Steigende Preise in Deutschland: Übertriebene Inflationsangst

Die Teuerungsrate in Deutschland ist so hoch wie seit zwei Jahren nicht. Von einer hohen Inflation kann dennoch keine Rede sein.

Hessen, Geisenheim: Geerntete Erdbeeren liegen in den Körbchen. Die Erdbeerkönigin 2021 hat die hessische Erdbeersaison auf dem ·Obstgut auf der Heide· (Rheingau-Taunus-Kreis) offiziell eröffnet.

Erdbeeren aus dem Rheingau sind so teuer wie lange nicht Foto: Andreas Arnold/dpa

BERLIN taz | Ein Gespenst geht mal wieder um – das der Inflation. Und tatsächlich ist die Teuerungsrate in Deutschland derzeit so hoch wie seit zwei Jahren nicht. Sie stieg im April auf 2,0 Prozent.

Am Montag folgte dann auch noch diese Meldung: Das Statistische Bundesamt teilte mit, dass die Preise für pflanzliche Erzeugnisse sich im März um 13,9 Prozent zum Vorjahresmonat erhöht haben. Einer der größten Preistreiber sei Getreide, das 25,2 Prozent teurer wurde. Aber auch Gemüse verteuerte sich um 13,9 Prozent, bei Salat lag das Plus gar bei rund 30 Prozent, Obst verteuerte sich um 28,9 Prozent.

Dabei handelt es sich zwar zunächst einmal um Erzeugerpreise. Was an Erhöhung tatsächlich beim Verbraucher ankommt, ist also noch nicht ausgemacht. Doch wer in diesen Tagen auf dem Markt war, dem oder der dürften die hohen Preise für Erdbeeren, Nektarinen und Spargel aufgefallen sein. „Einen ähnlich starken Anstieg hatte es zuletzt vor zehn Jahren gegeben“, bestätigt das Statistikamt.

Ein Grund für die höheren Preise sind sicherlich die Witterungsverhältnisse. Der April und auch die erste Hälfte des Mai waren so kalt wie seit Jahrzehnten nicht. Ein weiterer Auslöser für die Anstieg ist nach Angaben der Statistiker auch auf „ein knappes Angebot und eine vermutlich durch Corona bedingte hohe Nachfrage zurückzuführen“. In einigen Regionen wie etwa derzeit in Indien hat die Pandemie erst in diesen Tagen ihren Höhepunkt erreicht. In den USA liegt die Inflation bereits bei 4,2 Prozent.

Bundesbankchef Jens Weidmann rechnet auch für Deutschland in der zweiten Hälfte mit einer Teuerungsrate von drei Prozent oder mehr. Schon gibt es Stimmen, die vor einer davongaloppierenden Inflation warnen. Ist diese Angst berechtigt?

Nur Ausgleich

Mitnichten. EZB-Direktionsmitglied Isabel Schnabel warnt im Deutschlandfunk davor, „diese kurzfristige Entwicklung“ zu verwechseln „mit einem anhaltenden Anstieg der Inflation“. Und in der Tat: Dass die Rate mit zwei Prozent derzeit vergleichsweise hoch ist, hängt damit zusammen, dass die Inflationsrate in den zurückliegenden zwei Jahren extrem niedrig war. Im vergangenen Jahr lag sie gerade einmal bei einem halben Prozent.

Hinzu kommen einige Sondereffekte, wie die Senkung der Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr von 7 auf 5 Prozent und die Rücknahme davon zum Jahreswechsel. Kein Wunder also, dass viele Waren jetzt im Jahresvergleich teurer geworden sind. Dafür waren sie aber im vergangenen Jahr entsprechend billiger.

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