Vertrag zwischen USA und Taliban: Ein Schritt in Richtung Frieden

Die USA reduzieren Truppen, die Taliban wollen sich von Islamisten distanzieren: Das Doha-Abkommen ist ein Hoffnungsschimmer nach 40 Jahren Krieg.

Ein Mann im Anzug und ein Mann mit Kopfbedeckung reichen sich die Hände

Handschlag: Zalmay Khalilzad (USA) und Mullah Abdul Ghani Baradar (Taliban) am Samstag in Doha Foto: Hussein Sayed/ap

KABUL taz | Die USA und die afghanischen Taliban haben am Samstag ein historisches Abkommen unterzeichnet, das den Weg für einen dauerhaften Frieden in Afghanistan und für den US-Truppenabzug aus dem Land ebnen soll. Die Vereinbarung wurde in der katarischen Hauptstadt Doha unterzeichnet. Dort hatten Vertreter der USA und der Taliban seit Oktober 2018 verhandelt.

Das Abkommen soll auch innerafghanische Friedensgespräche möglich machen, um den jahrelangen Krieg in dem Land zu beenden. Der Text sieht vor, dass die USA über die kommenden Monate ihre Truppenstärke in Afghanistan zunächst von rund 13.000 auf 8.600 reduzieren. Die Taliban garantieren im Gegenzug, jede Kooperation mit islamistischen Terrorgruppen wie dem Islamischen Staat oder al-Quaida zu beenden.

In Anwesenheit von US-Außenminister Mike Pompeo und zahlreichen Amtskollegen und anderen hochrangigen Diplomaten aus etwa 30 Ländern signierte auf US-Seite Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und für die Aufständischen ihr politischer Chef Abdul Ghani Baradar. Beide reichten sich nach der Unterzeichnung die Hände.

In einer gesonderten, gemeinsamen Erklärung der USA und der afghanischen Regierung in Kabul hieß es, der erste US-Truppenabzug bis auf eine Stärke von 8.600 Soldaten solle binnen 135 Tagen erfolgen. Die USA kündigten demnach auch an, im Anschluss all ihre Truppen und die ihrer Verbündeten binnen 14 Monaten aus Afghanistan abzuziehen, sollten sich die Taliban an das Abkommen von Doha halten.

Finanzierung afghanischer Streitkräfte zugesagt

Zur gleichen Zeit gaben in Kabul Afghanistans Präsident Aschraf Ghani und US-Verteidigungsminister Mark Esper, in Anwesenheit von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, gegenseitige Beistandserklärungen ab. Insbesondere verpflichten sich die USA, weiterhin zur Finanzierung der afghanischen Streitkräfte beizutragen.

Die Regierung in Kabul wird beim US-Sicherheitsrat offiziell beantragen, die Sanktionen gegen Talibanführer aufzuheben, um die Friedensgespräche zwischen Kabul und den Taliban in Gang zu bringen. Die sollen noch im März beginnen. Offenbar aber haben sich die afghanischen Seiten noch nicht endgültig geeinigt, wo das stattfinden soll.

Das Doha-Abkommen und diese Erklärungen sind nächste diplomatische Schritte, den seit über 40 Jahren tobenden Krieg in Afghanistan zu beenden.

Mit der Frage der etwa 5.000 Taliban-Gefangenen in afghanischer Haft hat sich allerdings eine Hürde aufgetan, die den Beginn dieser Gespräche verzögern könnte. Laut diplomatischer Quellen in Kabul hat Khalilzad den Taliban eine schnelle Freilassung versprochen, im Austausch gegen etwa 1.000 afghanische Polizisten und Soldaten, die die Taliban festhalten. Das war offensichtlich nicht mit Ghani abgesprochen. Der hat das ausgeschlossen, denn er würde damit zu früh eine wichtige Karte im bevorstehenden Verhandlungspoker aus der Hand geben.

Hoffnung und Skepsis im Land

In Afghanistan halten sich unterdessen Hoffnung und Skepsis die Waage. Nach einer siebentägigen Waffenruhe, in der die Zahl der Zwischenfälle um 80 Prozent sank und deutlich weniger Kriegsopfer zu beklagen waren als sonst, hoffen die Menschen, dass die Kämpfe nicht wieder aufflammen. Die Taliban haben ihre Kämpfer angewiesen, am Samstag weiter keine Angriffe auszuführen. Sowohl aus US- als auch Taliban-Kreisen gibt es Anzeichen, dass die Waffenruhe auch weiter Bestand haben soll.

Eine Journalistin aus der Kleinstadt Moqor südlich von Kabul sagte der taz: „Ich habe nicht geglaubt, dass es überhaupt dazu kommen würde. Aber es scheint, beide Seiten haben ein gutes Maß an Kontrolle über ihre Kämpfer.“

Mullah Sediq, den die taz per Telefon in einem Taliban-kontrollierten Gebiet in der Nordprovinz Tachar erreichte, meinte: „Ich habe jetzt die Hoffnung, dass dies in eine wirkliche Waffenruhe mündet. Meine Botschaft ist: All die Brutalitäten des Krieges müssen jetzt aufhören.“ Suma, eine Studentin aus der Ostprovinz Nangrahar, gab zu Bedenken: „Natürlich hoffen wir auf einen dauerhaften Frieden, aber wir wissen nicht, wie sehr sich die Taliban diesem Ziel verpflichtet fühlen.“

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