+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: 5.000 Todesopfer in Mariupol

Nach ukrainischen Angaben wurden in der belagerten Stadt mindestens 5.000 Menschen getötet. Scholz pocht auf Einhaltung der Gas- und Öllieferverträge.

Zersprungene Scheiben , ein Mensch bewegt sich dahinter

Zersprungene Scheiben in einem Wohnhaus nach einem Bombeneinschlag in Kiew Foto: Vadim Ghirda/ap

Ukraine spricht von 5000 Todesopfern in Mariupol

In der von russischen Truppen belagerten Stadt Mariupol sind nach ukrainischen Angaben mindestens 5000 Menschen getötet worden. „Etwa 5000 Todesopfer wurden beerdigt“, sagte am Montag die ukrainische Verantwortliche für Flüchtlingskorridore, Tetjana Lomakina, der Nachrichtenagentur AFP. Allerdings würden seit ungefähr zehn Tagen wegen der anhaltenden Bombardements durch die russischen Truppen in Mariupol keine Bestattungen mehr vorgenommen, die Zahl der Todesopfer könnte sogar bei „ungefähr 10.000“ liegen. (AFP)

Putin offenbar nicht zu Kompromissen bereit

Russlands Präsident Wladimir Putin ist einem hochrangigen Vertreter des US-Außenministeriums zufolge offenbar nicht zu Kompromissen bereit, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Darauf deute „alles, was ich gesehen habe“, sagt der Insider der Nachrichtenagentur Reuters.

Am Dienstag sollen neue Verhandlungen Russlands mit der Ukraine in der Türkei starten, sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Es sei aber wichtig, dass die Gespräche trotz der geringen Fortschritte bei den bisherigen Verhandlungen nun wieder von Angesicht zu Angesicht geführt würden. Fortschritte bei der Idee eines möglichen Treffens von Präsident Wladimir Putin mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gebe es bislang nicht. Ein türkischer Regierungsvertreter hatte zuvor erklärt, die Gespräche in Istanbul könnten schon am späteren Montag beginnen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Putin hatten sich in einem Telefonat am Sonntag darauf verständigt, dass die neue Runde der Verhandlungen, die zuletzt per Videokonferenz geführt wurden, in Istanbul stattfinden soll. (rtr)

Scholz pocht auf Einhaltung der Gas- und Öllieferverträge

Bundeskanzler Olaf Scholz pocht darauf, dass Russland seine Verträge zur Lieferung von Energie einhält. Auf die Frage, ob es nicht Zeit sei, die Frühwarnphase der Notfallplanung Gas zu aktivieren, sagte Scholz am Montag in Berlin nur: „Wir haben eine Situation, in der Verträge erfüllt werden müssen.“ Zuvor hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck betont, die G7-Staaten seien sich einig gewesen, dass die von Russland geforderten Rubel-Zahlungen für Energielieferungen ein Bruch der Verträge seien. Auch der Kanzler verwies darauf, dass die Verträge in Euro und Dollar abgeschlossen worden seien. Scholz unterstrich das Ziel, sich schnell unabhängiger von russischen Gas- und Öllieferungen zu machen.

Eine Weigerung der G7-Staaten, russisches Gas mit Rubel zu bezahlen, würde nach den Worten des Abgeordneten Iwan Abramow zu einem Stopp der Lieferungen führen, wie die Nachrichtenagentur RIA berichtet. Abramow ist Abgeordneter im Oberhaus und dort Mitglied des Wirtschaftsausschusses. (rtr)

Gericht erlaubt Russen Nutzung von Facebook

Trotz der Sperrung von Facebook und Instagram in Russland sollen die Bürger des Landes die sozialen Netzwerke weiter legal nutzen dürfen. Das habe ein Gericht in einem Urteil zum Verfahren um den Konzern Meta, zu dem Facebook und Instagram gehören, festgehalten, wie die Staatsagentur Tass am Montag meldete. Zwar sei der Konzern als „extremistische Organisation“ eingestuft worden. Russlands Bürger dürften aber Facebook und Instagram weiter benutzen, hieß es. Viele Menschen nutzen die sozialen Netzwerke zum Geldverdienen, etwa auch zum Verkauf von Waren. Sie hatten um ihre Existenzgrundlage gefürchtet.

Abrufbar sind die blockierten Netzwerke etwa über die breit verfügbaren geschützten Netzwerkverbindungen (VPN), mit denen sich Sperren von Seiten umgehen lassen. Russische Parlamentsabgeordnete hatten zuletzt erklärt, dass sie nicht planten, ein allgemeines Verbot zur VPN-Nutzung zu erlassen.

Hintergrund des Vorgehens der russischen Justiz war eine Entscheidung von Meta, Aufrufe zur Gewalt gegen russische Truppen in der Ukraine zuzulassen. Der US-Konzern hatte im Krieg Russlands gegen die Ukraine Regel-Lockerungen bekannt gegeben. Als Beispiel für eine Ausnahme bei Äußerungen, die normalerweise gegen Richtlinien verstoßen hätten, nannte ein Facebook-Sprecher den Satz „Tod den russischen Eindringlingen“. Das sorgte in Moskau für große Empörung. Später präzisierte Meta die Regeln für Inhalte-Prüfer: Sie gelten demnach nur in der Ukraine, und Gewaltaufrufe dürfen nicht gegen Russen generell oder gegen Staatschefs wie Wladimir Putin gerichtet sein. (dpa)

Moskau plant Einreisebeschränkungen

Russland will Einreisebeschränkungen für Staatsangehörige „unfreundlicher“ Staaten verhängen. Dabei handele es sich um „Vergeltungsmaßnahmen in Antwort auf unfreundliche Aktionen einer Reihe anderer Staaten“, erklärte am Montag Außenminister Sergej Lawrow. Ein entsprechendes Präsidentendekret sei in Arbeit.

Als „unfreundliche“ Staaten gelten in Moskau derzeit unter anderem alle EU-Länder, die USA und Großbritannien. Diese haben seit Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine scharfe Sanktionen gegen Moskau verhängt. Für die Staatsbürger dieser „unfreundlichen“ Staaten solle es künftig „eine Serie von Restriktionen“ für die Einreise nach Russland geben, kündigte Lawrow an. (AFP)

EZB versorgt Zentralbanken von Polen & Co. mit Euro

In Zeiten des Ukraine-Krieges versorgt die EZB mit neuen oder verlängerten Liquiditätslinien Staaten außerhalb der Währungsunion mit Euro. Die am Montag bekanntgegebenen Vereinbarungen ermöglichen es den Zentralbanken von Polen, Ungarn, Albanien, Nordmazedonien und San Marino, sich einen begrenzten Euro-Betrag zu leihen. Sie können das Geld dann in das landeseigene Bankensystem pumpen, falls andere Devisenquellen zu versiegen drohen. Laut EZB wurden die Maßnahmen mit Blick auf die Unsicherheit nach der russischen Invasion der Ukraine getroffen. Während die meisten bereits in Zeiten der Coronakrise geschaffenen Liquiditätslinien nun lediglich verlängert wurden, traf die EZB zugleich mit der polnischen Notenbank eine neue, als „vorsorglich“ deklarierte Devisentausch-Vereinbarung.

Diese hat ein Volumen von zehn Milliarden Euro und soll bis Mitte Januar 2023 laufen. Die polnische Notenbank kann über diese Liquiditätslinie Zloty gegen Euro eintauschen. Damit soll die Versorgung polnischer Finanzinstitute mit der Devise gesichert werden. Polen gilt als Hauptziel vieler Ukrainer, die nach der russischen Invasion aus ihrem Heimatland fliehen mussten. (rtr)

Deutsche Welle gilt als „ausländischer Agent“

Das russische Justizministerium stuft die Deutsche Welle als „ausländischen Agenten“ ein. Es setzt den deutschen Auslandssender auf eine entsprechende Liste von Medienorganisationen, die in Russland so bezeichnet werden und all ihre Veröffentlichungen einer gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung versehen müssen. Die Website der Deutschen Welle war bereits Anfang März von der staatlichen Medienaufsicht Roskomnadsor blockiert worden wegen des Vorwurfs der Verbreitung von Falschnachrichten über die russische Invasion der Ukraine. (rtr)

Habeck: G7 lehnt Forderung nach Zahlung in Rubel ab

Die Gruppe der sieben wichtigsten Industrieländer hat die Forderung Russlands abgelehnt, ihre Gasrechnungen an Moskau in Rubel zu begleichen. Das teilte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Montag mit. Habeck sagte auf einer Pressekonferenz, die für Energie zuständigen G7-Minister stimmten völlig darin überein, dass eine Zahlung in Rubel ein einseitiger und klarer Bruch bestehender Verträge wäre. Das sei nicht akzeptabel und die Regierungen forderten die betroffenen Unternehmen auf, der Forderung des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht nachzugeben.

Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte zuvor in Moskau auf einer Pressekonferenz gesagt, falls die europäischen Kunden die Forderung Putins ablehnten, „werden wir eindeutig nicht Gas umsonst liefern“. (AP)

Zeitung Nowaja Gaseta setzt Erscheinen vorerst aus

Die wichtigste unabhängige Zeitung in Russland, die Nowaja Gaseta, setzt ihr Erscheinen vorerst aus. Diese Entscheidung gelte bis zum Ende der russischen Militäraktion in der Ukraine, teilte die Zeitung am Montag in einer im Internet veröffentlichten Erklärung mit. Betroffen seien die gedruckte Zeitung, die Website und alle Aktivitäten in Online-Netzwerken.

Die Nowaja Gaseta gilt als wichtigste unabhängige Zeitung in Russland. Ihr Chefredakteur Dmitri Muratow war wegen seiner Verdienste um die Meinungsfreiheit im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Die Redaktion verwies in ihrer Erklärung darauf, dass sie erneut von der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor verwarnt worden sei. Seit Beginn der russischen Militäraktion in der Ukraine hat der Kreml sein Vorgehen gegen unabhängige russische sowie ausländische Medien nochmals verschärft. (AFP)

Baerbock sagt Ukraines Nachbarn Unterstützung zu

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat den Nachbarländern der Ukraine wegen der großen Zahl an Kriegsflüchtlingen die finanzielle Unterstützung Deutschlands zugesagt. Deutschland könne dabei helfen, dass die Flüchtlinge in Ländern wie Moldau vor Ort direkt versorgt werden könnten, sagte Baerbock am Montag beim Besuch einer Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt.

Die Außenministerin betonte die Notwendigkeit der von der Bundesregierung angestoßenen internationalen Luftbrücke für Menschen, die in Nachbarländer der Ukraine geflüchtet sind. „Wir brauchen da eine Verteilung“, sagte Baerbock. Niemand werde von Belarus, Moldau oder Polen zu Fuß etwa nach Spanien weitergehen, erst recht werde niemand allein über den Atlantik kommen. „Dafür brauchen wir eben eine Luftbrücke, an der ich auf Hochdruck mit den G7-Staaten arbeite“, sagte sie.

Baerbock verteidigte die Stärkung der Ostflanke der Nato. Russlands Präsident Putin habe sich entschieden, nicht nur die Souveränität der Ukraine anzugreifen, sondern die Friedensordnung Europas. „Deswegen unterstützen wir auch unsere osteuropäischen Nachbarn in Polen, im Baltikum, die natürlich dadurch, dass sie noch dichter dran sind an Russland, noch größere Sorgen haben als wir“, sagte sie. „Die Sicherheit, die wir uns gegenseitig als Europäer versprochen haben, diese Sicherheit müssen wir uns jetzt auch gegenseitig geben.“ (dpa)

Greenpeace: Europas Militärbudget höher als Russlands

Die Militärbudgets der 27 europäischen Nato-Länder waren 2019 nach Greenpeace-Recherchen kaufkraftbereinigt doppelt so hoch wie die Russlands. Wissenschaftler des Bonner International Centers for Conflict Studies errechneten im Auftrag von Greenpeace eine Gesamtsumme für Europa von rund 427 Milliarden Euro, wie Greenpeace am Montag in Hamburg mitteilte. Ohne Berücksichtigung der Kaufkraft überstiegen die Militärausgaben der europäischen Nato-Staaten diejenigen Russlands um etwa das Fünffache. Allein Deutschland gab 2019 kaufkraftbereinigt rund 53 Milliarden Euro für militärische Zwecke aus.

„Angesichts solch astronomischer Summen, die die Nato und Deutschland ausgaben, drängt sich die Frage auf, warum die Landes- und Bündnisverteidigung derart unzureichend sein soll“, sagte Alexander Lurz, Greenpeace-Experte für Frieden und Abrüstung. „Bevor nun weiter knappe Steuergelder in eine scheinbar höchst ineffiziente Bundeswehr gepumpt werden, braucht es eine Reform des Systems“, so Lurz.

