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Neue Studie zu KlimageldUnkompliziert machbar

Eine Studie hat untersucht, wie das Klimageld als Ausgleich des steigenden Kohlendioxid-Preises wirken könnte. Sie schlägt 130 Euro vor.

Die Preise für Kohlendioxid sollen sozial gerecht aufgefangen werden Foto: Frank Sorge/imago

Jede Bürgerin, jeder Bürger, auch Kinder sollen etwa 130 Euro pro Jahr vom Staat ausgezahlt bekommen. Dieses „Klimageld“ wäre ein Ausgleich für den steigenden Preis auf Kohlendioxid. Ein entsprechendes Konzept veröffentlichten am Donnerstag unter anderem die Klimaallianz, der Umweltverband BUND, der Paritätische Gesamtverband und die Evangelische Kirche. Im Zentrum stand ein neuer Vorschlag zum Verfahren, wie die Pro-Kopf-Rückzahlung alle Bür­ge­r:in­nen erreichen kann.

Bisher werden Pro-Kopf-Auszahlungen an alle im deutschen Sozial- und Finanzsystem für schwierig gehalten. Der Grund: Keine Behörde verfügt über ein komplettes Register aller Bür­ge­r:in­nen samt ihrer Kontonummern. Im Auftrag der Organisationen haben Gisela Färber und Joachim Wieland von der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer nun einen Vorschlag erarbeitet, wie es funktionieren könnte. Ausgezahlt würde das Klimageld demnach über die Finanzämter, Rentenkassen und Sozialbehörden, die für die Grundsicherung zuständig sind. Hinzu kämen die Familienkassen, die das Kindergeld verwalten, erklärte Professorin Färber. Damit es nicht zu Doppelauszahlungen kommt, könnten die Steuer-Identifikationsnummern, die alle Bür­ge­r:in­nen haben, zur Kontrolle verwendet werden.

Färber plädierte dafür, monatliche Auszahlungen zu ermöglichen. Beispielsweise für Vier-Personen-Familien mit niedrigen Einkommen würde eine Klimageld von etwa 40 Euro pro Monat einen deutlichen Vorteil bedeuten. Die Organisationen waren sich einig, dass die Auszahlung „sichtbar“ gestaltet werden müsse, also nicht als Verrechnungsposten in den Formularen untergehen dürfe.

Wohlgemerkt ist dieser Vorschlag keine Antwort auf die gegenwärtige Inflation der Preise fossiler Energieträger wie Öl und Erdgas. Beim Klimageld geht es darum, dass der künftig vermutlich stark steigende zusätzliche Preis für Kohlendioxid (CO2) unter anderem auf Benzin und Heizwärme an die Ver­brau­che­r:in­nen zurückgegeben werden soll. Gegenwärtig beträgt der Preis im nationalen Emissionshandel 30 Euro pro Tonne CO2. Das macht etwa 8,5 Cent pro Liter Benzin aus. 2025 soll der Aufschlag 55 Euro erreichen. So steht es bereits im Gesetz. Durch die Verteuerung sollen die Ver­brau­che­r:in­nen zum Energiesparen motiviert werden.

130 Euro vorgeschlagen

BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock sagte, eigentlich müsse der CO2-Preis jetzt schon 50 Euro betragen, jährlich um 15 Euro zulegen, und bald 190 Euro pro Tonne erreichen. Dadurch allerdings stiegen die Kosten für fossile Energie massiv an, was Privathaushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen sich oft nicht leisten können. Deshalb sollten die zusätzlichen CO2-Ausgaben komplett an die Haushalte zurückerstattet werden, erklärten die Organisationen.

Jede Person erhielte beispielsweise 130 Euro jährlich ausgezahlt. Wer relativ wenig Energie verbraucht – oft Leute mit niedrigen Einkommen – bekäme mehr zurück, als der CO2-Preis kostet. Haushalte mit hohem Verbrauch, großen Häusern und zwei Fahrzeugen zahlten drauf. „Mit einer Pro-Kopf-Rückerstattung kann die Bundesregierung sicherstellen, dass die CO2-Bepreisung sozial gerecht wirkt“, sagte Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Verbandes.

Verteilungswirkung belegt

Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, unter anderem des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), haben diese Verteilungswirkung eines Klimageldes belegt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP kommt der Begriff ebenfalls vor, ohne dass sich die drei Parteien bisher auf einen genauen Plan verständigt hätten. „Wichtig ist, dass sich die Ministerien schnell auf einen Prozess einigen, damit das Klimageld in 2023 ausgezahlt werden kann“, erklärte Lisa Badum, grüne Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz des Bundestages.

Um die soziale Befriedung der Klimafrage zu erreichen, müssten die Leute merken, dass sie die zusätzlichen CO2-Kosten zurückerhielten.

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21 Kommentare

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  • Frage mich warum 2 oder 5 Autos eine CO2 Mehrbelastung darstellen sollen, wenn ich 5 Autos habe aber damit insgesamt nur 5000km/Jahr fahre weil ich Zuhause arbeite dann entsteht kaum CO2 Mehrbelastung, das große Haus mit Solar, Photovoltaik und allen Maßnahmen zur Einergieeinsparung ist auch relativ weit entfertn vom CO2 Preis. Dann gibt es noch unzählige Menschen die ihren Lebensabend im Süden im Ausland verbringen aber hier gemeldet sind, die bezahlen ja auch keine CO2 Abgaben weil die über Winter nicht heizen müssen...

  • Der ausführlichere Beitrag "die Erklärung" (!5833511) scheint online nicht zu erscheinen. Das ist bedauerlich, denn wahrscheinlich wird es am Ende statt des Klimageldes doch eine der dort besprochenen minderwertigen Alterantiven werden.



    Eine Gruppe kommt wieder einmal bei allen diesen Vorschlägen am schlechtesten weg. Es sind diejenigen, die gerade so eben genug verdienen um von allen Zuschüssen, Befreiungen und Nachlässen ausgeschlossen zu sein und die alle Kosten für sich und ihre Kinder selbst tragen müssen. Zuschläge auf Wohngeld und Bafög gehen an ihnen vorbei und genug Umsatz, um prozentuale Änderungen einen meßbaren Effekt haben zu lassen, können sie sich ohnhin nicht leisten. Dazu gehören sie aber mindestens zum unteren Rand der Minderheit der Nettosteuerzahler, die, egal welches Modell auch gewählt wird, für all das am Ende bezahlen dürfen.



    Das beste ist mit Blick gerade auf sie demnach das einheitliche Klimageld. Die ohnehin vom Staat alimentierten bekommen es dank starker Lobby am Ende sowieso und bei den Gutverdienern macht der vergleichsweise kleine Betrag wenig aus. Er hilft genau denen am meisten, die sich aus eigener Leistung gerade so eben über Wasser halten und keinem zur Last fallen, und an die in aller Regel am wenigsten gedacht wird.

    • @Axel Berger:

      ja es müsste progressiv sein.

      • @schönBehindert:

        Nein. Gerade nicht. Energie soll teurer werden, das ist lange Konsens der Mehrheit. Eine Entlastung der Schwachen muß also degressiv sein und relativ zum Einkommen und der Steuerbelastung ist ein Festbetrag für alle genau das. Nur darf die Entlastung nicht bei einer immer noch niedrigen Einkommensschwelle schlagartig ganz abbrechen, wie manche Vorschläge das vorsehen.

  • Pauschalzahlung für Kinder und das Kindergeld, im Übrigen gibt es eine Entlastung je Haushalt, zu den Haushalten gibt es die Erhebungen für Rundfunkbeiträge.

  • Was hindert eigentlich die Einwohnermeldeämter, an alle Bürgerinnen und Bürger Briefe mit einem Formular zu schicken, auf dem sie dem Finanzamt bitte ihre Kontonummer mitteilen sollen? Alternativ macht man eine Webseite.

    Dann muss man einfach nur noch jedes Jahr das Geld überweisen.

    Deutschland denkt einfach viel zu kompliziert.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Einfach erreicht gerade die Ärmsten nicht.



      X % der Meldeadressen sind falsch, diverse sind mehrfach gemeldet, manche gar nicht.



      Also ist die Adresse kein eindeutiges Merkmal.



      Entscheidend ist, ein systematisch fehlerfreies System.



      Die erste Doppelzahlung wird nämlich in der BLÖD-Zeitung a le "Florida-Rolf" missbraucht, um das neue System als Selbstbedienungsladen zu verunglimpfen und abzuschießen.



      Die SteuerID ist schon ziemlich ideal...

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Ein Bürokratiemonster! Hoffe mal, die Behörden die das wuppen müssen haben wenigsten funktionierendes Fax!

  • Das passt alles irgendwie nicht. Niemand hat die Kontonummern von Kindern, auch die Familienkassen nicht.

    Im Übrigen sind die zu verteilenden Einnahmen ja bereits im Haushalt verplant und müssten daher durch Reduzierung der Ausgaben oder Steuererhöhungen gegenfinanziert werden.

    Wenn man sicherstellen möchte, dass "die Leute merken, dass sie die zusätzlichen CO2-Kosten zurückerhielten", dann sollte man einfach auf die "zusätzlichen CO2-Kosten " verzichten. Ansonsten entsteht der Eindruck, dass die "zusätzlichen CO2-Kosten" lediglich der Umverteilung dienen.

