Militarisierung der Bundeswehr-Uni: Forscher:innen wehren sich
Das Verteidigungsministerium will die Hamburger Helmut-Schmidt-Universität zum Militärischen Sicherheitsbereich machen. Dagegen gibt es Protest.
HAMBURG taz | Bald könnten bewaffnete Wachen vor der Helmut-Schmidt-Universität (HSU) in Hamburg stehen. Denn das Verteidigungsministerium möchte den Campus zum militärischen Sicherheitsbereich (MSB) machen. Soldat:innen hätten somit weitreichende Befugnisse und könnten beispielsweise kontrollieren, wer auf das Gelände darf.
Über 400 Wissenschaftler:innen protestieren nun gegen das Vorhaben mit einem offenen Brief. Sie sehen den Gründungscharakter der renommierten Einrichtung in Gefahr. Die Bundeswehr-Uni, an der zivil studiert wird, ist international für ihre Offenheit bekannt. Der Namensgeber Helmut Schmidt gründete sie vor fast 50 Jahren explizit nicht als Militärakademie. Er wollte einen Austausch zwischen ziviler Wissenschaft und Soldat:innen fördern.
Laut Jan Stöckmann, einem der Erstunterzeichner des Briefs, seien die meisten Forschenden im akademischen Bereich Zivilist:innen. Er selbst ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Neuere Geschichte. Stöckmann sieht die Uni als offenen Wissenschaftsstandort durch den Militärischen Sicherheitsbereich in Gefahr: „Wir als Forschende müssen immer wieder betonen, dass wir eine zivile Uni sind, gerade gegenüber ausländischen Wissenschaftlern. Das könnte durch das Vorhaben schwieriger werden.“
Auch wisse niemand ganz genau, was der MSB in der Praxis bedeutet. Mindestanforderungen sind unter anderem Einlasskontrollen und eine Waffenkammer auf dem Gelände. In dem offenen Brief kritisieren die Unterzeichner:innen außerdem, dass nicht mehr jede:r ohne Weiteres Zutritt zum Campus hätte. Vorträge, Podiumsdiskussionen und andere Veranstaltungen könnten nur noch nach vorheriger Ausweiskontrolle besucht werden. Weiter heißt es, dass dies „mittel- bis langfristig die Attraktivität der HSU als Kooperationspartnerin beeinträchtigen“ könnte.
Mindestanforderungen sind Einlasskontrollen und eine Waffenkammer auf dem Gelände
Aus diesem Grund hatte sich auch der akademische Senat als höchstes Entscheidungsgremium der HSU einstimmig gegen das Vorhaben des Verteidigungsministeriums ausgesprochen. Laut HSU hatte der Universitätspräsident Klaus Beckmann daraufhin vorgeschlagen, den Sicherheitsbereich „räumlich und zeitlich flexibel“ zu gestalten. Das sei dem Verteidigungsministerium aber zu teuer gewesen. Außerdem würde diese Lösung nicht genug Schutz bieten.
In einem militärischen Sicherheitsbereich hätten Soldat:innen außerdem Weisungsbefugnis gegenüber zivilen Besucher:innen. Auch könnten auf dem ganzen Campusgelände willkürliche Durchsuchungen angeordnet werden.
Die Unterzeichner:innen des offenen Briefs sehen diese Maßnahmen im Widerspruch zum „demokratischen Kern universitärer Praxis“ Denn die angehenden Offiziere, die an der HSU den Großteil der Studierenden ausmachen, sind für die vier Jahre ihres Studiums eigentlich als Soldat:innen beurlaubt. Nur wenige kämen mit Uniform zur Vorlesung, sagt Stöckmann. Lediglich am Donnerstagnachmittag würden die Studierenden an militärischen Übungen wie Schießtrainings teilnehmen. Davon sind die zivilen Studierenden aber ausgeschlossen.
Auf Anfrage der taz beteuert die HSU, den „Charakter der Universität als Wissenschaftscampus des Bundes von internationaler Sichtbarkeit“ nicht beeinträchtigen zu wollen. Die Maßnahmen sollten „so niederschwellig wie möglich“ gehalten werden. Sämtliche Antworten der HSU auf die Anfrage wurden zuvor vom Verteidigungsministerium abgesegnet.
Warum der Campus genau jetzt zum militärischen Sicherheitsbereich erklärt werden soll, will das Verteidigungsministerium aus „Sicherheitsgründen“ nicht verraten.
Leser*innenkommentare
Lowandorder
Liggers. “ Die Maßnahmen sollten „so niederschwellig wie möglich“ gehalten werden.“
So sinnse: Das Warum nicht raustun - aber son Käse sabbeln.
“Nagel mal‘n Pudding an die Wand!“
&
Volkers 👄 tutet wieder Wahrheit kund:
“… - doch ist die Scheiße erst mal drin!
Dann ist auch die 🎺 hin!“ Wohl wahr.
& 🥚j🥚j🥚er - Was ZWEI rohe 🥚🥚 =>
Zusammen mit der heutigen Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg wurde die Universität der Bundeswehr München als eine der beiden Universitäten der Bundeswehr zur Ausbildung des Offiziernachwuchses 1973 eingerichtet.
& Däh!
2011 wurde die Studentenzeitschrift der Bundeswehrhochschule laut Süddeutscher Zeitung durch drei Studenten „zur Plattform für rechte Thesen umfunktioniert“. Mitarbeiter der UniBw M befürchteten, „dass versucht wird, die Zeitung des Studentischen Konvents mit der politischen Agenda der Neuen Rechten zu durchdringen“. Der Militärische Abschirmdienst nahm interne Ermittlungen auf. Über Konsequenzen ist nichts bekannt.
& weiter geht’s
m Mai 2017 wurde im Zusammenhang mit dem terrorverdächtigen Soldaten der deutsch-französischen Brigade bekannt, dass der Militärische Abschirmdienst gegen vier Studenten der Bundeswehr-Universität ermittelt, weil sie Verbindungen zur als rechtsextremistisch eingestuften „Identitären Bewegung“ haben sollen. Der MAD hatte Bezüge aktiver und ehemaliger Studenten der Universität zu den Soldaten geprüft, die bei den Terrorermittlungen gegen Bundeswehrsoldaten ab 2017 als Rechtsextreme erkannt wurden. Dabei stieß der MAD auf eine mögliche Verbindung zu einem Studenten der Neubiberger Hochschule. Dieser und ein weiterer Offiziersanwärter fielen durch antisemitische und nazistische Parolen auf und wurden daraufhin Ende Mai 2017 aus dem Dienst entfernt.
de.wikipedia.org/w...swehr_M%C3%BCnchen
Der Umweg/Umstieg BW-Uni => Ord. Uni - bei Weggefährten hat mich schon immer gegruselt • But. Herr Gernot Knödler sieht’s inne taz ja anders - 😹-