Todesstrafe in Indien: Vergewaltiger gehängt

Vier Männer werden in Delhi wegen Vergewaltigung hingerichtet. Menschenrechtler fordert mehr Prävention gegen Gewalt.

Menschen stehen auf der Straße und jubeln.

Die Eltern des Opfers einer Gruppenvergewaltigung nach der Hinrichtung der Täter am 20. März Foto: Altaf Qadri/ap

MUMBAI taz | Die Frau des Angeklagten Thakur sitzt weinend auf dem Boden im Slum Ravi Dass Camp im Süden der indischen Hauptstadt Delhi. Neben ihr der kleine Sohn in Tränen, als sie am Donnerstag erfahren, dass das letzte Gnadengesuch abgelehnt wurde. Als Konsequenz heißt das für die Täter: Die Todesstrafe wird vollstreckt. Am Freitagmorgen 5.30 Uhr Ortszeit wurden vier Vergewaltiger von „Nirbhaya“, der „Furchtlosen“ im Tihar-Gefängnis hingerichtet. Der vermeintliche Anführer der Gruppe nahm sich mutmaßlich bereits vor Jahren das Leben.

Fünf Männer und ein Jugendlicher hatten im Dezember 2012 die 23-jährige Studentin in einem Bus in Delhi schwer misshandelt. Sie starb kurze Zeit später an den Folgen. Die brutale Gruppenvergewaltigung löste weltweit Empörung und Massenproteste aus.

Ihr folgten eine Gesetzesverschärfung bei sexuellen Übergriffen im Strafrecht und eine Debatte um Frauenrechte. Für Vergewaltiger, die Wiederholungstäter sind, kann seitdem in Indien die Todesstrafe ver hängt werden. Im September 2013 wurden die Angeklagten zum Tode verurteilt, dennoch zog sich der Prozess mehrere Jahre hin.

Für die meisten InderInnen war das zu lange. Bis zuletzt wurde der Termin für die Hinrichtung immer wieder verschoben. Die Frage nach der Gerechtigkeit für die Eltern der Verstorbenen wurde oft gestellt. Gerade von jungen Frauen wie einer Studentin aus Mumbai: „Diese Männer haben ihre Strafe verdient“, sagt die 22-Jährige. Die Mutter von Nirbhaya habe genug gelitten. „Unsere Gesellschaft legt wenig Wert auf die Sicherheit von Frauen.“

Träge Justiz

„Stalking wird in Bollywood-Filmen als Liebe gezeigt“, sagt sie. Durch die träge Justiz habe sich das Verfahren nur unnötig hingezogen. In einem Land wie Indien gäbe es vorerst keine bessere Alternative, so die junge Frau. Ihre Position teilen viele Frauen auf Twitter und erwiesen der Anwältin der Familie Respekt. Auch der indische Premier Modi meldete sich zu Wort: „Die Gerechtigkeit hat gesiegt“, schrieb er in einem Tweet.

„Dass die Todesstrafe in irgendeiner Weise abschreckend wirkt, ist nicht bewiesen“, sagt der Feminist und Menschenrechtler Harish Sadani. Er kritisiert, dass in Indien nicht genügend in die Präventionsarbeit investiert wird, sodass es zu weniger Gewalt gegen Frauen kommt. „Es fehlt die Anstrengung, die Ursache zu bekämpfen“, sagt er.

Niemand wolle Zeit und Mittel aufwenden, um mit Männern und Jungen daran zu arbeiten, sagt der Gründer der Organisation „Men Against Violence and Abuse“ (MAVA). Vor Gericht setzte sich die Anwältin Vrinda Grover für eine Begnadigung ein. Sie betonte, dass Gefühle nicht die Rechtsprechung im Land bestimmen dürften. Auch Amnesty Indien kritisierte die Hinrichtung.

Problematisch bleibt, dass zunächst Politiker, religiöse Führer und einer der Täter der Studentin selbst die Schuld an deren Tod gaben, da sie als Frau spät nachts unterwegs war. Die Mutter der Verstobenen, Asha Devi, forderte auch deshalb „Gerechtigkeit“.

Devi hat einen langen Kampf gewonnen und bedankte sich am Freitag bei den Behörden: „Dieser Tag ist den Töchtern des Landes gewidmet“, sagte sie. In Indien werden Hinrichtungen nur noch selten vollstreckt. Zuletzt 2015.

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