Reaktion auf Corona-Falschmeldungen: Pistorius will Fake News verbieten

Niedersachsens Innenminister will das Strafrecht verschärfen, um Panik zu verhindern. Das unterstützt die Bundesjustizministerin allerdings nicht.

Eine Person läuft in einem Supermarkt vor einem leeren Regal.

Bald nicht mehr nötig, da Panikmache verboten? Leere Regale in einem Supermarkt in Berlin Foto: hristoph Soeder/dpa

FREIBURG taz | Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) fordert Sanktionen gegen die Verbreitung von Fake News im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie. Die Bundesregierung solle aktiv werden, drängte Pistorius jetzt auf spiegel.de.

Falschinformationen könnten zu Panik führen oder lebensgefährliches Verhalten fördern, so Pistorius. „Es muss verboten werden, öffentlich unwahre Behauptungen über die Versorgungslage der Bevölkerung, die medizinische Versorgung oder Ursache, Ansteckungswege, Diagnose und Therapie von Covid-19 zu verbreiten.“

Die Regierung solle prüfen, ob Verbote jetzt schon auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden können, so Pistorius. Falls nicht, solle „schnellstmöglich“ das Strafgesetzbuch oder das Ordnungswidrigkeitengesetz geändert werden.

Bisher sind Lügen und Falschinformation in Deutschland nur ausnahmsweise verboten. So ist es als Verleumdung strafbar, wenn jemand ehrenrührige Unwahrheiten über andere Personen verbreitet. Und wenn jemand mit Lügen zum Hass gegen gesellschaftliche Gruppen, zum Beispiel Flüchtlinge, anstachelt, kann das als Volksverhetzung verfolgt werden.

Erwiesen falsche Aussagen gibt es wenige

Wer einen anderen mit Lügen täuscht, um dadurch einen Vermögensvorteil zu erlangen, begeht einen Betrug. Auch Lügen über vermeintliche Notlagen werden strafrechtlich sanktioniert. So ist der Missbrauch von Notrufen ebenso strafbar wie das Vortäuschen von Straftaten.

Bloße Fake-News sind in Deutschland dagegen nicht verboten. Und es wäre auch schwer, mit Blick auf die Epidemie entsprechende Verbote wirksam zu formulieren. Denn nicht viele Informationen sind so eindeutig, wie etwa die Zahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt bekannten Corona-Toten.

Vieles ist noch nicht ausreichend erforscht, etwa wo das Virus herkommt und wie es auf bestimmte Medikamente reagiert. Erwiesen falsche Aussagen gibt es deshalb wenige. Bereits Aussagen über die Zukunft, etwa über mögliche Laden-Schließungen oder Rationierungen von Lebensmitteln, sind schon keine Tatsachenbehauptungen, sondern eher Prognosen.

In Österreich gab es bis 2016 eine Strafvorschrift gegen Fake News. Wer absichtlich ein nachweislich falsches Gerücht verbreitet, das geeignet ist, die Öffentlichkeit zu beunruhigen und die öffentliche Ordnung zu gefähren, musste mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten rechnen. Die Strafnorm wurde 2016 aber wieder abgeschafft, weil es in 20 Jahren keine einzige Verurteilung gab.

Auch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD), die für Strafrecht und Ordnungswidrigkeiten zuständig ist, unterstützte den Vorstoß ihres Parteifreunds Pistorius nicht. Sie hält es für sinnvoller, wenn Netzwerkbetreiber wie Facebook und Youtube aktiv werden. „Sie müssen vertrauenswürdige und relevante Informationen klar priorisieren, Fake News schnell erkennen und löschen und Accounts blockieren, die diese verbreiten“, sagte die Ministerin.

Gesetzlich verpflichtet sind die Netzwerke dazu freilich nicht. Die Löschpflicht aus dem 2017 eingeführten Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) betrifft nur strafbare Aussagen, zum Beispiel Verleumdungen oder Volksverhetzungen. Wenn die Netzwerke bloße Falschinformationen löschen, machen sie dies freiwillig.

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