicherheit“ dient.

Im Durchschnitt 2 Prozent der Landesfläche sollen für die Stromproduktion zur Verfügung stehen. Heute sind es zwischen 0,5 und 0,8 Prozent. Für die einzelnen Bundesländer werden konkrete Flächenvorgaben definiert.

Diese gelten auch für Länder wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen, wo bisher wenige Windräder stehen, weil die Landesregierungen sie mit vorgeschriebenen Abständen zu Wohnsiedlungen verhinderten. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, es werde nicht mehr möglich sein, dass sich einzelne Länder wegducken.

Mit dem renovierten Bundesnaturschutzgesetz wollte die Koalition unter anderem den Bau von Windrädern in Landschaftsschutzgebieten ermöglichen. Für bedrohte Vogelarten werden Mindestabstände zwischen Rotoren und Brutplätzen definiert. Ausnahmen sind möglich, wenn der Tierbestand insgesamt nicht gefährdet ist. Die Abstimmung im Bundestag sollte nach Redaktionsschluss stattfinden.

Auch das neue Energiesicherungsgesetz stand für Donnerstagabend auf der Tagesordnung. Damit wollen SPD, Grüne und FDP unter anderem die Möglichkeit einer Umlage schaffen, um die eventuell steigenden Kosten für Erdgas gleichmäßig auf die Privathaushalte und Firmenkunden umzulegen. Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass die russische Regierung den Gasexport nach Deutschland komplett einstellt, was zu massiv steigenden Einkaufspreisen auf dem Weltmarkt führen könnte.

Schließlich hatte die Ampel ein weiteres Gesetz formuliert, durch das abgeschaltete Kohlekraftwerke wieder in die Stromproduktion einsteigen sollen, um Gaskraftwerke zu ersetzen. Am Freitag dieser Woche steht die Abstimmung des Bundesrats über das Gesetzespaket an.

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3 Kommentare

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  • Naja, ist ein netter Anfang.



    "Geothermie, Biomasse und Wasserkraft würden vernachlässigt..."



    Man soll die Hoffnung nicht aufgeben. Vielleicht lernen's auch die Grünen, dass ohne Biomasse aus der Energiewende nichts wird.



    Und vielleicht lernen sie sogar, dass die Förderung von E-Autos, Wärmepumpen und privaten Stromspeichern beendet werden sollte. Zeugs, das nur Geld kostet (und Arbeit, siehe Fachkräftemangel), unsinniger Weise am CO2-Restbudget nagt (wg. Ressourcenverbrauch) und die Energiesicherheit gefährdet (weil die privaten Speicher nach spätestens 1,5 Tagen Dunkelflaute leer sind, und dann alles wieder am Netz hängt, incl.der leeren Akkus).

  • Das schon wieder Wasserkraft als nachhaltige Energie gepriesen wird ist völlig deplaziert. WK zerstört komplette Umweltsysteme und hat Nebenwirkungen bis zum Sandmangel, da sie den Geschiebetransport verhindert. Dann sorgen die Staustrecken auch noch für eine übermäßige Erwärmung.



    Um die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen wäre es meine Erachtens notwendig Fristvorgaben, zumindest für genossenschaftliche und private Anlagen, für die Genehmigung zu machen, beispielsweise ein halbes Jahr. Professionelle Institutionen sollten in der Lage sein in diesem Zeitraum Entscheidungen zu treffen. Diese Frist sollte dann auch für private Baugenehmigungen eingeführt werden. Nach spätestens einem Jahr müssen diese Prozesse abgeschlossen sein.

    • @Dodoist:

      Es gibt diese Frist bereits. In §10(6a) BImSchG: 7 Monate. Ein BImSchG-Verfahren muss dann abgeschlossen sein. Und wenn nicht? Tja, dann fleht der völlig überlastete Behördenmitarbeiter den Antragsteller schon mal an, Klage einzureichen, damit sein Dienstherr mehr Leute einstellt. Aber die Genehmigung hat man als Antragsteller davon trotzdem noch nicht.