Trumps Äußerung zum Impfen: Reaktionen lassen tief blicken
Donald Trump äußert sich wiederholt positiv über die Corona-Impfung. Die rechte Blase macht das wütend. Und die liberale weiß es nicht einzuordnen.
E s kommt selten vor, dass Talkshow-Gastgebern beim US-Fernsehsender MSNBC die Worte fehlen, wenn es um Donald Trump geht. Zumindest, wenn es in die Agenda des Haussenders der demokratischen Parteispitze passt. Dass Trump in der vergangenen Woche mehrfach die Covid-19-Impfung angepriesen hat – auch gegen Buhrufe aus dem Publikum – schien so gar nicht ins Weltbild von Moderator Joe Scarborough zu passen. Scarborough sieht in Trump regelmäßig die Ursache allen Übels in der US-Gesellschaft. Am Montag stammelte Scarborough: „Donald Trump, äähh, weiß eben offensichtlich, äääh, was er tun muss, um wieder ins Weiße Haus zu kommen.“
Dass Trump möglicherweise aufrichtig an die Schutzwirkung der Impfstoffe glaubt, kam ihm nicht mal in den Sinn.
Am ganz anderen Ende des politischen Spektrums hagelte es unterdessen Kritik. Trumps Engagement für die Impfung trieb den Verschwörungstheoretiker Alex Jones („InfoWars“) über Weihnachten derart auf die Palme, dass er Trump in seiner Sendung offen anging: „Entweder bist du völlig unwissend oder du bist einer der bösesten Männer, die je gelebt haben.“
Der Gegenschnitt der beiden Medienblasen ist bemerkenswert. In der linksliberalen Bubble ist der Trump-Hass offenbar so groß, dass man geflissentlich ignoriert, dass der Ex-Commander in Chief stets ein Befürworter von Impfungen war. Trump hatte die schnelle Einführung von Moderna und Co weitsichtig vorangetrieben und beispielsweise große Mengen des Impfstoffs gekauft, zu Zeiten als man hier in der EU noch Koordinierungsprobleme hatte und fatalerweise auf den mittlerweile wertlosen AstraZeneca-Impfstoff setzte. Unter Trumps Regierung startete die Impfkampagne in den USA merklich früher und effektiver als hierzulande.
Die rechte Bewegung ist komplexer als „pro Trump“
Auf der anderen Seite zeigt sich derweil aber auch: Weder rechte Medien noch Trumps Anhänger selbst sind ihrem vermeintlichen Idol bedingungslos hörig. Wenn Trump sich für Impfungen ausspricht, buht auch mal das Publikum und Alex Jones startet einen Shitstorm. Eine Sekte, die ihrem Führer bedingungslos ergeben ist, war die rechte Bewegung in den USA ohnehin noch nie.
Eine Frage, mit der sich MSNBC-Mann Joe Scarborough zum Beispiel stattdessen einmal auseinandersetzen könnte: Warum kriegt die Biden-Regierung trotz massig Impfstoff und langer Pandemieerfahrung in den USA die Todeszahlen nicht wie versprochen in den Griff? Ist nur ein Vorschlag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung