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Wirtschaftswissenschaften und ÖkologieDie doppelte Ökokrise

Essay von Michael Roos

Die Klimakrise braucht ökonomische Lösungen. Doch die Volkswirte ignorieren das Thema – das liegt auch am völlig einseitigen Studienfach VWL.

konomen sind anders als andere Menschen und wollen es auch sein. Sie glauben, eine Wissenschaft wie die Physik zu betreiben, die die Welt allein mit mathematischen Modellen erfassen kann. Ebenso stolz sind die Ökonomen darauf, „überraschende Antworten auf alltägliche Lebensfragen“ zu geben, wie das bekannte Buch „Freakonomics“ des Star-Ökonomen Steven Levitt im Untertitel heißt.

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Der Blick der Ökonomen ist also speziell und auch merkwürdig: Sie beschreiben eine Welt, die unhistorisch, im Gleichgewicht und stabil ist, während sich die echte Welt dadurch auszeichnet, dass sie dynamisch ist und zu Krisen neigt. Das führt dazu, dass sich Reformbewegungen in der Volkswirtschaftslehre oft mit dem Etikett „real world“ versehen. Ihrer Ansicht nach hat die ökonomische Wissenschaft mit der Realität nichts mehr zu tun.

Dieser Eindruck einer verirrten Wissenschaft drängt sich auch auf, wenn man sich anschaut, was die Mehrheit der Ökonomen zur ökologischen Krise sagt: im Allgemeinen nämlich gar nichts. Die Volkswirte schweigen, obwohl die Naturwissenschaftler in unzähligen Stellungnahmen davor warnen, dass ökologische Systeme zusammenbrechen werden, die unsere Lebensgrundlage bilden. Am bekanntesten sind die Prognosen des Weltklimarates, dass nur noch ein kleines Zeitfenster bleibt, um die globale Erwärmung auf 2 °C und damit die Schäden zu begrenzen.

Der Klimawandel ist zudem nicht die einzige ökologische Krise. 2009 veröffentlichten Erdsystem- und Umweltwissenschaftler einen vielbeachteten Aufsatz über die sogenannten planetaren Grenzen: Unsere Lebensgrundlagen werden auch durch das Artensterben, die Abholzung der Wälder, die Verschlechterung von Böden und den übermäßigen Eintrag von Phosphor und Stickstoff in die Meere akut gefährdet. Zudem häufen sich die Forschungsbefunde, dass die Gefährdung der Ökosysteme weitaus schneller voranschreitet als zuvor erwartet. Es gibt aktuelle Studien, dass der Kollaps von Meeresökosystemen und tropischen Regenwäldern bereits von dem Jahr 2030 beginnen könnte.

Michael Roos

ist Professor für Makroökonomie an der Universität Bochum. Zu seinen Forschungsthemen gehört unter anderem der Klimawandel aus ökonomischer Perspektive.

Doch wie sieht die Welt der Ökonomen aus? Von einer ökologischen Krise erfährt man im normalen Volkwirtschaftsstudium wenig bis nichts. Im ersten Semester lernen die Studierenden, dass das Wachstum die Grundlage des Wohlstandes ist und dass Wachstumsunterschiede erklären, warum einige Länder reich und andere arm sind. Auch den internationalen Handel lernen die Studierenden als Quelle von Wohlstand für alle Beteiligten kennen.

Dass Wirtschaftswachstum und Handel ökologische Schäden verursachen und damit langfristig den erreichten Wohlstand in Frage stellen, erfährt man im Wirtschaftsstudium hingegen normalerweise nicht. Die populären Lehrbücher der Makroökonomik thematisieren weder den Klimawandel noch andere planetare Grenzen.

Die sogenannte moderne Wachstumstheorie ist ein Kind der 1950er Jahre, in denen es gesellschaftlich um das Verhältnis von Arbeit und Kapital und den technologischen Fortschritt ging. Für den Westen war es beruhigend, als der US-Ökonom Robert Solow zeigen konnte, dass die sowjetische Industrialisierung auf der Basis der Stahlproduktion keinen dauerhaften Aufschwung erzeugen würde, sondern dass technische Innovationen die Quelle des Wachstums seien. Dass dem Wachstum Grenzen gesetzt sein könnten, war und ist kein Thema. Es herrscht der Glaube vor, dass der technische Fortschritt diese Grenzen überwinden wird.