In absoluten Zahlen haben sich die Militärausgaben der Bundeswehr in den vergangenen 20 Jahren von 26,5 Milliarden (2000) auf 52,8 Milliarden US-Dollar (2020) verdoppelt. Dennoch stehe die Bundeswehr mit Blick auf ihre Effektivität im europäischen Vergleich schlecht da, so Greenpeace. Frankreich etwa besitze nicht nur ein schlagkräftigeres Militär, sondern unterhalte zudem teure Nuklearwaffen. Dennoch lagen die deutschen wie die französischen Militärausgaben in den vergangenen Jahren auf ähnlichem Niveau. (epd)

Nato-Länder in Südosteuropa für Energie-Unabhängigkeit

Vier Länder der Südostflanke der Nato wollen angesichts des Ukraine-Kriegs gemeinsam ihre Energieabhängigkeit von Russland verringern und dabei stärker zusammenarbeiten. Bei einem Treffen der Regierungschefs von Bulgarien, Rumänien, Nordmazedonien und Montenegro am Montag bei Sofia stand dieses Thema im Fokus. „Das, was bisher aus dem Norden kam, soll nun aus dem Süden kommen“, fasste Gastgeber Kiril Petkow die Bemühungen in der Region um Unabhängigkeit von Energielieferungen aus Russland zusammen. Eine noch im Bau befindliche Verbindung der Gasnetze von Bulgarien und Griechenland werde dabei eine wichtige Rolle für Lieferungen aus anderen Ländern für die gesamte Region spielen.

Die Regierungschefs Petkow, Nicolae Ciuca, Dimitar Kovacevski und Zdravko Krivokapic sprachen zudem über den Beitrag ihrer Länder zur Stärkung der Nato-Ostflanke. Sie erörterten auch den Ausbau der regionalen Infrastruktur, um dadurch auch die Verteidigung zu verbessern. (dpa)

Kriegsschäden bislang bei 564,9 Milliarden Dollar

Der Krieg hat nach Angaben des ukrainischen Wirtschaftsministeriums bislang Schäden im Volumen von 564,9 Milliarden Dollar verursacht. Mit eingerechnet würden unter anderem Schäden an der Infrastruktur, Verluste bei der Wirtschaftsleistung und andere Faktoren, sagt Wirtschaftsministerin Julia Svyrydenko. 8000 Kilometer Straßen und 10 Millionen Quadratmeter Wohnfläche seien beschädigt oder zerstört. (rtr)

Biden-Äußerungen über Putin „Grund zur Sorge“

Russland hat die Äußerungen von US-Präsident Joe Biden, dass Präsident Wladimir Putin nicht im Amt bleiben könne, als Grund zur Sorge bezeichnet. Die Regierung in Moskau werde die Äußerungen Bidens weiter genau verfolgen, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Biden hatte bei einer Rede in Warschau am Samstag mit der Bemerkung für Verwunderung gesorgt, dass Putin nicht an der Macht bleiben könne. Biden betonte inzwischen, dass er keinen Machtwechsel in Russland gefordert habe und auch nicht anstrebe. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz betonte am Sonntag, weder Biden noch die Nato strebten einen „regime change“ an.

Derweil hat der langjährige Verbündete Kasachstan ein Abrücken von Russland angedeutet. „Wenn es einen neuen Eisernen Vorhang gibt, wollen wir nicht dahinter sein“, sagt Vize-Außenminister Roman Vassilenko auch mit Blick auf westliche Sanktionen zur Welt. Er ruft westliche Investoren auf, das Geschäft in das an fossilen Energiestoffen reiche Land in Zentralasien zu verlagern. Zwar wolle man nicht, dass Unternehmen kommen, „nur um die Sanktionen gegen Russland zu umgehen“, wird der Minister weiter zitiert. „Aber alle Unternehmen mit gutem Ruf, die ihre Produktion hierher verlagern wollen, sind willkommen.“ Bei der Verurteilung des russischen Einmarschs in die Ukraine durch die UN-Generalversammlung Anfang März hatte sich Kasachstan enthalten. (rtr)

Vor neuen Gesprächen: Selenski drängt auf raschen Frieden

Wann die neue Gesprächsrunde der Unterhändler der Ukraine und Russlands in Istanbul beginnt, ist unklar. Zunächst hieß es, sie starte am Montag oder Dienstag. Laut Reuters soll sie nun im späteren Verlauf des heutigen Tages beginnen. Dies teilt ein türkischer Regierungsvertreter mit, ohne Einzelheiten zu nennen.

Auch die AFP geht von Gesprächen ab diesem Montag aus. Laut dem ukrainischen Unterhändler David Arachamia sollen die Gespräche von Montag bis Mittwoch in der türkischen Metropole Istanbul stattfinden. Es ist das erste Mal seit Wochen, dass ein persönliches Treffen der ukrainischen und russischen Verhandler angesetzt wurde. In den vergangenen Wochen waren einige Gesprächsrunden ergebnislos zu Ende gegangen, zuletzt war lediglich online verhandelt worden.

Vor der Wiederaufnahme der Gespräche drang der ukrainische Staatschef Wolodimir Selenski auf Frieden „ohne Verzögerung“. „Unser Ziel ist klar – so schnell wie möglich Frieden und die Wiederherstellung des normalen Lebens in unserem Heimatland“, sagte Selenski in einer Videobotschaft in der Nacht zu Montag.

Selenski formulierte in seiner Video-Botschaft seine roten Linien bei den Verhandlungen mit Russland. „Die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine stehen nicht in Zweifel“, sagte er. „Wirksame Sicherheitsgarantien für unseren Staat sind zwingend.“

Zuvor hatte der ukrainische Präsident in einem Interview mit mehreren unabhängigen russischen Medien gesagt, seine Regierung werde die Frage der von Russland geforderten Neutralität seines Landes „gründlich“ prüfen. Mit Blick auf die von russischen Separatisten kontrollierten Gebiete in der Ostukraine sagte Selenski: „Wir verstehen, dass es unmöglich ist, alle Gebiete mit Gewalt zu befreien.“ Eine Rückeroberung der Gebiete würde „den Dritten Weltkrieg“ auslösen. (AFP/rtr)

Bundespolizei zählt 272.338 Ukraine-Flüchtlinge

Die Bundespolizei hat bislang 272.338 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine festgestellt. Das teilte das Bundesinnenministerium am Montag in Berlin mit. Da es keine festen Grenzkontrollen gibt, dürfte die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland deutlich höher liegen.

Die russische Armee hatte ihren Angriff auf die Ukraine am 24. Februar gestartet. Seitdem flohen nach UN-Angaben mehr als 3,8 Millionen Menschen aus der Ukraine. Weitere 6,5 Millionen Menschen sind demnach innerhalb des Landes auf der Flucht. (AFP/dpa)

Türkei entdeckt erneut Seemine im Schwarzen Meer

Die Türkei hat erneut eine Seemine in ihren Gewässern entdeckt. Die Mine treibe im Schwarzen Meer vor der Küste des Ortes Igneada, nahe der bulgarischen Grenze, teilte das Verteidigungsministerium am Montag auf Twitter mit. Spezialeinheiten seien vor Ort, um das Objekt zu entschärfen.

Bereits am Samstag war an der Meerenge Bosporus, die das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer verbindet, eine Seemine entdeckt und unschädlich gemacht worden. Der Schiffsverkehr durch den Bosporus war zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Die Behörden untersagten zudem bis auf weiteres die nächtliche Fischerei vor der nordwestlichen türkischen Küste des Schwarzen Meeres.

Ob die Minen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen, ist noch unklar. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, das Schwarze Meer vermint zu haben. Moskau hatte erst kürzlich vor treibenden Seeminen im Schwarzen Meer gewarnt. (dpa)

Scholz droht, Russland setzt Luftangriffe fort

Olaf Scholz hat Russland mit „dramatischen Maßnahmen“ beim Einsatz von Chemiewaffen gedroht. Der Kanzler machte allerdings klar, dass die Nato auch bei einem Einsatz chemischer oder biologischer Waffen nicht in den Krieg um die Ukraine eintreten werde. „Die Nato wird nicht Kriegspartei werden, das ist klar.“

„Ein Einsatz von biologischen und chemischen Waffen darf nicht stattfinden, und deswegen sind wir auch alle so explizit, so ausdrücklich in dieser Frage. Das würde härteste Konsequenzen haben, und wir sind uns darüber einig, dass wir natürlich mit dramatischen Maßnahmen reagieren werden.“

Das russische Militär setzt seine Luftangriffe gegen ukrainische Städte derweil fort. Nach ukrainischen Medienberichten wurden am Sonntagabend unter anderem die Hauptstadt Kiew sowie Luzk, Riwne und Charkiw von mehreren schweren Explosionen erschüttert. In Luzk im Nordwesten der Ukraine wurde ein Treibstoffdepot getroffen. Zuvor war in allen Regionen des Landes Luftalarm ausgelöst worden.

