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Trumps Äußerung zum ImpfenReaktionen lassen tief blicken

Jörg Wimalasena
Kommentar von Jörg Wimalasena

Donald Trump äußert sich wiederholt positiv über die Corona-Impfung. Die rechte Blase macht das wütend. Und die liberale weiß es nicht einzuordnen.

Ausgerechnet die rechte Blase wettert nun gegen Donald Trump Foto: Shannon Stapleton/reuters

E s kommt selten vor, dass Talkshow-Gastgebern beim US-Fernsehsender MSNBC die Worte fehlen, wenn es um Donald Trump geht. Zumindest, wenn es in die Agenda des Haussenders der demokratischen Parteispitze passt. Dass Trump in der vergangenen Woche mehrfach die Covid-19-Impfung angepriesen hat – auch gegen Buhrufe aus dem Publikum – schien so gar nicht ins Weltbild von Moderator Joe Scarborough zu passen. Scarborough sieht in Trump regelmäßig die Ursache allen Übels in der US-Gesellschaft. Am Montag stammelte Scarborough: „Donald Trump, äähh, weiß eben offensichtlich, äääh, was er tun muss, um wieder ins Weiße Haus zu kommen.“

Dass Trump möglicherweise aufrichtig an die Schutzwirkung der Impfstoffe glaubt, kam ihm nicht mal in den Sinn.

Am ganz anderen Ende des politischen Spektrums hagelte es unterdessen Kritik. Trumps Engagement für die Impfung trieb den Verschwörungstheoretiker Alex Jones („InfoWars“) über Weihnachten derart auf die Palme, dass er Trump in seiner Sendung offen anging: „Entweder bist du völlig unwissend oder du bist einer der bösesten Männer, die je gelebt haben.“

Der Gegenschnitt der beiden Medienblasen ist bemerkenswert. In der linksliberalen Bubble ist der Trump-Hass offenbar so groß, dass man geflissentlich ignoriert, dass der Ex-Commander in Chief stets ein Befürworter von Impfungen war. Trump hatte die schnelle Einführung von Moderna und Co weitsichtig vorangetrieben und beispielsweise große Mengen des Impfstoffs gekauft, zu Zeiten als man hier in der EU noch Koordinierungsprobleme hatte und fatalerweise auf den mittlerweile wertlosen AstraZeneca-Impfstoff setzte. Unter Trumps Regierung startete die Impfkampagne in den USA merklich früher und effektiver als hierzulande.

Die rechte Bewegung ist komplexer als „pro Trump“

Auf der anderen Seite zeigt sich derweil aber auch: Weder rechte Medien noch Trumps Anhänger selbst sind ihrem vermeintlichen Idol bedingungslos hörig. Wenn Trump sich für Impfungen ausspricht, buht auch mal das Publikum und Alex Jones startet einen Shitstorm. Eine Sekte, die ihrem Führer bedingungslos ergeben ist, war die rechte Bewegung in den USA ohnehin noch nie.

Eine Frage, mit der sich MSNBC-Mann Joe Scarborough zum Beispiel stattdessen einmal auseinandersetzen könnte: Warum kriegt die Biden-Regierung trotz massig Impfstoff und langer Pandemieerfahrung in den USA die Todeszahlen nicht wie versprochen in den Griff? Ist nur ein Vorschlag.

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Jörg Wimalasena
Redakteur Inland
bis Januar 2022
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11 Kommentare

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  • Das Traurige an der Geschichte ist : die Lemminge merken nicht einmal, daß sie all die Zeit an der Nase herum geführt wurden.



    Noch schwieriger ist, aus der falschen Ecke wieder heraus zu kommen. Gelingt den wenigsten. Da werden sich die Lemminge wohl bald einen neuen Anführer suchen.

    • @Mopsfidel:

      zum Glück ist die Geschichte von den Lemmingen, die sich, dem Anführer folgend, von der Klippe stürzen eine >urban legend

  • Covid-19 einfach nur mit einer stinknormalen Impfung bekämpfen? Enttäuschend! Dabei hatte er vor 1½ Jahren noch sooo innovative Ideen!



    Z. B. hatte ihn die Meldung, dass Desinfektionsmittel auf Oberflächen das Virus schnell abtöten, auf die Idee gebracht, „ob man dann nicht mit Injektionen von Desinfektionsmitteln infizierte Menschen von innen reinigen“ könne oder „starkes Licht in den Körper hineinbringen“ könne“! Weitere tolle Ideen siehe taz.de/US-Praeside...onakrise/!5680835/ .



    Vermutlich hat seine eigene Corona-Erkrankung, die er zwischenzeitlich hatte, seine Phantasie doch sehr beeinträchtigt!