Interessant und bedenklich ist, dass Güterproduktion und Wachstum in den VWL-Lehrbüchern weder Energie noch natürliche Rohstoffe benötigen und keine Abfallprodukte entstehen. Wird der Verlust von Ökosystemen thematisiert, ­gehen Ökonomen davon aus, dass man Naturkapital durch Sachkapital ersetzen kann. Wenn es keine Bäume mehr geben sollte, dann bauen wir eben Apparate, um CO2 aus der Luft zu holen.

Im ersten Semester lernen die Studierenden, dass das Wachstum die Grundlage des Wohlstandes ist und dass Wachstumsunterschiede erklären, warum einige Länder reich und andere arm sind

Aber nicht nur das VWL-Studium blendet ökologische Fragen aus. Auch in den Gutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (der fünf Wirtschaftsweisen) liest man nichts über planetare Grenzen und ökologische Krisen. Den Klimawandel nehmen die Weisen zwar zur Kenntnis. Aber im vergangenen Jahrzehnt erweckten sie nicht den Eindruck, dass seine Bekämpfung ein drängendes, existenzielles Problem wäre. Vielmehr betont der Sachverständigenrat wieder und wieder, dass die Klimapolitik effizient und international koordiniert sein müsse. Dazu sei ein global einheitlicher Preis auf CO2-Emissionen das beste Mittel, damit der Markt das Klimaproblem lösen könne.

In einer idealen Welt ist dies auch nicht falsch, aber die Realität ist weit entfernt von den abstrakten Modellwelten aus den Lehrbüchern und Fachjournalen. Trotzdem halten die Ökonomen starr an ihren theoretischen Optimallösungen fest, was dann zu dem bizarren Ergebnis führt, dass der Sachverständigenrat die Bemühungen der Bundesregierung kritisiert, durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und gezielte Technologieförderung die Energieproduktion klimaneutraler zu machen. Dies sei planwirtschaftlich, ineffizient und wirkungslos. Außerdem sollten Deutschland und die EU keine übermäßig ambitionierte Klimapolitik verfolgen, da sonst die anderen Länder keinen Anreiz mehr hätten, selbst Klimaschutz zu betreiben.

Für die Sachverständigen steht zudem außer Frage, dass weiteres Wirtschaftswachstum nötig ist und durch technischen Erfindungsgeist auch nachhaltig sein kann. Dauerhaftes Wachstum in einer begrenzten Welt setzt aber voraus, dass die Wirtschaft dematerialisiert wird. Durch welche Wundertechnologien dies gelingen soll – diese zentrale Frage überlassen die Ökonomen dann gern den Politikern und Ingenieuren. Man könnte die Volkswirte in ihrem Elfenbeinturm belassen, wenn ihr Wort in Politik und Öffentlichkeit nicht so viel Gewicht hätte.

Andere Sozialwissenschaftler blicken mit Neid auf den politischen Einfluss der Ökonomen. Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte im Juli 2020: „Mehr als 15 Jahre lang wurde versucht, den Klimaschutz weltweit in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller wichtigen Länder zu erreichen. Dabei haben wir viel Zeit verloren, ohne dass etwas Durchgreifendes geschehen ist.“ Dies kann man indirekt als Kritik an den ökonomischen Experten verstehen, die genau diese globale Lösung immer wieder gefordert haben.

Es ist eine Krise der neoklassischen Ökonomik, dass sie die Welt durch ihre theoretischen und mathematischen Filter betrachtet und dabei ökologische, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen des ökonomischen Handelns übersieht. Die Welt entwickelt sich in realer Zeit und nicht in abstrakter Modellzeit. Die wichtigsten ökologischen Systeme könnten in naher Zukunft kollabieren, und sie warten nicht darauf, dass sich die gesamte Menschheit auf effiziente Lösungen geeinigt hat. Daher sollten die Ökonomen drängen und nicht bremsen bei der Suche nach gangbaren Lösungen, auch wenn sie nicht dem theoretischen Ideal entsprechen.

Damit die Volkswirtschaftslehre eine Wissenschaft über die reale Welt werden kann, muss sie sich öffnen, also pluraler und interdisziplinärer werden, und zur Kenntnis nehmen, was Naturwissenschaftler und Sozialwissenschaftler zu sagen haben. Das herrschende Selbstverständnis der Ökonomen ist, dass sie den optimalen Einsatz knapper Mittel erforschen. Doch diese Definition ist zu eng. Es ist auch ein ökonomisches Thema, wie der Mitteleinsatz in der echten Welt durch Institutionen und Macht bestimmt wird. Die Volkswirtschaftslehre muss wieder mehr zur Politischen Ökonomie werden.

