Nach der Durchsuchung bei Höcke: „Eine infame Unterstellung“
Nach der Durchsuchung von Björn Höckes Haus wegen eines Facebookposts übt die AfD scharfe Kritik. Thüringens Innenminister Maier wehrt sich.
Was war passiert? Über Medien war am Wochenende durchgesickert, dass die Polizei am Donnerstag das Haus von Höcke im thüringischen Bornhagen durchsucht hatten. Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mühlhausen wegen eines Facebook-Posts des AfD-Rechtsaußen von vor einem Jahr. Zu sehen war dort das Bild der Seenotretterin Carola Rackete mit der Schmähung: „Ich habe Folter, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und Mord importiert.“ Höcke verwies dazu auf eine Verurteilung von drei Geflüchteten wegen Folter und anderer Delikte. „Mit solchen Kriminellen können sich nun die Menschen in Europa herumschlagen“, ätzte er.
Um die Ermittlungen gegen Höcke zu ermöglichen, hatte der Justizauschuss des Thüringer Landtags im Dezember dessen Immunität aufgehoben. Der Durchsuchungsbeschluss ist laut Höcke bereits vom 5. Februar und basiert angeblich auch auf einem Hinweis eines Mitarbeiters des Thüringer Innenministeriums unter Georg Maier (SPD). Laut Höcke wurde der Zugang zu den elektronischen Kommunikationsgeräten aller Familienmitglieder erzwungen, auch die seiner Kinder.
Pauschale Stigmatisierung von Geflüchteten?
Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Beitrag Geflüchtete pauschal als Kriminelle stigmatisiert und eine Volksverhetzung darstellt. Die Durchsuchung soll auch Erkenntnisse über die Urheberschaft des Postings liefern.
Höcke schreibt, mehrere Juristen seien nun mit der Sache befasst. Stefan Möller, Co-Chef der Thüringer AfD, nannte die Durchsuchung aufgrund eines Facebookposts „ein[en] weitere[n] Tiefpunkt des Missbrauchs der Justiz gegen vermeintlich unbotmäßige politische Meinungen“. Man werde dagegen „alle rechtlichen und politischen Maßnahmen unterstützen“.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) verwahrte sich am Montag gegen die Vorwürfe. „Wenn Herr Höcke die Unabhängigkeit der Justiz anzweifelt, braucht er ganz dringend Nachhilfe in Sachen Rechtsstaat“, sagte Maier der taz. Ein politisch motiviertes Vorgehen sei eine „infame Unterstellung, die ich scharf zurückweise“. Offensichtlich plage Höcke „ein ziemlich schlechtes Gewissen“.
Ramelow kommentiert Razzia lakonisch
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kommentierte Höckes Durchsuchung via Twitter lakonisch: „Ob man da eventuell Landolf Ladig unterm Bett findet?“ Unter diesem Pseudonym soll Höcke nach Sicht des Verfassungsschutzes in einer Thüringer NPD-Postille geschrieben haben.
Erst vor einer Woche war bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz die Thüringer AfD als erwiesen rechtsextreme Gruppierung eingestuft hat – als bundesweit ersten Landesverband. Dieser steht nun auf einer Stufe mit der NPD. Höcke hatte zuvor auch das heute formell aufgelöste AfD-Sammelbecken „Der Flügel“ angeführt, das der Verfassungsschutz schon länger für rechtsextrem hält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“