Fridays for Future: Neubauer lehnt Siemens-Posten ab

Siemens-Chef Joe Kaeser bietet Klimaaktivistin Luisa Neubauer eine Rolle in seinem Unternehmen an. Die macht aber einen anderen Vorschlag – und Druck.

Luisa Neubauer, Fridays-for-Future-Aktivistin, beantwortet nach einem Gespräch mit Siemens-Chef Kaeser nahe der Berliner Firmenzentrale Fragen von Journalisten.

Will nicht bei Siemens arbeiten: Klimaaktivistin Luisa Neubauer Foto: Soeren Stache/dpa

BERLIN dpa | Klimaaktivistin Luisa Neubauer will nicht im Aufsichtsgremium des künftigen Unternehmens Siemens Energy arbeiten. Den Job hatte ihr der Siemens-Chef Joe Kaeser öffentlichkeitswirksam angeboten. Dafür machte Neubauer, die das bekannteste deutsche Gesicht von Fridays for Future ist, dem Großunternehmen aber einen anderen Vorschlag.

„Ich werde das Angebot persönlich nicht annehmen können, habe aber Siemens darum gebeten, das Angebot an einen Vertreter oder Vertreterin der Scientists For Future weiterzugeben“, sagte Neubauer der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn der Firma ernsthaft an Klimaschutz und Fridays For Future gelegen ist, wird sie meine Entscheidung respektieren.“ Bei Scientists for Future sind Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen organisiert, die die Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future unterstützen.

Sie kenne das Aktienrecht, erklärte Neubauer ihre Entscheidung. „Mit dem Posten wäre ich den Interessen des Unternehmens verpflichtet und könnte Siemens dann nicht mehr unabhängig kommentieren. Das ist nicht mit meiner Rolle als Klimaaktivistin zu vereinbaren.“ Sie sei dem Paris Klimaabkommen und dem 1,5-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung verpflichtet. „Am Beispiel Joe Kaeser sieht man diese Tage, dass diese unabhängige Rolle dringend gebraucht wird.“ So äußerte sie sich auch in der „Bild am Sonntag“.

Siemens will bis Montag über die Lieferung einer Zugsignalanlage für das umstrittenes Kohlebergwerk Carmichael in Australien entscheiden. Die Adani Group mit Hauptsitz in Indien will in Australien eines der größten Kohlebergwerke der Welt aufbauen, das aus fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr fördern soll. Das Projekt wird von Umweltschützern seit Jahren bekämpft. Neben dem Klimaschutz geht es dabei auch um den Verbrauch von Wasser, die Zerstörung von Lebensraum und den Transport der Kohle über das Great Barrier Reef, das größte Korallenriff der Welt.

Revidiert Siemens die Mienen-Entscheidung?

Kaeser hatte Neubauer am Freitag bei einem Gespräch über das umstrittene Projekt einen Sitz in einem Aufsichtsgremium des künftigen Unternehmens angeboten. Ob es der Aufsichtsrat oder ein anderes Gremium sei, könne Neubauer selbst entscheiden, sagte er. Siemens will sein Energiegeschäft im Frühjahr als Siemens Energy abspalten und voraussichtlich im September an die Börse bringen.

„Ich kann bestätigen, dass Joe Kaeser über die desaströsen Konsequenzen der Kohleförderung durch die Adani Mine Bescheid weiß“, sagte die 23-Jährige. Er wisse, dass die Emissionen durch die Kohle aus der Mine im schlimmsten Fall das Ziel gefährdeten, die Klimaerhitzung auf zwei Grad zu begrenzen, und die direkten Auswirkungen der Adani Mine für die Umwelt zerstörerisch seien.

„Er hat im Gespräch zugegeben, dass es ein Fehler war, den Vertrag mit Adani zu unterschreiben“, sagte Neubauer. „Ein CEO wie Kaeser macht dann nicht den zweiten Fehler und hält an einem so katastrophalen Handel fest – sondern revidiert den Fehler.“

Kaeser hatte am Freitag gesagt, die Entscheidung sei nicht einfach. Es gebe unterschiedliche Interessenlagen – von Aktionären, Kunden und auch der Gesellschaft. Er zeigte sich dem eigenen Unternehmen gegenüber auch kritisch: „Wir sehen, dass wir auch indirekte Beteiligungen bei kritischen Projekten besser verstehen und frühzeitig erkennen müssen.“ Besondere Brisanz hatte das Thema zuletzt auch durch die riesigen Buschbrände in Australien bekommen.

„Das schlimmste Kohleminenprojekt der westlichen Welt“

Siemens habe für das Adani-Projekt eine Schlüsselrolle, sagte Neubauer. Zwei Firmen, die für den Auftrag auch in Frage kämen, hätten schon abgesagt. „Unabhängig davon liegt es an Siemens zu beweisen, dass sie ihr Klimaschutzengagement ernst meinen“, betonte sie. Es gehe nicht zusammen, sich als Klimaschutzkonzern zu verstehen und zum Pariser Klimaabkommen zu stehen, aber gleichzeitig bei einem Minenprojekt mitzuwirken, dass die Klimaziele gefährde. Der „Bild am Sonntag“ sagte sie: „Diese Mine ist das schlimmste Kohleminenprojekt der westlichen Welt.“

Siemens und Kaeser wüssten, dass es juristische Möglichkeiten gebe, den Vertrag mit Adani zu beenden. „Wenn alle bestehenden Verträge im Bereich der Fossilen Energien eingehalten werden, gibt es keine Chance das Paris-Abkommen noch einzuhalten – sagt der Production Gap Report“, sagte Neubauer der dpa.

Die Studie der internationalen Denkfabrik International Institute for Sustainable Development (IISD) prüft, inwiefern die Pläne der Staaten für fossile Energien mit dem Ziel des Pariser Abkommens vereinbar sind, die Erderwärmung auf 2 oder wenn möglich 1,5 Grad zu begrenzen, um katastrophale Folgen einzudämmen.

„Siemens ist gerade gefragt zu beweisen, dass sie es mit dem Klimaschutz ernst meinen“, sagte Neubauer. „Kein Kohleminenprojekt in der westlichen Welt gefährdet das Parisabkommen diese Tage so sehr wie das Adani-Vorhaben.“ Jeder einzelne Konzern, der sich daran beteiligt, sei einer, der dies erst ermögliche.

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