Angesichts des mittlerweile spürbaren Klimawandels fordert die junge Generation Änderungen von der Ökonomik ein. Die Fridays-for-Future-Studierenden stellen berechtigte Fragen. Sie wollen wissen, warum sie in den Wirtschaftsvorlesungen nichts über die ökologischen Krisen hören, vor denen die Naturwissenschaftler so eindringlich warnen. Sie fragen, wie nachhaltiges Wachstum konkret funktionieren soll und warum wir auf den technischen Fortschritt und die Genialität unserer Ingenieure vertrauen sollen. Hat nicht der technische Fortschritt die ökologischen Probleme erst verursacht? Sie bezweifeln, dass wir noch genug Zeit für eine effiziente Klimapolitik haben, die über den Markt geregelt wird. Es bleibt abzuwarten, ob sie von ihren Professoren Antworten bekommen.

Vorlesungen ohne Öko-Themen

Viele junge Menschen spüren bereits, ohne dass sie es in ökonomischen Vorlesungen gesagt bekämen, dass dauerhaftes materielles Wachstum und planetare Grenzen unvereinbar sind. So bequem eine rein technische Lösung der Nachhaltigkeitsprobleme wäre, so unwahrscheinlich ist sie. Natürlich brauchen wir effizientere Technik, die Ressourcen einspart, aber es hilft nichts, wenn wir mit sparsameren Autos mehr fahren oder häufiger nachhaltig produzierte Kleidung kaufen. Auch unser Verhalten muss dazu beitragen, den ökologischen Kollaps zu vermeiden. Dies ist aber keine rein individuelle Angelegenheit, sondern eine gesellschaftliche.

Der Philosoph Edward Skidelsky und sein Vater, der Wirtschaftshistoriker Robert Skidelsky, weisen in ihrem Buch „Wie viel ist genug?“ darauf hin, dass der Sinn des Wirtschaftens ist, ein gutes Leben zu ermöglichen. Das gute Leben hängt aber nicht nur vom persönlichen materiellen Konsum ab, sondern noch wichtiger sind die Erfüllung sozialer Bedürfnisse und die Entfaltungsmöglichkeiten in der Gesellschaft. Die Bewältigung der ökologischen Krise ist also eine soziale Aufgabe, keine technische. Eine Volkswirtschaftslehre, die sich auf ihre philosophischen Wurzeln rückbesinnt, kann dazu viel beitragen.

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23 Kommentare

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  • de.wikipedia.org/w..._Kenneth_Galbraith



    "In seinem bekanntesten Werk Gesellschaft im Überfluss (The Affluent Society) kritisierte er das Überflussangebot an privaten Gütern bei einem gleichzeitigen Mangel in der Versorgung mit öffentlich angebotenen Infrastrukturen und Dienstleistungen. Er machte klar, dass wirtschaftliches Handeln immer noch vom Geist des 19. Jahrhunderts getragen sei: Obwohl der Grenznutzen eines Zweitautos gering sei, müsse trotzdem die Produktion immer weiter gesteigert werden, angeblich um den „sozialen Frieden“ nicht zu gefährden. Er warnte schon 1958 vor den üblen Folgen unkontrollierten Wirtschaftswachstums für die Umwelt."



    Dieses Büchlein hat aber so gar nix an Aktualität eingebüßt - das kann beängstigen......

  • Es sind letztlich ethische Entscheidungen die gefällt werden und keine ökonomischen Entscheidungen. Beispielsweise ob die jetzige Weltbevölkerung die Entscheidungen gg. den Klimawandel alleine finanziell tragen soll oder auch zukünftige Generationen. Oder die Frage wie weit die sogenannte 3. Weltt und die Schwellenländer ökonomisch aufholen "dürfen" Es gibt zu all dem keine Konzepte.

    Wo die Politik keine Entscheidungen treffen will kann dann auch die Ökonomie nicht helfen.

    Bestes Beispiel ist der CO2-Zertifikate-Handel. An sch eine kluge Lösung aber völlig verwässert durch politische Entscheidungen zur Höhe des Preises und durch Ausnahmen.

