Corona in Deutschland: Heiliger Hickhack
Ministerpräsident*innen und Bundesregierung scheinen sich einig: Die Coronalage erfordert schärfere Maßnahmen. Doch wer macht den ersten Schritt?
In Bayern drängte Regierungschef Markus Söder (CSU) auf eine härtere Gangart, jedoch erst nach Weihnachten. „Wir müssen das öffentliche Leben runterfahren“, sagte er der dpa in München und forderte Ausgangsbeschränkungen in Hotspots und Ladenschließungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hingegen hatte am Mittwoch weitere Coronamaßnahmen noch vor Weihnachten gefordert und in einem emotionalen Appell dazu aufgerufen, in der Pandemiebekämpfung auf Wissenschaftler*innen zu hören.
Aus dem Norden Deutschlands erhielt sie am Donnerstag Zuspruch. In Mecklenburg-Vorpommern zeigte sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) offen für Geschäftsschließungen vor Weihnachten und forderte ein rasches Treffen zwischen Bund und Ländern. Auch SPD-Chefin Saskia Esken forderte einen harten Lockdown spätestens nach Weihnachten. In Kiel sagte die schleswig-holsteinische Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben: „Wir brauchen eine schnelle Entscheidung. Wir müssen jetzt die Zahlen runterkriegen und nicht erst in zehn Tagen.“
Ähnlich äußerte sich RKI-Chef Lothar Wieler. Eine Lockerung der bestehenden Kontaktbeschränkungen über die bevorstehenden Feiertage lehnte er entschieden ab. Es sei die wichtigste Maßnahme, „dass man verhindert, dass die Lockerungen an Weihnachten kommen“, erklärte er und stellte sich hinter die Forderung nach einem harten Lockdown: „Wenn die Menschen es alleine nicht schaffen, sehe ich keine andere Möglichkeit“, sagte er.
Mit Hygienekonzepten in der Kirche
Angesichts der hohen Infektions- und Todeszahlen sind auch die anstehenden Weihnachtsgottesdienste Teil einer kontroversen Debatte. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hatte in der Zeit gefordert, die Gotteshäuser während der christlichen Feiertage offen zu halten. Sie wisse von keiner einzigen Kirche, die nicht peinlichst darauf bedacht wäre, die Hygieneauflagen zu beachten.
Unterstützung kommt vom Präsidenten der Berliner Akademie der Wissenschaften, Christoph Markschies. Der evangelische Theologe und Historiker gehört zum Kreis der Unterzeichner:innen des Appells der Nationalen Akademie Leopoldina an die Bundesregierung. In dem Papier wird kein Verbot von Gottesdiensten empfohlen.
Ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bestätigte gegenüber der taz, dass es für alle Gottesdienste detaillierte Hygienekonzepte gebe, die von den Gemeinden gemeinsam mit den staatlichen Stellen erarbeitet wurden. „Die Gottesdienste werden anders sein als in den vergangenen Jahren“, hieß es weiter. So würde es Freiluftmessen geben oder Onlinegottesdienste. (mit dpa, epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung