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Corona und SchulschließungenSchulen bald überall zu?

Die KultusministerInnen der Länder können sich flächendeckende Schulschließungen vorstellen. Schon jetzt empfehlen sie, Ausflüge abzusagen.

Leerer Unterrichtsraum in einer Berliner Schule Foto: Thomas Köhler/Photothek/imago images

Berlin taz | So schnell kann sich die Lage ändern. Noch am Donnerstagmorgen, als sich die KultusministerInnen der Länder in Berlin zur turnusmäßigen Konferenz trafen, gingen sie davon aus, dass flächendeckende Schulschließungen nicht angezeigt seien. Ähnlich äußerte sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, CDU, am Mittag. Doch am späten Nachmittag, als die Präsidentin der KultusministerInnenkonferenz (KMK), Stefanie Hubig, SPD, in einer Beratungspause vor die Presse trat, war ihr die Anspannung deutlich anzumerken: „Wir schließen flächendeckende Schulschließungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr aus“, so die rheinland-pfälzische Kultusministerin.

Zu diesem Zeitpunkt gingen die MinisterInnen noch von zwei Szenarien aus. Szenario eins, der Schulbetrieb läuft auch während der Epidemie weiter, die Gesundheitsämter prüfen und schließen gegebenenfalls einzelne Schulen. Auch für diesen Fall geben die MinisterInnen allerdings die Empfehlung aus, in den nächsten zwei bis drei Monaten alle Klassenfahrten ins Ausland abzusagen sowie auf Ausflüge und Sportveranstaltungen zu verzichten

Beim zweiten Szenario werden alle Schulen in einer Region oder in einem Bundesland flächendeckend geschlossen. Das beträfe dann auch Kindertageseinrichtungen, so die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann, CDU. Aus Kreisen der MinisterInnen hieß es, dass Niedersachsen wohl schon am Abend einen entsprechenden Beschluss fassen werde, Bayern am nächsten Tag. Und in der nächsten Woche werde alles ins Rutschen kommen.

Andere Länder haben die SchülerInnen in den vergangenen Tagen bereits in die Zwangsferien geschickt, etwa Österreich, Polen und Dänemark.

Ziel: Keine Benachteiligung aus Unterrichtsausfall

Leicht werden sich die KultusministerInnen die Entscheidung nicht machen. Man stehe noch am Anfang der Beratungen, so der Hamurger Bildungssenator Ties Rabe, SPD. Er verwies darauf, dass ein Viertel aller Beschäftigten in Deutschland kleine Kinder habe. Unter den SchülerInnen seien 11 Millionen Kinder unter 14 Jahren. Um wenigstens eine Notbetreuung für einen Teil dieser SchülerInnen zu sichern, müssten 10 bis 20 Prozent der Schulen offen gehalten werden.

Dass alle Abiturprüfungen wie geplant stattfinden können, ist in jedem Fall mehr als zweifelhaft. KMK-Präsidentin Hubig sagte im Namen ihrer KollegInnen zu, dass sich für die SchülerInnen daraus keine Benachteiligungen ergeben sollen. „Wir sagen zu, dass alle Prüfungen grundsätzlich stattfinden“, so Hubig. Für den Fall, dass die Prüfungen verschoben werden, sollen auch die Fristen für die Hochschulzulassungen angepasst werden. Ziel sei es, bundesweit einheitliche Regelungen zu finden.

Die Entscheidung, ob Schulen und Kitas flächendeckend schließen, wird dann wahrscheinlich auch in Abstimmung mit den Staatskanzleien getroffen. Während die KultusministerInnen tagten, ließen sich die MinisterpräsidentInnen von den GesundheitsexpertInnen des Robert-Koch-Instituts briefen. Die Lage sei sehr dynamisch, so KMK-Präsidentin Hubig.