    Die Klimakrise brach keine ökonomischem Lösungen, sie brach klimaeefektive politische Entscheidungen.

  • Es ist ja schon lange offensichtlich, dass insbesondere die deutsche VWL und das sogenannte neoklassische Lager irreale Modellannahmen macht und einuges vernachlässigt.

    Das allergrößte Problem ist jedoch die Politik, die "aleternativlos" der Austerität das unsinnige Wort redet.

    Mittlerweile gibt es ja einige kreative Ansätze wie die Modern-Money-Theorie, die ganz anders funktionieren kann.

    Das Problem der Transformation ist m.E. eher die Frage, wie wir die Investitionen (wohl 25-50Billionen Euro in den nächsten 10 Jahren) für die große Transformation (Energie, Wärme, Häuser, Infrastruktur in Verkehr,...) alleine europaweit stemmen.

    Im Grunde haben wir eine Bank (EZB), die das nötige Kapital zinslos bereitstellen kann und es im Rahmen der Abschreibungen wieder einsammeln kann.

  • 1G
    15610 (Profil gelöscht)

    zum Fazit "Die Bewältigung der ökologischen Krise ist also eine soziale Aufgabe, keine technische". Technische Entwicklung ist bereits menschliches Verhalten, auch wenn es nicht mit dem der Anwender eines technischen Produkts identisch ist. Das Anwenderverhalten kann allenfalls technische Unzulänglichkeiten kompensieren, z.B.Energieverbrauch durch geringe Nutzung verringern etc.,aber keine ursächliche Lösung herbeiführen. Die gesellschaftliche Rolle sollte demnach nicht darin bestehen das Verhalten der beschränkten individuellen Problemlösungsmöglichkeiten zu optimieren, sondern entsprechende Institutionen und Forschungseinrichtungen zu fördern, um eine effektive Lösung des Primärproblems herbeizuführen. Social engineering kann das technical engineering nicht ersetzen - leider - in vielen Fällen führt es sogar zu einer Verschleppung der Problemlösung.

  • Gefügig

    VWL soll (!) gar nicht funtionieren.



    Es geht vor allem um die Rechtfertigung des bestehenden Systems. Dafür gibt es dann Geld. Und das nennt sich Wissenschaft, um sich gegen fundierte Kritik zu immunisieren. - Ein bekannter Vorgang, der sich ständig im Kreise dreht. So hat die VWL nicht die Massenarbeitslosigkeit beseitigen oder auch nur mildern können. Soll sie ja auch gar nicht: Massenarbeitslosigkeit dient dazu, die Leute zu disziplinieren und den herrschenden Schichten gefügig zu machen. die ihren immensen Reichtum noch vergrößern wollen. Was ihnen auch gelungen ist. Dazu dient der bekannte ideologische Überbau.

    • @Hartz:

      Hier eine Liste der Wissenschaftler, die die FAZ als Favoriten für den Wirtschaftsnobelpreis handelt: www.faz.net/aktuel...aten-16996512.html



      Das sind für Ihre Sichtweise auf die Wirtschaftswissenschaft natürlich nur alles Feigenblätter, lesen lohnt trotzdem. Oder vielleicht mal kurz die Arbeiten der vergangenen Nobelpreisträger anschauen, lohnt auch. Die wurden ja nicht umsonst ausgezeichnet.

      • @FancyBeard:

        Ich betone: "So hat die VWL nicht die Massenarbeitslosigkeit beseitigen oder auch nur mildern können. "



        Auch die Nobelpreisträger nicht!



        Was soll also eine "Wissenschaft", die offenbar nicht den Menschen dient?



        Es gibt aber auch unabhängige Wirtschaftswissenschaftler, denen zuzustimmen ist, z.B. Piketty. Habe ich u.a. gelesen.



        Es lohnt auch immer der Blick in die MEW (Marx-Engels-Werke, 44 Bde.). Ich bin übrigens kein Marxist.

  • die ökonomie ist keine wissenschaft sondern eine prokapitalistische herrschaftideologie

    • @satgurupseudologos:

      Auf welchen Ökonomen baut sich ihr Begriff des Kapitalsmus auf? 😂

  • Ich lese ja viel Unsinn in der taz. Aber dieser schlägt dem Faß den Boden aus. Ein ganzer Bereich der VWL beschäftigt sich mit Umweltökonomie, seit mind. 40 Jahren und bitte nehmen Sie auch Nordhaus zur Kenntnis, eine VWL-Ikone, die Vorschläge zur Umsetzung nachhaltigen Wirtschaftens und dabei 10 Mrd Menschen nicht nur zu ernähren , sondern sie in Wohlstand leben zu lassen sind schon längst auf dem Tisch. Das fachliche Niveau der Taz ist echt unterirdisch.

