Rechtsextremer AfD-Richter Jens Maier: Richterbund fordert Eingreifen

Der deutsche Richterbund spricht sich dafür aus, dass der sächsische Landtag eine Richteranklage gegen AfD-Jurist Jens Maier prüft. Das wäre Neuland.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier spricht auf einer Kundgebung der sächsischen AfD

Erfährt Gegenwind: Der AfD-Politiker Jens Maier will wieder Richter sein Foto: Sebastian Kahner/dpa

BERLIN taz | Der deutsche Richterbund spricht sich im Fall des rückkehrwilligen rechtsextremen Richters Jens Maier für ein Eingreifen von Justizministerium und Landtag aus. Joachim Lüblinghoff, Vorsitzender der Richtervereinigung, sagte auf taz-Anfrage: „Es wäre ein unerträglicher Zustand, wenn ein offenkundiger Rechtsextremist in den Justizdienst zurückkehren und in Deutschland Recht sprechen würde. Das kann niemand wollen.“

Man stehe eng an der Seite des Zentralrats der Juden in Deutschland. Dieser habe zu Recht an die politisch Verantwortlichen in Sachsen appelliert, um „alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“, so Lüblinghoff.

Die Frage der Verfassungstreue des ehemaligen Bundestagsabgeordneten aus der völkischen Strömung der AfD bewege Kol­le­g*in­nen in der Justiz ebenso sehr wie die Öffentlichkeit, so Lüblinghoff. Insbesondere sei zu prüfen, „ob das unerträgliche Verhalten Maiers während seiner Abgeordnetenzeit Grundlage für eine erfolgreiche Richteranklage sein kann.“

Der Rückkehrwunsch des ehemaligen AfD-Abgeordneten Maier ist derzeit Gegenstand einer bundesweiten Debatte. Maier bezeichnete sich selbst als „kleinen Höcke“, sprach von „Schuldkult“ und „Mischvölkern“. Im Dezember hat er nach seiner gescheiterten Wiederwahl einen Rückkehrantrag in sein ruhendes Richteramt gestellt.

Das sächsische Jusizministerium hält eine Rückkehr Maiers für unumgänglich und hat für seinen defensiven Umgang mit dem Rechtsextremen viel Kritik einstecken müssen. Zuletzt hatte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die Rechtsauffassung der sächsischen Behörde „beschämend“ genannt.

Das Justizministerium steht zunehmend alleine da

Mit der Richteranklage, die die Kontrolle der Justiz im Sinne der Gewaltenteilung sicherstellen soll, können Parlamente theoretisch Richter bei mangelnder Verfassungstreue aus dem Amt entfernen. Das Instrument hatte im Fall Maier zunächst die neue Richtervereinigung ins Spiel gebracht. Entscheiden müsste über eine Richteranklage letztlich das Bundesverfassungsgericht. Erforderlich ist dafür aber zunächst eine Zwei-Drittel-Mehrheit im sächsischen Landtag.

Prüfmaßstab ist dafür laut Lüblinghoff, ob ein Richter jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung einstehe: „Für in die Rechtsprechung zurückkehrende Abgeordnete sollten dabei keine anderen Regeln gelten als für aktive Richter und Staatsanwälte“, so Lüblinghoff.

Mittlerweile haben sich mehrere Fraktionen des sächsischen Landtags für eine solche Richteranklage im Fall Maier ausgesprochen, darunter auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Valentin Lippmann.

Die CDU Sachsen sieht das Instrument derzeit noch kritisch, womit eine Zwei-Drittel-Mehrheit zumindest fraglich ist. Die Partei fordert wie auch einige Ju­ris­t*in­nen zunächst disziplinarrechtliche Schritte von der Justizministerin Katja Meier (Grüne), deren Behörde sich allerdings in einem hausinternen Papier für unzuständig erklärt hat. Das Instrument der Richteranklage wurde in der Geschichte der Bundesrepublik noch niemals angewandt – auch weil Richter bei Fehlverhalten in der Regel auf disziplinarrechtlichem Wege aus dem Dienst entfernt werden können.

Zu möglichen sofortigen disziplinarrechtlichen Schritten des Justizministeriums gegen den rechtsextremen AfD-Abgeordneten wollte sich der Richterbund auf taz-Anfrage hingegen nicht genauer äußern.

Die Untätigkeit des sächsischen Justizministeriums hatte scharfe Kritik unter anderem vom Bremer Staatsrechtler Andreas Fischer-Lescano provoziert. Dessen Rechtsauffassung, dass das sächsische Justizministerium in diesem Fall sehr wohl zuständig sei und sofort Disziplinarmaßnahmen einleiten könne, hat sich mittlerweile auch der Experte für Beamtenrecht und Rechtsprofessor Klaus Ferdinand Gärditz angeschlossen, der in juristischen Kreisen nicht gerade für politische Untertöne bekannt ist.

In zwei ausführlichen Beiträgen auf dem Verfassungsblog hatte Gärditz geschrieben, dass der Fall juristisch zwar verwinkelt und Neuland sei, aber insgesamt die besseren Gründe dafür sprächen, „dass eine richterdienstrechtliche Reaktion möglich ist und die Justizministerin nicht zur Handlungsunfähigkeit verdammt bleibt“. Demnach ruhten während der Abgeordnetentätigkeit eines Richters zwar gewisse Pflichten, nicht jedoch die Verfassungstreuepflicht. Die bekannten Äußerungen Maiers begründeten ein schwerwiegendes Dienstvergehen. Ebenso spricht sich Gärditz für eine Richteranklage durch das Parlament aus: „Wenn dessen Voraussetzungen im Fall Jens Maier nicht greifen sollten, wann dann?“

Die Grünen-geführte Behörde in Sachsen steht mit ihrer Rechtsauffassung also zunehmend alleine da. Auch die Neue Richtervereinigung, als Interessenverein weniger konservativ-zurückhaltend als der Richterbund, erneuerte ihre Kritik am grünen Justizministerium und schloss sich der Rechtsauffassung von Fischer-Lescano und Gärditz an. Christine Nordmann von der Vereinigung sagte der taz am Mittwoch: „Die sächsische Justizministerin müsste sofort handeln.“ Das interne Gutachten der Behörde überzeuge juristisch nicht, so Nordmann: „Man hat das Gefühl, dass die Ministerin schlecht beraten ist im eigenen Haus.“ Nordmann riet der grünen Justizministerin, „externen Sachverstand“ einzuholen.

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