    • @DiMa:

      Tip: das Kindergeld wird auch an.die Eltern ausgezahlt...

      • @mensch meier:

        Jupp. Beim Kindergeld sind auch die Eltern die Empfänger des Kindergeldes; anders als beim hier angedachten Klimageld.

    • @DiMa:

      Nur das die Verteuerung von CO2 NOTWENDIG ist, schon seit 20-30 Jahren.

      Ist auch gar nicht das Problem per se.

      Das Problem ist das späte einführen, was wiederum schuld des WÄHLERS ist, der hat die gewählt die sich seit Jahrzehnten der Realität verweigert haben.



      Außerdem ist es Schuld eines riesigen Niedriglohnsektors, das große Teile der Bürger ebenfalls seit min. 20 Jahren nicht mehr an Wachstum und Gewinnen partizipieren.

      Das der "kleine Mann" der viel pendelt das jetzt überdeutlich im Portemonnaie spürt ist richtig, und seien wir ehrlich, die 130€ müssten diese Menschen monatlich bekommen wenn es irgendwie hilfreich und spürbar sein soll.

      Aber die Argumentation, weil die Vorgängerregierung geplant Scheiße gebaut hat, das man jetzt die Energiewende nicht umsetzen kann, weil der arme Bürger, der diese Situation herbei gewählt hat (mit der Vorgängerregierung!), darunter leidet, das ist doch eine Bankrotterklärung. In einer Demokratie wird man halt auch für das Verantwortlich gemacht was man wählt und muss die Auswirkungen mit tragen!

      • @danny schneider:

        Ich habe auch nichts gegen die künstliche Verteuerung und die hierdurch generierten zusätzlichen Einnahmen geschrieben, nur sind diese Einnahmen bereits in den Hauhalten eingeplant und können aus diesem rund nicht einfach ausgezahlt werden.

        Zur Auszahlung eines Klimageldes an alle Bürger müssten also weitere Einnahmen generiert werden.

  • Ja klar, dieses Klimageld wurde ja schon x-fach diskutiert. Wird Zeit, daß es eingeführt wird.

  • Das Klimageld oder wie auch immer es sonst betitelt wird, ist ja keine deutsche Erfindung. Die Schweiz macht es seit Jahren. Lenkungswirkung NULL. Es hilft nur eine Ausdehnung des Zertifikatehandels auf den privaten Bereich der Haushalte. Das bringt deutlich mehr Hebelwirkung, wirkt noch stärker bei der Umverteilung und vor allem - bringt die CO2-Bewirtschaftung in das Bewusstsein der Menschen. Dann kann man sich auch prognostische Verrenkungen bei der CO2-Abgabe sparen. Man gibt einfach nur soviele Zertifikate aus, wie eben in dem entsprechenden Jahr noch CO2 ausgestossen werden soll. Aber das hätte ja was von Markt - ist also wahrscheinlich mit den Etatisten von Grünen und SPD nicht zu machen.

    • @OutbackerAS:

      Noch wichtiger CO2 Bepreisung per se: mach Schweden seit ~20 Jahren! und das mit sehr erfolgreicher Lenkungswirkung. Die haben im Durchschnitt dort die sparsamsten Heizungen in Privathaushalten.

      Dort jammert auch niemand über die Höhe - höher als bei uns - weil man das halt über 20 Jahren langsam gesteigert hat. So wie es gedacht ist.

      Warum es bei uns anders ist? Einfach mal Gerd und Angela fragen!

  • Okay... oder man senkt einfach die Abgaben der Bürger um den selben Betrag. Ganz ohne ein mehr an Bürokratie und Aufwand... zu simpel?

    • @Alfred Sauer:

      Ja.



      Abgaben werden nicht von allen gezahlt.



      Das macht auch den Weg über eine Steuererstattung so schwierig.

    • @Alfred Sauer:

      Es gibt genug Menschen in Deutschland die keine Abgaben zahlen, also ja: Zu simpel. Außerdem wurde ja das explizite Ziel genannt, dass die Rückerstattung "sichtbar" sein soll - ob das sinnvoll ist oder unnötig unkompliziert ist weiß ich nicht, finde den Gedanken erstmal aber klug

      schönes Wochende aus Leer

  • Ob das mit der FDP zu machen ist? Das wäre ja... sozial!1!!

    • @tomás zerolo:

      Gerade die FDP ist die einzige Partei, die eben die Einkommensgruppe, die auch ich weiter oben erwähne, anspricht. In den Punkten stimme ich vollkommen zu. Allerdings, Christian Lindner kann hervorragend reden, da kommt ihm kaum einer nahe, aber die tatsächliche Umsetzung später ...