    • @Claudia :

      Hinzukommend ist die Wirtschaftwissenschaft, natürlich nur durch den enormen öffentlichem Druck, unter dem sie steht, eine der selbstkritischsten Sozialwissenschaften.

    • @Claudia :

      Davon merkt man in der Politikberatung aber nichts. Oder kommt man dann doch wieder auf den guten alten Markt, Wachstum und die Wunder der Technologie?

    • @Claudia :

      Sie haben Recht damit, dass die Ökonomik zum Thema begrenzter Ressourcen wertvollere Beiträge leistet als zu manch anderen ihrer Kernthemen. Und es stimmt auch, dass die Qualität des Journalismus im Hinblick auf VWL (wie auf die Wissenschaft insgesamt) ziemlich durchwachsen ist, dafür ist dieser Artikel in der Tat exemplarisch. Das ist allerdings in der taz nicht anders als in anderen Zeitungen; dass etwa in der faz und unter ihren Lesern neoklassische Orthodoxie eher akzeptiert und nachgeplappert wird, zeugt keineswegs von einer besseren fachlichen Durchdringung. Die paradigmatischen und methodischen Engführungen der Ökonomik sind schon seit Jahrzehnten prominentes Thema nicht nur etwa in der Wirtschaftssoziologie (die von Ökonomen immer noch gerne ignoriert wird), sondern inzwischen auch bei prominenten Ökonomen wie etwa Krugman oder Stiglitz (immerhin Nobelpreisträger in VWL).



      Wir müssen uns also sowohl beim Schreiben wie auch beim Kommentieren von journalistischen Artikeln als Wissenschaftler fragen: stört uns wirklich primär die mangelnde Wissenschaftlichkeit, oder ärgern wir uns eigentlich vor allem dann, wenn sie nicht unseren ideologischen Präferenzen entgegen kommt? Ich möchte Ihnen nichts unterstellen, aber fragen Sie sich selbst doch einmal, ob Sie ähnliche Kommentare auch - um beim obigen Beispiel zu bleiben - zu Artikeln etwa in der faz schreiben...

    • @Claudia :

      Man sollte die taz nicht für den Gastautor prügeln.

      Es ist wohl eher dessen Ausblenden von Ansätzen der Umwelt- u. Klima- ökonomie, Gemeinwohlökonomie, Net Economic Value, Postwachstumsökonomie etc., daß kritisiert werden muß

    • @Claudia :

      Ich kenne die Erkenntnisse der Umweltökonomie nicht. Wenn Sie nachhaltiges Handeln empfehlen würden, scheint sich diese Erkenntnis bei Mainstream-Wirtschaftlern nicht oder nur im Tempo von Kontinentalplatten zu verbreiten.

      Ich habe Markus Gürne jetzt in der "Börse vor Acht" schon zweimal sagen hören, dass Ökonomie die Ökologie finanziert. Da fahre ich fast aus der Haut.

      Ceterum censeo, weg mit "Börse vor Acht". Unterstützt "Klima vor Acht"!

    • 0G
      04105 (Profil gelöscht)
      @Claudia :

      Um auch mal eine hier dauernd gebrauchte Floskel zu verwenden:

      Anschließe mich!

      So gibt es bspw. seit mindestens 1996 an der Fernuni Hagen den Lehrstuhl für Umweltökonomie. Seit mindestens Mitte der 80-er Jahre gibt es entsprechende Forschungseinrichtungen.



      Wenn Roos das nicht weiß, ist er als Prof. disqualifiziert, wenn er es weiß und verschweigt, disqualifiziert es ihn ebenfalls.



      Vielleicht aber beinhaltet seine Forderung nach mehr Politischer Ökonomie auch das "Lügen wie ein Politiker"?

  • Zitat: "Die Bewältigung der ökologischen Krise ist also eine soziale Aufgabe, keine technische. Eine Volkswirtschaftslehre, die sich auf ihre philosophischen Wurzeln rückbesinnt, kann dazu viel beitragen."



    Wäre zu wünschen!