Die russischen Truppen verstärken zudem offenbar ihre Versuche, die südostukrainische Stadt Mariupol einzunehmen. In der Nähe der eingekesselten Hafenstadt würden sie Geländegewinne erzielen, erklärte das britische Verteidigungsministerium am Montag. Dort würden die russischen Truppen vor allem versuchen, den Hafen einzunehmen. Im Norden des Landes zogen sich russische Truppen dagegen weiter zurück. Die russischen Truppen, die die Stadt Slawutytsch in der Nähe des Kernkraftwerks Tschernobyl am Wochenende übernommen hatten, sind nach Angaben des dortigen Bürgermeisters wieder abgerückt. Russland verlegt nach Angaben des ukrainischen Militärs aber weiterhin zusätzliche Militäreinheiten an die ukrainische Grenze.

Selenski kritisierte in einer Videoansprache erneut, dass Russland für eine katastrophale humanitäre Lage im zerbombten Mariupol verantwortlich sei. „Der Hafen ist vermint“, sagte er. Es sei unmöglich, Lebensmittel, Medikamente und Wasser zu liefern. Selbst die Zerstörungen durch die russische Armee in Tschetschenien seien mit der Situation in Mariupol nicht vergleichbar. Russland bestreitet Angriffe auf Zivilisten in der Ukraine. In Mariupol sollen bei den russischen Bombardierungen aber bereits tausende Menschen gestorben sein. Frankreich hatte Ende vergangener Woche zusammen mit der Türkei und Griechenland angekündigt, Zivilisten aus der Stadt evakuieren zu wollen.

Die EU-Innenminister wollen am Montag ab 14.30 Uhr über den Umgang mit der riesigen Fluchtbewegung aus der Ukraine beraten. Dabei dürfte es vor allem um die Verteilung der bislang fast vier Millionen Flüchtlinge auf die EU-Staaten gehen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte jüngst gesagt, Ziel müsse eine feste Quote für die Verteilung in Europa sein. Der ukrainische Innenminister Denis Monastyrski soll zeitweise per Video dazu geschaltet werden. (dpa/rtr)

Neue Gespräche in der Türkei

In dieser Woche sollen neue Gespräche zwischen Russland und der Ukraine in der Türkei stattfinden. Präsident Selenski bestand auf der territorialen Integrität seines Landes. Hintergrund sind russische Ankündigungen, sich bei der Invasion nun auf die Eroberung des östlichen Donbass-Gebiets zu konzentrieren. Dort werden zwei Landesteile bereits seit 2014 von prorussischen Separatisten kontrolliert. Russland hatte die beiden sogenannten Volksrepubliken als unabhängig anerkannt, was die Ukraine und westliche Staaten als völkerrechtswidrig bezeichnen.

Selenski hatte in einem Interview mit russischen Medien gesagt, dass man prüfen werde, ob die Ukraine auch einen neutralen Status annehmen könne. Damit würde das Land auf die bisher angestrebte Nato-Mitgliedschaft verzichten. Dies ist eine der russischen Forderungen. „Sicherheitsgarantien und Neutralität, nicht-nuklearer Status unseres Staates. Wir sind bereit, uns darauf einzulassen“, sagte Selenski auf russisch. Die Regierung in Moskau warnte davor, das Interview in Russland zu veröffentlichen.

Allerdings hatte Russland dem Land bereits die territoriale Integrität im Gegenzug zur Abgabe der sowjetischen Atomwaffen zugesagt und dann 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Trotz der sich abzeichnenden Gespräche über einen Waffenstillstand ziele der russische Präsident Wladimir Putin darauf ab, den östlichen Teil der Ukraine zu erobern, erklärte der Leiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow. „In der Tat ist dies ein Versuch, Nord- und Südkorea in der Ukraine zu schaffen“, sagte er in Anspielung auf die Teilung Koreas nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Ukraine und westliche Länder sprechen von einem russischen Angriffskrieg und einer Invasion im Nachbarland, die am 24. Februar begonnen hat. Russland bezeichnet sein Vorgehen in der Ukraine dagegen als Spezialoperation zur Zerstörung militärischer Stützpunkte sowie zur „Demilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ der Ukraine. In dem Krieg sollen nach Angaben der Ukraine und aus westlichen Sicherheitskreisen bereits mehrere Zehntausend Menschen gestorben sein. Die UN sprechen zudem von 3,5 Millionen Flüchtlingen aus der Ukraine.

US-Präsident Joe Biden betonte unterdessen, dass er keinen „regime change“ in Russland gefordert habe. Er hatte in einer Rede in Polen am Wochenende mit der Bemerkung für Verwirrung gesorgt, dass Putin nicht an der Macht bleiben könne. Auch Kanzler Olaf Scholz betonte am Sonntag, weder Biden noch die Nato strebten einen „regime change“ an. (rtr)

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