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25 Kommentare

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  • Totales Versagen hier seit Wochen...



    wo war konstruktive Hilfe für Schulen...Dass es keine Schulschliessung gibt, halte ich bei d e n hygienischen Bedingungen in Berlin für fatal -



    auch dass es keinerlei ‚System‘ da gibt - weder SenSchul - noch Schulräte und wohl kaum Schulleitungen haben ‚A****in der Hose‘-



    Sofort hätten Unterrichtseinheiten rausgehauen werden müssen - altersgerechte Aufarbeitung -Plakate erstellen mit Infos für Schule & ZU HAUSE - es gab ja nicht einmal einen Eternbrief..(?.oder in Einzelinitiative mancher Schulen...?) nicht in allen Milieus kann man auf die MEDIEN rechnen..

    Sofort hätte ein Plan für die anstehenden Prüfungen geschaffen werden müssen... Corona hatte sich längst angekündigt...







    BILDUNGSAUFTRAG ??? gesellschaftliche Verantwortung-



    VERPENNT!!!

    Früher hatte jede Schule eine eigen Putzkolonne vor Ort -längst abschafft -



    Treppengeländer...Türklinken..Tische.



    Fluktuation im Stundenturnus...



    alles völlig ohne Konzept laufen lassen...



    Verheerend & verantwortungslos..

    Toilettenproblematik ist anscheinend unlösbar -



    Da hätte man zB sofort anordnen können, dass jeder einen Beutel haben muss mit persönlicher Minimalausstattung-



    Handtuch/Seife/Klopapier

    ( die Realität zeigt: Seifenspender werden runter gerissen - Handttuchrollen zerstört - Klopapier vernichtet - )



    Wären meine ‚Kinder’ noch schulpflichtig, sie gingen jetzt über keine Schulschwelle...

    • @HertaGrete:

      Da hätte man zB sofort anordnen können, dass jeder einen Beutel haben muss mit persönlicher Minimalausstattung-

      Handtuch/Seife/Klopapier

      Absolut richtig, HERTAGRETE!

      Wenn Sie erlauben würde ich die Liste gerne noch ergänzen. Ich empfehle ein Roggenvollkornbrot (in der Dose), ein Schweizer Messer und einen Erste-Hilfe-Kasten. Wer noch Platz im Beutel hat sollte einen Kompass und die YPS-Ausgabe 1254 dazulegen.

      Bleiben Sie wachsam und vor allem gesund!

  • Noch machen wir uns Gedanken über nachzuholende Schulstunden oder Prüfungen. Spätestens in ein paar Wochen werden wir dringend angewiesen sein, auf die so frei werdenden und gegen den Virus relativ unempfindlichen Arbeitskräfte, die eingesetzt werden können, um entweder die Jüngsten, die Kranken und Alten zu versorgen oder andere soziale Aufgaben zu übernehmen.

    • @boidsen:

      Sie halten das für maßlos übertrieben? Dann sollten Sie sich beeilen, das zu sagen, sonst werden Sie, falls die Epidemologen sich nicht grundlegend irren sollten, von der Realität eingeholt werden. Die nächste und noch größere Aufgabe steht nämlich schon vor der Tür: Die Sicherstellung der Nahrungsmittelproduktion und -verteilung unter den Bedingungen einer zusammenbrechenden Weltwirtschaft...



      Sie halten den Einsatz von Jugendlichen zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Grundfunktionen für einen Zivilisationsbruch? Das wäre wohl viel mehr das Aufgeben der Alten und Kranken und der Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung...

  • Gruselig die Entscheidungslosigkeit, die von der BR ausgeht. Ältere und Kranke, also die Risikogruppen, werden den Preis dafür bezahlen.

    • @Rolf B.:

      Wie bitte? Deutschland hat die Gefahr früher erkannt, als die meisten anderen Länder und hat bislang sehr angemessen reagiert. Das ist auch ein Ergebnis unseres Föderalismus, der Entscheidungsträgern vor Ort viel weitreichendere Kompetenzen gibt, als anderswo.

      • @boidsen:

        Trotz all der damit verbundenen Probleme hielt ich z.B.die Schließung von Schulen und Uni etc. für absolut geboten. das ist ein Beispiel für Entscheidungslosigkeit.

        • @Rolf B.:

          Immer mit der Ruhe! Kommt doch jetzt...

          • @boidsen:

            Man sollte in weiser Voraussicht entscheiden und nicht erst dann, wenn man von den Ereignissen getrieben wird.

