Campus wird Sicherheitsbereich: Bundeswehr-Uni rüstet auf

Bewaffnete Wachen, Bibliotheksbesuch nur mit Ausweis: Die Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg soll militärischer Sicherheitsbereich werden.

In einiger Entfernung hinter einer Wiese steht ein Gebäude

Wird Sicherheitsbereich: die Helmut-Schmidt-Uni in Hamburg-Jenfeld Foto: Julian Mieth/dpa

HAMBURG taz | Die Helmut-Schmidt-Universität (HSU) in Hamburg-Jenfeld wird von Externen bald nicht mehr problemlos zu betreten sein. Die Bibliothek aufsuchen und ein Buch lesen, in der Cafeteria einen Tee trinken oder sich mit Do­zen­t*in­nen zu einem Interview treffen: All das wird komplizierter.

Das Bundesverteidigungsministerium unter Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat angeordnet, die Bundeswehr-Uni in einen militärischen Sicherheitsbereich (MSB) zu verwandeln. Das bedeutet, dass der Zugang zum Campus am Holstenhofweg sowie dem studentischen Wohnheim in der Stoltestraße Nichtangehörigen in Zukunft per se verboten sein wird.

Als Grund wird die Sicherheit der Universitätsmitglieder angeführt. „Die Einrichtungen der Bundeswehr sind immer wieder vielfältigen Bedrohungen sicherheitsgefährdender Kräfte ausgesetzt“, sagt HSU-Pressesprecher Dietmar Strey. Welche Art der Bedrohung das sein soll, möchte er aber nicht sagen. Er betont allerdings, dass Externen ein Zugang durchaus noch möglich sei, allerdings unter Auflagen.

„Die Wache soll jederzeit wissen, wer sich wann wo aufhält“, sagt Strey. Be­su­che­r*in­nen könnten ihren Ausweis beim Pförtner abgeben. Oder es müsse jemand sie abholen kommen und über das Gelände begleiten wie in einer Kaserne. Diese Maßnahme sei allerdings für Hamburg unwahrscheinlich.

Geplant ist indes, auf dem Campus eine Waffenkammer zu errichten, um das Wachpersonal an den Eingängen mit Waffen ausstatten zu können. Es sei möglich, dass die Waffen in einem Gebäude gelagert würden, in dem Dozierende ihre Büros hätten, sagt Strey. Allerdings würden sie nach strengen Auflagen gelagert, in Eisenschränken und speziell gesicherten Räumen.

Forschung im Hochsicherheitstrakt

Unter den Lehrenden wird die Einführung des MSB kritisch gesehen. „Da ist doch keine Forschung mehr möglich, in so einem Hochsicherheitstrakt“, sagt ein Dozent der HSU, der nicht genannt werden möchte. Mit einer Unterschriftensammlung wollte ein Teil des Lehrpersonals den MSB abwenden. Um ihrem Lehrauftrag nachkommen zu können, müssten „Universitäten für die Öffentlichkeit transparent und allgemein zugänglich sein“, steht oben auf dem Unterschriftenzettel.

Der Senat forderte den Präsidenten auf, dem Verteidigungsministerium einen Alternativvorschlag zu unterbreiten, nach dem etwa die Bibliothek weiterhin öffentlich und frei zugänglich wäre. Staatssekretär Gerd Hoofe lehnte das ab. Freie Lehre ist aus seiner Sicht auch unter MSB-Bedingungen möglich.

Der Austausch der HSU mit anderen Universitäten scheint dennoch erschwert worden zu sein. Einige geplante Tagungen wurden auf andere Universitäten verschoben, um externen Kol­le­g*in­nen diese Kontrollen nicht zuzumuten. Zu viele Fragen werfe das auf: Ob es hier ein erhöhtes Bedrohungspotenzial gebe, ob man selbst verdächtigt werde oder was mit den gesammelten Daten geschehe. Unklar ist auch, inwieweit Gäste aus Ländern ohne Nato-Mitgliedschaft künftig auf den Campus dürfen.

Die Helmut-Schmidt-Universität wurde von ihrem Namensgeber errichtet, um eine Verbindung zwischen Sol­da­t*in­nen und der zivilen Gesellschaft herzustellen und Of­fi­zie­r*in­nen eine gute akademische Ausbildung zu ermöglichen. Insgesamt scheint sich allerdings ein Trend in Richtung stärkerer Militarisierung auf dem zivilen Campus etabliert zu haben.

Allgemeine Bedrohungslage

Seit 2015 findet kein Tag der offenen Tür mehr statt, bei dem der wissenschaftliche Austausch im Zentrum steht. Er wurde durch Ursula von der Leyen (CDU) durch den zentral geplanten Tag der Bundeswehr ersetzt, bei dem Militärübungen und -gerät im Mittelpunkt stehen. Des Weiteren berichtet der Dozent, sei inzwischen jeder Donnerstag halbtags der militärischen Ausbildung gewidmet inklusive einer Uniformpflicht.

Die andere Bundeswehruniversität in Deutschland hat in München ihren Sitz und ist schon seit Beginn des Jahrtausends ein militärischer Sicherheitsbereich. Externe müssen ihren Ausweis vorzeigen, Jour­na­lis­t*in­nen dürfen sich nur in Begleitung auf dem Münchner Campus bewegen.

Wie aus einem Artikel des Pinneberger Tagesblatts hervorgeht, hat das Verteidigungsministerium die Umstellung der Hamburger Bundeswehr-Universität in einen Sicherheitsbereich bereits 2018 unter der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen geplant. Begründet wurde sie mit „gestiegener Terrorgefahr“.

Das Bundesverteidigungsministerium war bis Redaktionsschluss zu keiner Stellungnahme bereit. Aus Militärkreisen heißt es jedoch, dass militärische Anlagen im Allgemeinen und nicht die HSU im Speziellen bedroht seien. „Es werden immer mal Briefe mit unklaren Substanzen an militärische Liegenschaften verschickt“, heißt es. Vor zwei Tagen gab es darüber hinaus eine Bombendrohung auf das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin. Die Eingliederung der HSU in den militärischen Sicherheitsbereich sei eine Folge solcher Vorfälle.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.