  • Trump will keine Probleme mit Corona, deshalb die Impfung. Die rechte Glaubensgemeinde hat sich aber andersrum positioniert und manch einer seiner Anhänger hat oder hatte Probleme mit Corona, weil der Heilsbringer sie nicht angemessen und ausreichend gewarnt hatte und es monatelang so laufen ließ. Da käm ich mir auch verarscht vor und würde eiligst die Impfungen nachholen. Aber die Impfverweigerer hierzulande werden das als fakenews abtun. Das sind Menschen die im Mittelalter wurzeln. Trump ganz sicher nicht.

  • Eine Frage, mit der sich Jörg Wimalasena vielleicht einmal auseinandersetzen sollte:

    Warum bekommen die USA die Todeszahlen in "blauen" Gegenden ziemlich gut in den Griff, in den "roten" Gegenden hingegen nicht?



    Und warum verspürt Herr Wimalasena das Bedürfnis diese nachprüfbaren Fakten zu leugnen?

    NYC (>90% der Erwachsenen mindestens eine Impfung) hat immer wieder Tage ganz ohne Todesfälle, der Durchschnitt liegt bei ~11 Todesfällen pro Tag, für ganz NYC.



    ~0,126 Tote pro 100k Einwohner und Tag.



    Deutschland: ~0,288 pro 100k Einwohner und Tag ist die aktuellste Zahl, die ich finden kann.

    Die USA haben die Pandemie im Prinzip perfekt im Griff. In allen Gegenden, in denen nicht schon aus Trotz gegen Biden die Impfung verweigert wird, sind die Impfzahlen hoch und die Todeszahlen niedrig.

    Je stärker die Republikaner in einer Gegend, um so mehr Todesfälle pro 100k Einwohner.

    Die Antwort auf die Frage, warum "die Biden-Regierung" die Todeszahlen nicht in den Griff bekommt ist daher simpel: Sie haben sie im Griff, deutlich mehr als Deutschland.



    Nur überall dort, wo es "der Biden-Regierung" wegen US-Föderalismus verboten ist, sich einzumischen, sind die Todeszahlen direkt anhängig von der Farbe der Region.

    Kommentar gekürzt. Netiquette beachten, danke.

    • @kleinalex:

      Volle Zustimmung. Ich frag mich, welche Quellen der Verfasser hier genutzt hat.

      Die Situation in den USA ist zum Teil einfach nur paradox: Einige republikanische Gouverneure (vor allem jene von Florida und Texas) schaffen es ernsthaft, einerseits Biden den aktuellen Verlauf der Pandemie anzulasten und andererseits Maßnahmen und Empfehlungen der Bundesebene zu torpedieren. Zum Teil untersagen (republikanisch regierte) Staaten ihren (demokratisch regierten) Städten z.B. eine Maskenpflicht im Einzelhandel zu erlassen. Schulräten in Florida, die in Schulen eine Maskenpflicht einführen wollten, hat Gouverneur Ron deSantis Streichung von Geldmitteln angedroht.

      Aber warum bekommt denn jetzt Biden die Pandemie nicht in den Griff?

  • AstraZeneca ist in keiner Weise wertlos. Es wird nur wegen der miserablen Kommunikation und den Nebenwirkung in Industrieländen abgelehnt.

  • Vielleicht hat er auch einfach nur sein Depot umstrukturiert. Hätte ich auch wenn ich Kapitalist wäre und Aktien besitzen würde :). Ist ja sogar ein nachhaltiges Investment, weil durch Aktienanteile in armen Ländern die Pandemie dann gar nicht mehr in den Griff zu bekommen ist. Teurere Medikamente -> weniger Impfschutz weltweit -> mehr Mutationen -> längere Pandemie -> mehr Impfkampagnen in reichen Ländern -> Aktienanlage bleibt stabil.

    • @SimpleForest:

      Trump war von Beginn an ein Befürworter der Impfung. Als die Reps sie einen Monat vor der Wahl für Ende des Jahres 2020 ankündigte, witterten sowohl politische wie mediale Widersacher eine Finte. Als circa eine Woche nach der Wahl Studien zu Impfstoffen die Weltöffentlichkeit positiv stimmten, glaubten die Reps an eine bewusste Zurückhaltung dieser.

      Trump wurde stark angegriffen für die Aussage Anfang der Pandemie: "wenn wir unter 300.000 Toten bleiben, haben wir einen guten Job gemacht." Ihm wurden die mehr als 300.000 Leben innerhalb seiner Amtszeit im Wahlkampf persönlich angekreidet. Biden sagte sehr deutlich, dass sich der Präsident an dieser Zahl zu messen lassen habe. Heute sind die USA bei 800.000 Coronatote.