            • @Rolf B.:

              Weshalb lasten Sie das der BR an?

              In erster Linie sind die Länder hier die Entscheidungsträger.

            • @Rolf B.:

              Hut ab und Danke! Es wird gemunkelt dass Ihre Empörung in Berlin wahrgenommen wurde. Dem Herrn sei es gedankt!

  • Die Entscheidungen scheinen gefallen, das Abwägen nur eine emotionale Vorbereitung für die Bürger. Keiner will sich ein Versäumnis nachsagen lassen, also Rasenmäher raus. Eine unheilige Allianz von Politik und Medien gegenüber dem, der an der Wahlurne ggf. "faslche" Entscheidungen nicht gutiert.



    In einer Situation, in der das Risikoprofil jetzt klar scheint....Alte und Vorbelastete sind gefährdet. Und genau diese nicht in den Schutz-Fokus zu nehmen sondern Kindergärten und Schulen zu schließen und zu hoffen, dass dann diese Risikogruppe eben auch geschützt ist zeigt die Bequemlichkeit und Ideenlosigkeit von Politik und Verwaltung. Schutzbedürftige schützen, nicht Stillstand für alle wäre mal einen Gedanken wert.

    • @Tom Farmer:

      Closing schools is not about protecting pupils, it is about prolonging the spreading of the disease:

      1. The Effect of Reactive School Closure on Community Influenza-Like Illness Counts in the State of Michigan During the 2009 H1N1 Pandemic - Brian M. Davis, Howard Markel, Alex Navarro, Eden Wells, Arnold S. Monto, Allison E. Aiello - Clinical Infectious Diseases, Volume 60, Issue 12, 15 June 2015, Pages e90–e97



      In the discussion you will find that quote:



      "Brief reports, modeling, historical epidemiological analyses, and observational studies of seasonal and pandemic influenza events support our findings. A growing number influenza outbreak studies suggest that, although proactive school closures may help slow the course of a pandemic [8–10], reactive or short-term closure show little to no effect [11, 12] on ILI, or reduce illness only in school-aged populations [13, 14]."

      We should look at this article, even mentioned by Prof Drosten:



      Nonpharmaceutical Interventions Implemented by US Cities During the 1918-1919 Influenza Pandemic of



      Howard Markel, MD, PhD; Harvey B. Lipman, PhD; J. Alexander Navarro, PhD; et al in JAMA. 2007;298(6):644-654, which offers some info that may last longer:



      - Late interventions, regardless of their duration or permutation of use, almost always were associated with worse outcomes. However, timing alone was not consistently associated with success.



      - The 1918 experience suggests that sustained nonpharmaceutical interventions are beneficial and need to be “on” throughout the particular peak of a local experience.

      So at the moment helping the elderly means helping them one after another instead of waiting for triage of them all at the same time. There simply is not enough staff to save them all. Yeah well and ventilator machines cannot be shared, still.

      • @Pegidi:

        Naja, mit Auszügen aus wiss. Texten über eine 100 Jahre zurückliegende Pandemie heutige Diskussionen führen und praktische Politik ableiten?



        Haben wir heute keine anderen Kenntisse von Infektionsverläufen, medizinische Unterstützung imFall der Fälle, Informationsmöglichkeiten der Bevölkerung und Methoden inkl. organisatorischer Maßnahmen die (international) abgestimmt werden könnten? Ist INfluenza mit Corona vergleichbar? Wurde bei Influenza die gleiche Risikoverteilung jung/alt festgestellt wie bei Corona? usw. usf.



        Ich will mich mal outen: Auch ich habe mal, allerdings unter dem Aspekt Arbeitsschutz, in der BakteriolgieVirologie promoviert. Da steht der Quellenbekämpfung und der Individualschutz im Vordergrund. Ansätze, die ich bei der derzeitigen Diskussion schon sehr vermisse. Also komplett sogar.

    • @Tom Farmer:

      Wie würde denn Ihre Beschlussvorlage aussehen, wenn nach Ihrer Einschätzung alles so klar ist? Im Gunde gibt es gegenwärtig doch nur zwei schlechte Varianten: wenn die Kitas und Schulen offen bleiben, besteht die Gefahr, das angesichts der nicht mehr ermittelbaren Infektionsketten das Virus noch schneller in den Haushalten ankommt.