    Zitat: "Viele junge Menschen spüren bereits, ohne dass sie es in ökonomischen Vorlesungen gesagt bekämen, dass dauerhaftes materielles Wachstum und planetare Grenzen unvereinbar sind."



    Ich habe vertrauen in junge Menschen und wünsche ihnen den Mut, die alt "bekannten ökonomischen Vorlesungen" in Frage zu stellen.

  • Leider setzt die Einsicht in die Absurdität dieser Betätigung eine gewisse wissenschafts- und erkenntnistheoretische Bildung voraus. Zu viel für Karrieristen und "Macher". Fürs Glauben ist es genug, wenn die Propheten Krawatte tragen und gaaaanz viele Zahlen vor sich von murmeln. Wenn es zur Katastrophe kommt, können die sogar noch im Nachhinein vorrechnen, woran es lag!

  • VWL ist Voodoo. Ich erinnere mich an die irren Blicke, mit denen in den Hochzeiten der Finanzkrise wirklich jeder Depp von den magischen 90% Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP (noch so ein maximal unbrauchbarer Fetisch) gefaselt hat, ab denen alles in Trümmer geht: Eine durch niemanden vernünftig überprüfte Bullshit-"Dissertation" hatte die Runde durch das Reich der Gläubigen gemacht. Eine spätere Überprüfung der - zunächst überhaupt nicht veröffentlichten - Datenbasis ergab, dass nichts, wirklich gar nichts auch nur ansatzweise irgendwelchen Standards entsprach. Ich habe mit dem Prof gemailt, der den Mist aufgedeckt hat, und ihn gefragt, was mit veröffentlichten Aufsätzen in den Wirtschaftswissenschaften eigentlich passiert. Er schrieb völlig resigniert: Nichts. Es gibt keine systematischen Peer-Reviews. Wie auch, wenn einfach nur mit irgendwas rumgerechnet wird, ohne dass man schlüssige Bezüge zu einer über die Maßen komplexen Wirklichkeit nachweisen muss.

  • Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte im Juli 2020: „Mehr als 15 Jahre lang wurde versucht, den Klimaschutz weltweit in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller wichtigen Länder zu erreichen. Dabei haben wir viel Zeit verloren, ohne dass etwas Durchgreifendes geschehen ist.“ Dies kann man indirekt als Kritik an den ökonomischen Experten verstehen, die genau diese globale Lösung immer wieder gefordert haben.

    Nein, nein, dass ist nur der Versuch von unserem Herrn Altmaier sich seiner Verantwortung zu erledigen.



    Herr Altmaier hat 15 Jahre für viel zu viel Geld viel zu wenig für den Schutz unseres Klimas getan.



    Lasst uns gespannt sein, für wen Hr. Altmaier nach seinem Abtritt für viel Geld noch weniger wohl arbeiten wird, weil bereits heute die Interessen vertreten sind.

  • Machtfrage

    "Die Klimakrise braucht ökonomische Lösungen. Doch die Volkswirte ignorieren das Thema – das liegt auch am völlig einseitigen Studienfach VWL."



    Natürlich, das ist seit Jahrzehnten klar. ZB. "Die Grenzen des Wachstums" von 1973.



    Doch gerade VWL studieren überwiegend angepasste Leute, die dadurch viel Geld machen wollen. Da geht es gar nicht so sehr um Wissenschaft, da geht es um harte spätkapitalistische Ideologie. Also um eine Machtfrage. Die gilt es klar zu stellen! Alles andere ist Unfug. Und funktioniert daher nicht.

    • @Hartz:

      Zudem wird diese Pseudowissenschaft höher subventioniert als seriöse Wissenschaften.

      Nun gut, in Vietnam vielleicht nicht - und vielleicht sollte man das sich mal anschauen, statt weiter Unsummen zu verpulvern für etwas, das gute Chance hat, als massenmörderischster Aberglaube aller Zeiten in die Zivilisationsgeschichte einzugehen.

      • @Ajuga:

        "Zudem wird diese Pseudowissenschaft höher subventioniert als seriöse Wissenschaften,"

        Als Informatiker habe ich da neh Frage, Wirtschaftswissenschaften sind eine Sozialwissenschaft, die sind teilweise ein Sammelsurium von Thesen, die man nicht mit empirischer Evidenz beweisen kann, wo geht denn da die "Pseudowissenschaft" bei Ihnen los und was ist eine "seriöse" Wissenschaft?