      Als Trump verlautbarte, die Krise müsse auf Ebene der Bundesstaaten gelöst werden, wurde ihm unterstellt sich aus der Verantwortung ziehen zu wollen. Biden verkündete äußerst selbstbewusst und unmissverständlich, er kenne einen Weg aus der Krise. Jetzt gab er das gleiche von sich.

      Auch ich pflege eine starke Antipathie gegenüber Trump, doch diese Art sich mit allen Mitteln sich gegen ihn zu positionieren war und ist kein guter Stil.

      • @Required:

        Du verkennst, dass die Positionierung gegen Trump sich mittlerweile nicht mehr vorrangig wegen seiner wie auch immer gearteten politischen Ansichtung, Vorhaben und Entscheidungen während seiner Amtszeit ergibt, sondern aus seiner ganz grundsätzlich antidemokratischen Haltung. Diese ist mittlerweile für viele äußerst offensichtlich, wenn auch offenbar immer noch nicht für alle.

        Schon in seiner Amtszeit hat er keinen Hehl daraus gemacht, dass es die Diktatoren der Welt sind, die er bewundert, nicht die fähigen demokratischen Machthaber. Dann hat er sich geweigert, die Wahl Bidens anzuerkennen. Er hat die Wahlergebnisse ohne jede Grundlage massiv in Misskredit gebracht (mit vorheriger Ansage, schon ab 2015). Die Ernennung Bidens dann hat Trump mit allerlei unlauteren und illegalen Mitteln zu verhindern gesucht, zum Glück erfolglos. Zu nennen sind hier insbesondere die Aufforderung an seinen Vizepräsidenten, statt Biden sich als Sieger der Wahl zu verkünden sowie natürlich der von ihm maßgeblich vorangetriebene Sturm auf das Kapitol am 6.1.21, nachdem ihm offenbar klar geworden war, dass Mike Pence ihm diesen "Gefallen" wohl nicht tun würde.

        Wer Demokratie als Regierungsform erhalten möchte, muss Trump als Politiker ablehnen. Sollte dieser Mensch noch einmal die Macht erringen, als republikanischer Kandidat oder anders, kann ich dir Brief und Siegel geben darauf, dass er weitaus mehr tun würde als dieses Mal, um sie auf unbestimmte Zeit zu behalten. Er persönlich hätte nicht das geringste Problem damit, wenn "die Leute" ihn zum König der USA machen würden. Nicht. Das. Geringste. Problem.

        Und jetzt sag bitte noch einmal, dass es "schlechter Stil" sei, sich mit allen Mitteln gegen ihn zu positionieren.

        • @V. Ohneland:

          @Required: Aber ich will auch noch inhaltlich etwas zu deinen Äußerungen sagen:

          Ja, Trump war Befürworter der Impfung. Ohne dass ich jetzt Genaueres über Geldflüsse weiß: Die pharmazeutische Industrie ist ein großer Geldgeber in den USA. Wer in der Politik reüssieren möchte, sollte sich angesichts der z.T. sehr, sehr teuren Wahlkämpfe zweimal überlegen, ob er sich mit diesem Zweig gutstellen möchte oder nicht.

          Trump hat nicht nur einmal, sondern mehrfach Aussagen zu den zu erwartenden Todesfällen gemacht, und seine Zahlen haben sich ständig geändert. Am Anfang der Pandemie waren es nicht 300.000 die er nannte, sondern eigentlich Null: "You have 15 people, and the 15 within a couple of days is going to be down to close to zero". Das war am 28. Februar '20. Tolle Prognose. Kurz darauf plädierte er noch dafür, mehr als 3500 Amis inkl. Crew auf einem Cruise Ship im Hafen von San Francisco festzuhalten, weil 20 Passagiere positiv getestet wurden: "I like the numbers being where they are. I don't need to have the numbers double because of one ship that wasn't our fault". Eine echte Glanzleistung, auch an Empathie. Dann nannte er Zahlen: Erst 50.000, 70.000, dann 100.000, such dir was aus. Die Aussage, auf die du dich beziehst, hat er Ende März gemacht: "So we have between 100- and 200,000, we all together have done a very good job". Damals hatte er zwischenzeitlich eine Zahl an zu erwartenden Todesfällen genannt bekommen, wenn man gar nichts unternimmt (also nicht einmal Masken etc.): 2,2 Millionen. Ab dem Zeitpunkt waren ihm die realen Zahlen bald vollkommen egal, weil: War ja alles weit unterhalb von 2,2 Millionen, also alles gut gemacht.

          Trump war Real Estate Entwickler in New York. Zahlen sind für ihn Schall und Rauch, Hauptsache ein anderer berechnet es und er ist nicht derjenige, der am Ende zahlt. Er muss es nur verkaufen. Trump wusste nichts und hat auch nichts vorausgesagt. Es ist ihm schlicht und einfach egal, das sind nur Zahlen für ihn, nichts als Zahlen.