      Wenn die Schließungen kommen, besteht die Gefahr, dass die lieben Omis und Opis als Kinderbetreuung eingespannt werden, weil die Eltern arbeiten müssen und sollen. Schließlich sollen weiterhin Kranke versorgt, der Einzelhandel aufrecht erhalten, für die Sicherheit gesorgt werden usw.



      Wie sagte kürzlich Boris Pistorius: bei unklarer Faktenlage spielt schon auch der Gedanke an den Wähler bei der Entscheidungsfindung eine Rolle. Und an den Staatsanwalt...



      Der würde Sie auseinander pflücken, wenn Sie eine einseitige Abwägung getroffen und z.B. den Aspekt der Versorgungssicherheit unzureichend berücksichtigt haben.

    • @Tom Farmer:

      Und wie bitte sollen die Risikogruppen dann geschützt werden? Alle chronisch Kranken und Alten in Lager sperren oder was? Nein - es ist nur logisch, die Orte zu schließen, wo das Ausbreitungsrisiko am höchsten ist und das sind nunmal die Orte, wo viele Menschen zusammenkommen, die zumindest teilweise nicht in der Lage sind, sich an Hygiene- und Verhaltensregeln zu halten und die den Virus in sich tragen können, ohne selbst zu erkranken.

      • @boidsen:

        Äh, zu Hause?



        Ihren zweiten Satz verstehe ich leider nicht.

        • @Tom Farmer:

          Meine Antwort bezog sich darauf, dass in dem von mir beantworteten Beitrag, die Frage gestellt wurde, was Kita- und Schulschließungen bzgl. des Schutzes der Risikogruppen bringen würden.

  • RS
    Ria Sauter

    Es werden im Saarland auch immer mehr Schulen geschlossen.



    Es wäre wichtig, dazu Infos aus arbeitsrechtlicher Sicht zu erhalten.



    Gilt dies als Urlaub? Wie schaut die Lohnfortzahlung aus? Etc.

    • @Ria Sauter:

      Sie meinen für die Lehrerschaft?

    • @Ria Sauter:

      Das hier sollte helfen:



      www.bmas.de/DE/Pre...-auswirkungen.html

      • @Devil's Advocate:

        Das hilft nur sehr bedingt. Und zwar ganz einfach darum, weil es keine Regelungen für diesen Fall gibt. Auch wenn es anscheinend immer noch nicht alle begriffen haben, die Menschheit steht vor noch nie dagewesenen Herausforderung, gegen die alle bisherigen Krisen, einschließlich der mittelalterlichen Pestepedemien und des 2. Weltkriegs lediglich kleine Vorübungen waren!

        • @boidsen:

          "Die Menschheit" - Sie meinen, weil Sie jetzt auch betroffen sind?

          Die Einschränkungen sind tatsächlich enorm und die Pandemie wird wohl tatsächlich die gesamte Welt erfassen. Dabei dürften in Lateinamerika und vor allem in Afrika weit größere Schrecken drohen als in Mitteleuropa.



          Gegen die Pest, den 2. WK und auch gegen die Gefährlichkeit von Ebola ist das jedoch eher eine kleine Angelegenheit.



          Und wenn Sie dann noch daran denken, wieviel "unbewohntes Siedlungsgebiet" die Influenza in Amerika hinterlassen hat...

          Kurz: Sie haben jetzt Schiss, und das ist auch in Ordnung. Aber "die Menschheit" hatte schon schwerere Prüfungen und schon viel mehr gelitten.

        • @boidsen:

          Pardon, aber an dieser Stelle muss ich ein Zitat anbringen:



          ""Das war die schwierigste Dschungelprüfung von allen, auch von allen, die noch kommen."



          (Sarah K., damals Australien)

        • @boidsen:

          Geht's auch ein bisschen kleiner?

          Bei den Pestepidemien sind teils 33% aller Menschen gestorben. Das glaube wird hier wohl eher nicht passieren.